Medikamente im Meer belasten Fische

Eine Studie aus dem Februar zeigt eine erhöhte Belastung durch Medikamente bei Grätenfischen – ein Problem, das das gesamte Meer betrifft.

Wenn Medikamente ins Meer gelangen, hat das weitreichende Folgen für die Umwelt. Foto: Unsplash / Myriam Zilles

Bild: Unsplash / Myrian Zilles

Wenn Medikamente ins Meer gelangen, hat das weitreichende Folgen für die Umwelt.

Der Grätenfisch ist ein beliebter Fang an der Südküste Floridas. Aber zum Bedauern vieler Angler macht sich das „Graue Gespenst“ in den letzten Jahren immer rarer. Wissenschaftler der Florida International University (FIU) sind dem Verschwinden nachgegangen und konnten einen klaren Schuldigen ausmachen: Medikamente im Meer. Um genau zu sein, Überreste von menschlichen Medikamenten, die immer noch im Meerwasser gelöst sind.

Dem Grätenfisch geht es an den Kragen

Grätenfische (engl.: Bonefish) sind bekannt für ihr silbernes Schuppenkleid und hohe Schwimmgeschwindigkeit von über 60 km/h. Der Fisch ist in den USA unter den Catch-and-Release-Gesetzen geschützt und wird von Anglern auf der ganzen Welt geschätzt. Heimisch ist er in Floridas weiten Seegrasfeldern.

Allerdings scheint es dem Grätenfisch in seinem Heimatgewässer nicht mehr gut zu gehen. Eine Studie aus 2019 hat innerhalb der letzten 40 Jahre einen geschätzten Rückgang der Population von mehr als 50 Prozent festgestellt. Die Gründe für diesen Einbruch waren zu dem Zeitpunkt nicht klar.

Kritische Dosen an Medikamenten im Meer

In einer dreijährigen Studie hat die Fischökologin Dr. Jennifer Rehage und ihr Team den Grätenfisch untersucht. 93 Exemplare haben die Wissenschaftler gefangen und auf pharmazeutische Medikamente getestet. Jedes Tier wurde für mindestens ein getestetes Medikament positiv getestet. Das schließt Medikamente für Herzprobleme, Schmerzmittel, Antidepressiva als auch Antipilz-Medikation ein.

Mehr als die Hälfte, rund 56 Prozent, der getesteten Fische zeigten Dosen der Medikamente in ihrem System, von denen die Wissenschaftler erwarten, dass sie „negative Effekte“ nach sich ziehen. Ein Grätenfisch aus Key West soll sogar für 17 verschiedene Medikamente positiv getestet worden sein. Aber nicht nur das: Acht der Medikamente waren Antidepressiva in einer Dosis 300-mal stärker als sie bei Therapien für Menschen eingesetzt werden. Dass Grätenfischen pharamazeutischen Produkten ausgesetzt werden, bezeichnet die Studie abschließend als „weit verbreitet und besorgniserregend“.

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Gesamte Nahrungskette betroffen

Die Studie, die im Februar dieses Jahres erschienen ist (wir berichteten), befasste sich allerdings nicht nur mit dem Grätenfisch. Die Forscher haben sich ebenso 125 Beutetiere des Grätenfisches angeschaut, wie zum Beispiel Garnelen, Krebse oder kleine Fische. Jedes der gesammelten Tiere wies durchschnittlich elf pharmazeutische Schadstoffe auf, weshalb Dr. Rehage von einer Verschmutzung im Meerwasser ausgeht. „Das Potenzial, das Medikamente ein Problem (für die Fische im Meer) sind, ist enorm und besorgniserregend“, sagt sie.

Zu wenig Forschung zur Wirkung von Medikamenten im Ozean

Im Vergleich zur Forschung über die Auswirkung von Medikamenten in Frischwassergewässern gibt es kaum Forschung zur Beeinflussung der Meere, meint Dr. Rehage weiterhin. „Dies ist eine der ersten Studien, die den Lebensraum der Meeresküste in weiten Gebieten betrachtet, um zu zeigen, dass Medikamente überall sind“, so die Ökologin.

Die Konsequenzen für die Tiere wird ebenso noch weiter erforscht. Allerdings deuten Studien über die Effekte von Antidepressiva auf andere Fische wie Barsche eine geringere Angstreaktion und größere antisoziale Verhaltenszüge hin. Aber auch Lachse oder Flusskrebse zeigten Verhaltensänderungen. So gingen sie mehr Risiken ein, wodurch sie für Räuber leichtere Beute darstellten. Elena Fabbri, eine Professorin des Department of Biological, Geological and Environmental Sciences der Bologna Universität in Italien, sagt dazu: „(Es) kann einige Konsequenzen mit sich führen. Hauptsächlich betrifft es das Verhalten des Fisches, aber es kann auch ihre Fähigkeiten, sich fortzupflanzen, oder endokrine Systeme beeinträchtigen.“

Wie die Medikamente ins Meer kommen

Alleine in den USA werden jährlich fünf Milliarden Medikationen verschrieben. Allerdings gelangen Medikamente auf verschiedene Weisen in unser Abwasser und ins Meer. Allen voran aber spielen menschliches und tierisches Abwasser eine große Rolle bei diesem Problem. Jedoch sei es besonders schwer, pharmazeutische Erzeugnisse aus diesem Abwasser zu entfernen, erklärt Rachel Silverstein, die Direktorin der Umweltorganisation „Miami Waterkeepers“. Unfälle wie im Jahr 2020, als 800 Millionen Liter Abwasser in Fort Launderdales Gewässer lief, verschlimmern die Situation natürlich nur.

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Ein weltweites Problem

Abwasser und Kanalisationen sind ein essentieller Bestandteil jedes größeren Siedlungsgebietes. Es ist also anzunehmen, dass die Studie des FIUs ein weltweites Problem aufzeigt, denn nach Angaben von Dr. Rehage seien nur Schweiz, Schweden und Deutschland Länder, „die sich tatsächlich mit diesem Problem von Medikamenten auseinandersetzen.“ Dabei verweist sie auf einen Schritt in der Klärung von Abwässer namens „Ozonung“. Dabei wird Ozon dem Abwässer beigefügt, um ursprünglich besonders schwer zu bereinigende Schadstoffe aus dem Wasser herauszulösen.

Allerdings gibt es bereits einige politische Regungen, sich dem Problem weiter zu widmen. So hat die EU eine „Strategie“ angenommen, um die Risiken von pharmazeutischen Verschmutzungen entgegenzuwirken. Allerdings liege der Fokus eher auf Binnengewässern.

Quelle: bonefishtarpontrust.org, theguardian.com


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