Die Boddengewässer rund um Rügen, einst bekannt für kapitale Hechte, verzeichnen seit einigen Jahren einen deutlichen Rückgang der Fänge. Sowohl die Anzahl als auch die Größe der Hechte geht spürbar zurück, wie eine aktuelle Studie des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) und der Humboldt-Universität zu Berlin bestätigt.
Verschiedene Ursachen für den Rückgang
Der Rückgang hat ganz unterschiedliche Gründe: Verlust von Laichplätzen durch veränderte Wasserwirtschaft, sinkende Beutefischbestände, steigender Kormorandruck und Überfischung sind nur einige der Faktoren.
„Sinkende Fangquoten bei Dorsch und Hering – den eigentlichen Brotfischen der gewerblichen Küstenfischerei – haben in den letzten Jahren den Fangdruck durch die Berufsfischerei in den Bodden auf Süßwasserfische wie den Hecht erhöht“, erklärt Fischereiprofessor Dr. Robert Arlinghaus vom IGB und der HU. Aktuell werden von Berufsfischern etwa doppelt so viele Hechte entnommen wie von Freizeitanglern.
Das hat die Fischereibehörde in Mecklenburg-Vorpommern kürzlich dazu veranlasst, neue Winterlagerregelungen als Sofortmaßnahme zu erlassen, um den Boddenhechtbestand zu schonen.
Hechte werden vorsichtiger
Zudem zeigt ein überraschendes Ergebnis der Studie, dass das Beißverhalten der Hechte in vielbefischten Zonen sich verändert. Viele Hechte lernen, Angelköder zu meiden. Forscher vermuten, dass genetische Anpassungen und das gezielte Entnehmen leicht zu fangender Hechte zu diesem Effekt beitragen.
Maßnahmen zur Stabilisierung der Bestände
Um den Hechtbestand langfristig zu stabilisieren, sind verschiedene Maßnahmen nötig: Schutzgebiete ohne Fischereidruck, angepasste Fangquoten sowie die Renaturierung und Neuanlage von Laichplätzen. Erste Maßnahmen wurden bereits umgesetzt: Seit dem 1. November 2024 gelten die Udarser Wiek, der Koselower See und die Neuendorfer Wiek als Winterlager für den Hecht mit stark eingeschränkten Entnahme- und Befischungsmöglichkeiten für Berufs- und Angelfischer. So ist beispielsweise die Stellnetzfischerei auf Hecht in dieser Zeit nicht mehr erlaubt. Weiter wurde beschlossen, aber noch nicht umgesetzte Empfehlungen, sind die Einführung eines Entnahmefensters, das sowohl kleine als auch große Hechte schont, die Festlegung maximaler Maschenweiten für die Stellnetzfischerei und die Reduzierung der täglichen Entnahmequote für Angler*innen von derzeit drei auf einen Hecht pro Angeltag.
Dennoch betonen die Forscher, dass die aktuellen Maßnahmen nicht ausreichen. Nachhaltiges Hechtbestandsmanagement verlangt ein Denken auf der Ebene des Ökosystems „Bodden“ bzw. „Ostsee“, was auch ein Management der Wirkungen der Landwirtschaft über Nährstoffeinträge, verändertes Wassermanagement und verändertes Management der Fraßfeinde des Hechts einschließt“, erläutert Robert Arlinghaus.
Das Boddenhecht-Projekt
Das Projekt BODDENHECHT zielte darauf ab, den Hechtbestand in den Boddengewässern Mecklenburg-Vorpommerns besser zu verstehen und zu fördern. Über Freilandexperimente und Umfragen gewann das Forschungsteam wertvolle Erkenntnisse zur Hechtfischerei. Zudem wurden Interessenvertreter aus Fischerei, Tourismus und Naturschutz eingebunden, um nachhaltige Maßnahmen zu entwickeln. Gefördert wurde das Projekt (Laufzeit: 01.01.2019 – 30.08.2023) durch den EMFF der EU und das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern. Weitere Informationen: www.boddenhecht-forschung.de.