Salzige Gefahr für die Lippe

Die Messungen wurden unter anderem an der Lippemündung in Wesel durchgeführt. Reinhard Huld

Die aufwändigen Renaturierungsmaßnahmen am Fluss Lippe in Nordrhein-Westfalen werden durch eine zu hohe Salzbelastung stark beeinträchtigt. Das ergaben Untersuchungen VSP-Gewässerschutz.

Der VSR-Gewässerschutz befürchtet auf Grundlage seiner aktuellen Untersuchungen an der Lippe zwischen Hamm und der Mündung in den Rhein negative Auswirkungen auf die aktuellen Renaturierungsmaßnahmen. Eine standortgerechte Flora und Fauna werden sich unter der sehr hohen Salzbelastung der eingeleiteten Grubenabwässser mit Chloriden nicht entwickeln können. Die Zechen Haus Aden in Oderaden, Monopol in Bergkamen und Heinrich Robert in Hamm wurden 1998 zum Bergwerk Ost vereinigt. Obwohl die Kohleförderung dieses Zechen­komplexes im Jahr 2010 eingestellt wurde, wird weiterhin Grubenwasser gefördert, um die unterirdischen Stollenanlagen zu entwässern. Hierzu werden die Pumpanlagen Heinrich Robert und Haus Aden weiter betrieben. Auch wenn die Einleitung im Hammer Raum bald aufgegeben werden soll, läuft die Genehmigung für die Grubenwassereinleitung in Oberaden erst 2021 aus. Im Oktober 2011 führte der VSR-Gewässerschutz wieder Untersuchungen an der Lippe durch. Die aktuellen Werte bestätigen die schon 2009 festgestellten immer noch zu hohen Salzwerte. Während vor den Einleitungen der Grubenwässer aus dem ehemaligen Bergwerk Ost die Belastung in Hamm nur bei 80 Milligramm pro Liter (mg/l) lag, stieg die Chloridkonzentration in Bergkamen/Werne auf 180 mg/l und in Lünen auf 280 mg/l an. Eine weitere Steigerung der Belastung im Fluss fand in Marl durch die Einleitung der Zeche Auguste Victoria statt. In Dorsten wurde dann mit 425 mg/l der höchste Chloridwert gemessen. Bis zur Mündung sank die Belastung geringfügig durch das Süßwasser zufließender Bäche auf 345 mg/l. Bei dieser sehr hohen in der Lippe festgestellten Chloridkonzentration überleben viele süßwasserbewohnende Kleinstlebewesen nicht mehr. Sie benötigen für ihre Existenz eine ausreichende Wasserqualität. Zu hohe Salzwerte schaden ihnen. Eine vom Landesamt für Natur, Umwelt und Naturschutz NRW im letzten Jahr in Auftrag gegebene Studie zeigt, dass ab 200 Milligramm Chlorid pro Liter bereits fast die Hälfte der normalerweise vorkommenden Arten bei den Kleinstlebewesen und ab 400 Milligramm sogar schon dreiviertel der Arten nicht mehr vorhanden sind. Die erwartete Artenvielfalt infolge der Renaturierung vieler Uferabschnitte und des Mündungsbereiches der Lippe bleibt aus. Auch der Bestand an Fischen, Krebsen und Amphibien wird beeinträchtigt, da sie nicht mehr ausreichend Nahrung finden. In der am 20. Juli 2011 von unserer Bundesregierung erlassenen Oberflächen­gewässer­verordnung werden die Anforderungen an die Qualität unserer Bäche und Flüsse erneut definiert. Für den von der europäischen Wasserrahmenrichtlininie geforderten guten Zustand verlangt die neue deutsche Verordnung, dass die Zusammensetzung und die Anzahl der im Gewässer vorkommenden Kleinstlebenwesen nur in geringem Maß von der normalerweise in unbelasteten Gewässern abweicht. Diese Anforderung wird aufgrund der Salzeinleitung in der Lippe nicht erfüllt. Es ist ein Desaster, wenn die so bedeutende Renaturierung an der Lippe durch das Chlorid aus dem Bergbau beeinträchtigt wird. Das Salz behindert die Besiedlung mit standortgerechten Tieren und Pflanzen so Susanne Bareiß-Gülzow, Vorsitzende im VSR-Gewässerschutz. Bei der Überflutung der Auenwiesen schadet das salzhaltige Hochwasser die Bodenorganismen und Pflanzen. Außerdem versickert versalztes Wasser in den Untergrund. Nach den derzeitigen Planungen des Bergbaus sollen bis über 2027 hinaus weiterhin salzhaltige Grubenabwassereinleitungen in die Lippe erfolgen. Damit es durch die Renaturierungsmaßnahmen zu einer standortgerechten Flora und Fauna kommen kann, fordert der VSR-Gewässerschutz dringend eine Lösung, um die Salzbelastung in der Lippe so schnell wie möglich zu senken. Besonders die große Neugestaltungsmaßnahme der Lippemündung zwischen Wesel und Voerde, die nächstes Jahr fertig gestellt werden soll, bedarf dringend einer besseren Wasserqualität.


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