Seltenes Video zeigt Walhaie auf der Jagd

Die größten Fische der Erde sind als „sanfte Riesen“ bekannt. Doch eine seltene Aufnahme zeigt, dass Walhaie gelegentlich auch Jagd auf andere Fische machen.

Haie auf der Jagd sind ein ebenso imposantes wie auch furchteinflößendes Schauspiel. Die stromlinienförmigen Raubtiere sind wie Torpedos unterwegs – und wenn sie zubeißen, ist es um ihre Beute meist geschehen. Doch ausgerechnet das größte Mitglied dieser weit gefächerten Familie, der Walhai, schlägt eine ganz andere Richtung ein. Er gilt als gemächlicher Schwimmer, der sich von Plankton, Krill und anderen Kleinstlebewesen ernährt und so seinen enormen Nahrungsbedarf deckt. So zumindest die land- oder eher wasserläufige Meinung. Tatsächlich sind aber auch Walhaie einer guten Jagd nicht abgeneigt, wenn sich die Gelegenheit ergibt!

Walhaie auf der Jagd: Naturkino der Extraklasse

In einem Video, das der Fotograf und Filmer Tom Cannon im März 2020 vor Australien aufnahm, sind gleich drei Walhaie zu sehen, die einen Schwarm von Beutefischen attackieren. Dabei sind sie nicht allein. Auch Thunfische stoßen immer wieder in die „Fischkugel“, während von oben mehrere Sturmtaucher die Wasseroberfläche durchbrechen.

Diese Aufnahmen, die im Ningaloo Reef an der australischen Westküste entstanden sind, sind zunächst vor allem eins: einfach nur beeindruckend. Nehmen Sie sich die Zeit und lassen Sie es mehrmals laufen! Sie werden immer wieder neue, faszinierende Details finden. Walhaie, die aus dem Hintergrund durch den Schwarm gleiten. Vögel, die sich vereinzelte Beutefische schnappen. Und der Schwarm selbst, der wie ein einziges Lebewesen agiert und versucht, den Angriffen von allen Seiten auszuweichen. Das ist absolutes Naturkino, wie man es selten erleben darf.

Auch für Wissenschaftler sind Filmaufnahmen wie diese definitiv nicht alltäglich. „Ich habe das Material Hunderte von Malen gesehen, und es erstaunt mich immer noch“, sagt Emily Lester vom Australischen Insitut für Meereswissenschaften. Sie veröffentlichte im Februar einen Artikel, der sich mit den Details dieser Begegnung beschäftigt.

Mit ihrem großen Maul filtern Walhaie bis zu 6.000 Liter Wasser pro Stunde. Nahrung bleibt in ihren Kiemenbögen hängen. Foto: Unsplash / Olga Tsai

Bild: Unsplash / Olga Tsai

Mit ihrem großen Maul filtern Walhaie bis zu 6.000 Liter Wasser pro Stunde. Nahrung bleibt in ihren Kiemenbögen hängen.

Ort und Zeit einer solchen Jagd lassen sich nur schwer vorhersehen

Dass Walhaie sich auch räuberisch ernähren und gelegentlich Jagd auf andere Fische machen, ist Meeresbiologen schon länger bekannt. Berichte von Augenzeugen gibt es seit etwa 20 Jahren, doch mit der Kamera ließ sich dieses Verhalten kaum aufnehmen. Man kann nur schwer vorhersehen, wann und wo sich Walhaie zur Jagd zusammenfinden.

Ganz zu schweigen davon, dass die Fische trotz ihrer teils immensen Größe alles andere als leicht aufzuspüren sind. Sie schwimmen durch ganze Ozeane und tauchen dabei mehrere hundert Meter tief. Orte wie das Ningaloo Reef, das vor allem zwischen März und August von Walhaien aufgesucht wird, bieten dabei einen guten Anhaltspunkt. Dennoch ist die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen vermutlich leichter zu finden als ein Walhai im Meer.

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Fische und Vögel ermöglichen das Jagdverhalten

Dass die Walhaie überhaupt zu diesem räuberischen Verhalten übergehen, hängt möglicherweise mit der Anwesenheit anderer Jäger zusammen. „Walhaie treiben zwar Beutefische vor sich her, doch sie sind dabei vergleichsweise langsam und behäbig“, erklärt Meeresbiologe Simon Pierce, der die Tiere seit 15 Jahren erforscht. „Allein haben sie offenbar keinen großen Erfolg, doch wenn andere Räuber die Fische angreifen und dazu zwingen, sich zu einem Ball zu formen, bekommt das größte Maul am meisten Fisch ab.“

Das größte Maul haben die Walhaie auf dieser Jagd definitiv. Geöffnet hat es einen Durchmesser von bis zu 1,5 Metern – ein Kind könnte bequem darin stehen. Für die Vögel, die sich teils direkt vor den Haien befinden, besteht jedoch keine Gefahr, verschluckt zu werden. Walhaie haben nur winzige Zähne, und ihr Schlund ist nur in etwa so groß wie eine Honigmelone. Die Riesen saugen für gewöhnlich Meerwasser ein und pumpen es durch ihre Kiemen wieder hinaus, wobei sich Nahrung (unter anderem auch Tintenfische) in ihren Kiemenbögen verfängt.

Kleinere Jäger profitieren von der Anwesenheit der Riesen

Doch auf was für eine Ausbeute können andere Jäger überhaupt hoffen, wenn sich ein großer Walhai (oder gleich drei von ihnen) den Löwenanteil einverleibt? Auch sie scheinen von der Anwesenheit der Giganten zu profitieren. „Nachdem die Walhaie durch den Schwarm geschwommen sind, könnten andere Räuber sich die die vereinzelten Fische greifen, die vom Schwarm getrennt wurden“, so Meereswissenschaftlerin Lester. Sie hofft darauf, bald weitere Gelegenheiten zu bekommen, um dieses faszinierende Verhalten näher zu erforschen.

Quellen: National Geographic, Pacific Conservation Biology


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