Störe in der Oder: Überlebenschance für lebende Fossilien

Der NABU gehört zu den Unterstützern des Programms zur Wiederansiedlung des Baltischen Störs in der Oder. Zum 15. Jubiläum wurden am Freitag wieder Jungfische aus der Teichwirtschaft Blumberger Teiche in die Oder gesetzt. – von Uwe Werner

NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger (links) und Jörn Gessner von der Gesellschaft zur Rettung des Störs beim Einsetzen der Jungstöre in die Oder. Foto: Uwe Werner

Bild: Uwe Werner

NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger (links) und Jörn Gessner von der Gesellschaft zur Rettung des Störs beim Einsetzen der Jungstöre in die Oder.

Uckermark. Am Freitag (22.April 2022) hat das Naturerlebniszentrum Blumberger Mühle (bei Angermünde) zusammen mit dem Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) sowie seinem Projektpartner, der Teichwirtschaft Blumberger Teiche, zum wiederholten Mal junge Störe (Acipenser oxyrinchus) in die Oder eingesetzt.

„Damit können wir heute übrigens auch das 15. Jubiläum der Aktion begehen. Und das ist zugleich eine denkwürdige Zeitspanne, denn mit 15 Jahren werden die Baltischen Störe erstmals geschlechtsreif“, freute sich der NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass ab jetzt die ersten Rückkehrer aus der Ostsee in die Oder zurückkommen, um zum Bestandsaufbau selbst beizutragen.

Die allerersten Jungstöre des Projekts waren ab 2004 vor ihrer Auswilderung einige Zeit im Oderaquarium des Nationalpark-Besucherzentrums in Criewen zu bestaunen. Foto: Uwe Werner

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Die allerersten Jungstöre des Projekts waren ab 2004 vor ihrer Auswilderung einige Zeit im Oderaquarium des Nationalpark-Besucherzentrums in Criewen zu bestaunen.

Lebende Fossilien: Störe gibt es seit 200 Millionen Jahren

Es klingt unglaublich, aber es ist wahr: Der Stör ist ein lebendes Fossil! Seine prähistorischen Spuren reichen 200 Millionen Jahre zurück bis in die Zeit der Dinosaurier. Weltweit gibt es heute noch 27 Arten des Störs, die alle als gefährdet gelten oder vom Aussterben bedroht sind.

Jörg-Andreas Krüger verwies darauf, dass der NABU Bundesverband seit 2013 das Wiederansiedlungsprojekt unterstützt. Seitdem werden in der Teichwirtschaft des NABU-Zentrums Blumberger Mühle auch kontinuierlich zukünftige Elterntiere des Baltischen Störs für die Wiederbesiedlung der Oder herangezogen. Außerdem werden im sogenannten Bruthaus Störlarven angefüttert und drei Monate lang herangezogen, bevor sie mit etwa zehn Zentimetern Körperlänge groß genug sind, um in der Oder ausgesetzt zu werden.

Das Störprojekt für die Oder und die notwendigen begleitenden Schutz- und Erhaltungsmaßnahmen sind ein zentraler Bestandteil des Bildungs- und Informationsangebotes im NABU Erlebniszentrums Blumberger Mühle. Hier können Besucher im Aquarium junge Störe beobachten und heranwachsen sehen und sich über die Biologie des Urzeitfisches, seine Gefährdung sowie das Wiederansiedlungsprojekt informieren.

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Bisher schon 3,5 Millionen Störe in der Oder ausgesetzt

Bei der Wiederansiedlung des Baltischen Störs gibt es zahlreiche Partner – den NABU, die Gesellschaft zur Rettung des Störs, das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), die Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern, das Bundesamt für Naturschutz und die Nationalparkverwaltung Unteres Odertal.

Der Nationalpark Unteres Odertal gehört übrigens bereits schon seit den Jahren 2003/2004 dazu. Damals wurde die Zielstellung ausgegeben, „den Stör ab dem Jahr 2007 wieder als heimische Fischart in der Ost- und Nordsee sowie in den Zuflüssen beider Meere anzusiedeln“. Bislang wurden dafür inzwischen mehr als fünf Millionen Euro investiert, sagte Projektleiter Jörn Geßner von der Gesellschaft zur Rettung des Störs. Er berichtete auf Nachfrage, dass bislang rund 3,5 Millionen Jungtiere in die Oder ausgesetzt wurden. „Heute schicken wir einige einjährige sowie 500 kleinere Jungstöre hier bei Stützkow in den Fluss. Eine Überlebensrate von zehn Prozent wäre als Erfolg zu werten“, sagte er.

Gewässerökologe Michael Tautenhahn (rechts) und der damalige Nationalpark-Leiter Romuald Buryn „begrüßten“ im Jahr 2004 die ersten Störe im Unteren Odertal. Foto: Uwe Werner

Bild: Uwe Werner

Gewässerökologe Michael Tautenhahn (rechts) und der damalige Nationalpark-Leiter Romuald Buryn „begrüßten“ im Jahr 2004 die ersten Störe im Unteren Odertal.

Als Eignungsgebiete in Brandenburg und Polen wurden beim Start des Wiederansiedlungsprojektes in Deutschland im Jahr 1999 von der Gesellschaft zur Rettung des Störs die Oder sowie deren Zuflüsse Warthe und Drawa benannt. „Hier gibt es ausreichend geeignete Laichplätze mit kiesigem Grund und schnell fließendem Wasser. Gute Abwachsbedingungen für Jungstöre bieten die großflächigen Überschwemmungsgebiete im Unteren Odertal“, informierte der Gewässerökologe Michael Tautenhahn, der das Projekt im Unteren Odertal seit den Anfängen wissenschaftlich begleitet.

Europäischer Stör wird mehr als 60 Jahre alt

Um 1900 waren Störe noch bedeutsam für die Fischerei in Elbe und Oder sowie den Nebenflüssen. Heute gilt der Stör in Deutschland als ausgestorben. Der letzte Störbestand war bis 1969 in der Eider (Schleswig-Holstein) nachgewiesen worden. Vor allem Gewässerverschmutzung und Verbauung der Flüsse und Bäche sowie eine übermäßige Befischung hatten zum Aussterben der Art geführt.

Als Wanderfische verbringen Störe den größten Teil ihres Lebens in den Meeren unweit von Flussmündungen. Sie erreichen eine Länge von drei bis (in seltenen Fällen) sechs Metern und können mehr als 200 Kilogramm auf die Waage bringen. Der europäische Stör wird mehr als 60 Jahre alt und kann eine maximale Länge von mehr als vier Metern erreichen.

Er wird mit rund 15 Jahren geschlechtsreif. Laichzeit ist im Frühsommer. Ein Weibchen legt über kiesigem Flussgrund bis zu 2,5 Millionen kleine, dunkelgraue und klebrige Eier ab. Die Jungfische wandern dann in Richtung Flussmündung, halten sich etwa vier Jahre im Brackwasser auf und wandern schließlich ins offene Meer ab.


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