Norwegen macht Großbritannien nach Brexit Kabeljau und Schellfisch streitig. Seit Mitte Juli haben sich die Fronten zwischen den Vereinigten Königreich und dem skandinavischen Land verhärtet. Derzeit verwehrt Norwegen Großbritannien Fangrechte in den ihren Gewässern.
Keine gemeinsame Fischereipolitik mehr
Ursprünglich war ein Versprechen des Brexit, die heimische Fischerei zu stärken. Hierfür sollten Fischer aus der EU das Recht verlieren, in den britischen Gewässern zu fischen. Eigentlich sind die Gewässer aller EU-Mitgliedstaaten durch die „Gemeinsame Fischereipolitik“ als gemeinsame Ressource definiert. Alle Mitglieder sollen darauf gleichermaßen Zugriff haben. Doch mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU sind sie nicht mehr Teil dieser Fischereipolitik und müssen Fangquoten mit den einzelnen Ländern vereinbaren.
Was den eigenen Markt stärken sollte, scheint jetzt allerdings eher nach hinten loszugehen. Das Vereinigte Königreich fängt fast allen arktischen Kabeljau und Schellfisch in norwegischen Gewässern. Jedoch hat Norwegen kein Interesse daran, britischen Fischern in der Zukunft weiterhin Fischereirechte auszusprechen.
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Norwegen verwehrt Großbritannien Fangrechte
Alle Angebote von London hat Oslo eindeutig abgelehnt. Jane Sandell, Geschäftsführerin von UK Fisheries Ltd., führt hierzu aus, dass dies „nicht nur die Flotte des Vereinigten Königreichs davon abhält, in den norwegischen Gewässern arktischen Kabeljau und Schellfisch zu für den britischen Markt zu fangen – sondern auch, dass es den norwegischen Booten frei steht, ebenjene Fische zu fangen und nach Großbritannien zu exportieren.“
Die Vertreter der Fischereiverbände fordern daher, im Gegenzug ein Embargo auf norwegischen Kabeljau und Schellfisch auszusprechen, bis die Skandinavier die britischen Fangrechte wiederherstellen.
„We agreed a trade deal with Norway that didn’t give us access to the fishing waters…post-EU is the only time we’ve not had access.“
Labour MP Emma Hardy exposes how Hull fisherman are affected by Brexit. @IainDale | #CrossQuestion | @EmmaHardyMP pic.twitter.com/1TWYzP2lbP
— LBC (@LBC) June 15, 2021
Auch deutschen Fischern drohen hohe Verluste
Aber auch in Deutschland macht sich unter den Fischern Sorge breit, dass sie in Zukunft von Norwegens aggressiver Sicherung von Fangquoten betroffen sein könnten. „Weil der zu verteilende Fischbestand nicht größer wird, muss irgendjemand für diese Selbstbedienungsaktionen der Norweger die Zeche zahlen“, kommentiert dazu Gero Hocker, Präsident des Deutschen Fischereiverbandes. Des Weiteren fügt er hinzu: „Es kann nicht sein, dass die EU das einfach so hinnimmt.“
Norwegen hat bereits erste Drohungen ausgesprochen, Schiffe aus fünf EU-Ländern festzusetzen. Nach Angaben des Verbandes werden spätestens Ende August die Fangquoten erreicht, die Norwegen EU-Fischern unter anderem aus Deutschland, Spanien und Frankreich gesetzt hat. „Sollte die EU in dieser Situation die legitimen Rechte der EU-Bürger nicht verteidigen, drohen dauerhafte Verluste von Fangrechten mit einem Gesamtwert von mehreren hundert Millionen Euro pro Jahr“, stellt Hocker in Aussicht.
Dorschfänge als Ablenkung von anderen Themen?
EU-Schiffe befischen weiterhin ihre vorherigen Fischgründe. Die Fischer nehmen das Risiko, von Norwegen festgesetzt zu werden, in Kauf. Der Konflikt zwischen Norwegen und der EU spitzt sich damit weiter zu. Diet Parlevliet, Vorsitzender der Nordwestatlantischen Fischereiorganisation (NAFO), ist von den Maßnahmen Norwegens verwirrt: „Die Mengen, von denen wir sprechen, sind für von großer Wichtigkeit, damit unser gesamtes Geschäftsmodell nicht zusammenbricht. Für uns Dorschfischer heißt es Sein oder Nichtsein. Aber für Norwegen ergibt es keinen Sinn, für ein paar tausend Tonnen Dorsch einen Handelskrieg mit ihren größten Importmarkt anzufangen.“ Norwegens Fangquoten liegen bei 400.000 Tonnen, der EU stehen eigentlich 5.000 Tonnen zu.
Der Präsident der spanischen Dorschorganisation, Iván López, mutmaßt, dass es sich bei diesem Konflikt nicht einmal wirklich um den Fisch dreht. „Es ist einfacher und günstiger, über Dorsch zu diskutieren, als über wertvollere Ressourcen“, meint López. „Erinnern wir uns daran, dass – zum Beispiel – Norwegen kürzlich 164 neue Erkundungsblöcke für Öl in der Arktis angekündigt hat – welche genau in diesen Gewässern wären. Es ist klar, dass es ein Abbauinteresse gibt.“
Quellen: express.co.uk, hernenews.de, iwd.de, politico.eu