Das Walross, das am Dienstag bereits auf Baltrum gesichtet wurde, hat sich nun auf Spiekeroog gezeigt. Auf Fotos, die sich seit heute morgen im Netz verbreiten, ist zu sehen, wie sich das Tier auf einer Hafenkante ausruht. Zuletzt berichteten viele Zeitungen und Magazine über die außergewöhnliche Sichtung.
Walross auf Baltrum und Spiekeroog gesichtet
An seinen schmalen, kurzen Stoßzähnen ist zu erkennen, dass es sich um ein weibliches Exemplar handeln muss. Außerdem ist das Walross verletzt: An beiden Flossen sind große Wunden zu sehen. Wie die Kuh sich diese Verletzungen zugezogen hat, ist allerdings unklar. BLINKER-Autor Dr. Wolfgang Schulte, der das Tier am Dienstag fand und die Naturschutzbehörde verständigte, hatte diese Verletzungen bereits festgestellt. Das Tier robbte auf der Buhne in einer Art Schongang vom Fleck, indem es sich auf die Außenseiten seiner Flossen stützte. So wollte es verhindern, seine verwundeten „Handflächen“ noch weiter zu beanspruchen.
Doch noch bevor sich die Gelegenheit ergab, eine Tierärztin von der Insel Föhr hinzuzuziehen, hatte sich das Walross wieder in die Nordsee zurückgezogen. Von Baltrum aus schwamm es über die Wichter Ee in Richtung Norderney davon. Offenbar änderte es zwischendurch jedoch seinen Kurs oder ließ sich von der Meeresströmung treiben. So tauchte es am Freitagmorgen auf Spiekeroog, der zweiten Insel östlich von Baltrum, wieder auf.
Am Sonntag wurde das Walross auf Wangerooge gesichtet, der Insel östlich von Spiekeroog.
Die erste Sichtung seit über 20 Jahren
Bei dem „Baltrumer Walross“ handelt es sich um das erste Exemplar, das seit über 20 Jahren in deutschen Gewässern gesichtet worden ist. Zuletzt verirrte sich ein Walrossbulle im Jahr 1998 auf die Insel Juist. Wie die Kuh bis nach Baltrum gelangen konnte, ist bisher nicht vollständig geklärt. Walrösser sind Bewohner des Polarmeers; das hocharktische Tier könnte sich zum Beispiel auf einer Eisscholle ausgeruht haben und darauf bis in südlichere Breitengrade getrieben sein. Möglicherweise handelt es sich um das „Wally“ getaufte Tier, das vor einiger Zeit vor Nordirland und Wales gesichtet worden ist.
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BLINKER-Autor fand das Walross auf Baltrum
Zuerst wurde das Walross am Dienstag gesichtet. Dr. Wolfgang Schulte, Diplom-Biologe, war am frühen Morgen am Wasser unterwegs, als ihm das Tier auffiel. Um die beste Fangzeit abzupassen, war er bereits um 6:15 Uhr auf der Buhne; sein Zielfisch war der Wolfsbarsch. Im BLINKER 08/21 berichtet er übrigens ausführlich über diese spannende Angelei!
Um zu sehen, ob vielleicht schon jemand auf Buhne D fischte, sah er sich zunächst am Wasser um. In diesem Augenblick bemerkte er einen ungewöhnlichen „Haufen“ auf der Buhne, den er zunächst für einen Seesack hielt. Erst, als er sich näherte, stellte er fest, dass es sich um ein Walross handeln musste.
Beinahe vermutete er einen Totfund, doch dann regte sich das Tier. Es wachte auf und strich sich mit den Flossen über die Augen. Seine Atmung ging stoßweise – doch es machte keine Anstalten, vor dem Angler zu fliehen. Ein untypisches Verhalten für diese Tiere.
Verletzungen an den Flossen
Dr. Schulte, der sich dank der Spikes an seinen Stiefeln recht sicher auf der algenbewachsenen Buhne bewegen konnte, bemerkte zwei wunde Stellen an den Flossen des Walrosses. Auf der linken Vorderflosse hatte das Tier eine etwa 15 Zentimeter große Wunde, und auch an der rechten Flosse war die Haut abgeledert. Außerdem stellte der Biologe links eine weiße Stelle fest; ob es aber Knochen oder Knorpel sein könnte, ließ sich nicht erkennen. Infiziert schienen die Wunden allerdings nicht zu sein; man müsste allerdings Sorge um eine Blutvergiftung haben. Als sich das Tier bewegte, tat es das in einer Schonhaltung, um die Verletzungen nicht zu belasten – es robbte auf den Außenseiten der Flossen dahin.
Nachdem Dr. Schulte den Fund gemeldet hatte, sollte ursprünglich eine Rettungsaktion eingeleitet werden. Zu diesem Zweck wäre Tierärztin Janine Bahr- van Gemmert von Föhr nach Baltrum geflogen. Bevor sie aber ins Flugzeug steigen konnte, hatte sich das Walross bereits wieder von der Buhne entfernt und war davongeschwommen. In den Stunden zuvor hatten sich bereits mehrere Schaulustige an der Szene versammelt.
Walrösser kommen in deutschen Gewässern nicht vor; die Tiere leben ausschließlich in arktischen Gebieten. Lediglich im Tierpark Hagenbeck in Hamburg sind die imposanten Geschöpfe hierzulande zu bestaunen.