Was sind eigentlich Quagga-Muscheln?

Die Quagga-Dreikantmuschel (Dreissena bugensis) ist ein sogenannter „Neozoon“, also ein durch den Menschen eingeschlepptes und verbreitetes Tier. Ihre enorme Vermehrungsrate führt zu immer größeren ökologischen und wirtschaftlichen Problemen.

Bild: AdobeStock_621128332

Eine einzelne Quagga-Muschel. Sie ist der Zebra-Wandermuschel sehr ähnlich und führt wie diese zu schweren wirtschaftlichen und ökologischen Schäden.

Der riesige Dnjepr, hier in der Oblast Kiew, ist nur einer der Ursprungsgewässer für die Quagga-Muschel.

Ursprünglich ist sie in den Mündungsgebieten der Flüsse heimisch, die ins Schwarze Meer münden. Von dort wurde sie über Schiffe als Larve im Ballastwasser oder auch angeheftet an den Rümpfen verschleppt. Die Quagga-Dreikantmuschel ist eine Süßwassermuschel, die auch Brackwasser mit niedrigem Salzgehalt toleriert. Die Muscheln heften sich mit ihren Byssusfäden auf Hartsubstrat, meist an der Unterseite von Steinen oder an Betonwänden, fest. Die Tiere sind getrenntgeschlechtlich und besitzen planktonische Larven.

Ein Zebra als Namensgeber

Das Quagga war Namensgeber für die Muschel

Die Bezeichnung „Quagga“ klingt exotisch und ist es irgendwie auch. Das Quagga (Equus quagga quagga) (das Doppel-g spricht man eigentlich wie ein kehliges „ch“ aus: „Quacha“) ist, oder vielmehr: war, eine Steppenzebra-Art, die in Südafrika lebte. Die Quagga wurden bis zum Ende des 19. Jh. von Menschen ausgerottet. Die Besonderheit der Quaggas war ihre Fellzeichnung: eine braun-weiße Streifung, die nur den Vorderkörper dieser Pferde bedeckte. Und weil die Quagga-Muschel eine ähnliche braun-weiße Musterung ihrer Schaalen aufweist, hat man sie wohl nach dem Quagga benannt.

Quagga-Muscheln: Rasante Eroberer

In Deutschland wurde die Quagga-Dreikantmuschel erstmals 2005 nachgewiesen. Bislang hat sie folgende Fließgewässer besiedelt: Donau, Main, und Rhein, darüber hinaus den Main-Donau- und den Mittellandkanal sowie weitere angeschlossene Kanäle wie den Datteln-Hamm-, Dortmund-Ems-, Elbe-Lübeck-, Rhein-Herne- und Wesel-Datteln-Kanal. 2016 wurde sie erstmals im Bodensee in den Gebieten Langenargen und Schussenmündung beobachtet.

Ökologische Schäden durch Quagga-Muscheln

Auch in die USA sind die Quagga-Muscheln durch den Schiffsverkehr gelangt. Dort haben sie sich rasant vermehrt.  So machen Quagga-Muscheln mittlerweile 90 % der Biomasse im Michigan-See aus. Es ist klar, dass die Muscheln auf diese Weise ganze Ökosysteme schädigen können. Quagga-Muscheln sind erhebliche Nahrungskonkurrenten für Plankton fressende Tiere. Die Filtrierleistung der Kolonien ist so hoch, dass z. B. die Felchen im Bodensee nur noch wenig Nahrung finden. Hier hat sich z. B. die Quagga-Muschel seit ihrem Erstnachweis enorm vermehrt. Wissenschaftler befürchten, dass die Populationen von Plankton-fressenden Fischen (Felchen, Maränen, Whitefish) in den nächsten 20 Jahren bestandsbedrohend abnehmen werden!

Bild: aw

Muscheln im Lake Michigan soweit daas Auge reicht. Das extrem klare Wasser des Sees und weiterer Großer Seen ist der Filtrierleistung der  Quagga- und Zebramuscheln geschuldet.

Bild: Thomas Pruß

Teichmuscheln mit anhaftenden Wandermuscheln. Die eigentlich mobilen Muscheln werden durch die Invasoren erheblich geschädigt.

Auch die einheimischen Muschelarten leiden unter Quaggamuscheln. Denn die heften sich mit Byssusfäden an Hartsubstrate und unterscheiden dabei nicht zwischen Betonpfeiler und Teichmuscheln. Die sind aber vergleichsweise mobile Tiere, deren Fortbewegung durch die Quaggas gehemmt wird; manchmal können sie nicht mal mehr ihre Schalen schließen.

Wirtschaftliche Schäden durch Quagga-Muscheln

Bild: CC BY-SA 2.5

In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist besonders der Bodensee durch die Quaggamuschel betroffen.

Daneben nehmen Schäden in Rohrleitungssystemen zur Wasserversorgung oder in Kühlwassersystemen und Wärmeübertragern stark zu. Die Reinigung ist aufwändig und teuer! So müssen die Bodensee-Wasserwerke, die immerhin 4 Millionen Menschen mit Trinkwasser aus dem Bodensee versorgen erhebliche Maßnahmen treffen, damit die Quagga-Muscheln die Rohrleitungen nicht zusetzen. U.a. hat man die Entnahmestellen in größere Tiefen verlagert, besetzte Rohrleitungen müssen aufwändig mit so genannten Rohr-Molchen gereinigt werden.

Die Forscher befürchten zudem, dass die Fischerei im Bodensee, aber auch in den Großen Seen Nordamerikas (engl.) durch die explosive Zunahme der Quagga-Muschel-Bestände so weit einbrechen wird, dass sie nicht mehr wirtschaftlich ist.

Bild: privat (Louisa Bührle)

Zwar fressen Felchen die zum Zooplankton gehörenden Muschellarven, aber sie haben keine Chance, deren Bestand damit zu senken. Es ist genau umgekehrt!

Die Dreikant-Wandermuschel

Bild: Adobe Stock

Leere Schalen der Zebramuscheln bedecken oft viele Quadratmeter Uferfläche an Flüssen und Seen.

Diese „Überwucherung-Fähigkeit“ teilt sich die Quagga-Muschel mit der mit ihr verwandten, sehr ähnlichen Dreikant-Wandermuschel (Dreissena polymorpha). Auch sie stammt aus dem Einzugsgebiet des Schwarzen Meeres und wurde ebenfalls über den Schiffsverkehr eingeschleppt. Und auch sie sorgt durch die gewaltige Filtrierleistung der Kolonien für Nahrungsmangel unter den Planktonfressern.

Zebramuschelkolonie unter Wasser. Wie die Quaggamuscheln so heften sich auch Zebramuscheln mit Byssusfäden an den Untergrund.

Bis zum 18. Jahrhundert nahm die Population der Dreikant-Wandermuschel in Europa stetig ab. Danach setzte durch den Schiffsverkehr eine Wiedereinwanderung, vom Schwarzen Meer kommend, donauaufwärts ein. Die Muscheln heften sich, analog der Quaggamuscheln, an Schiffsrümpfe oder gelangen als Larven über das Ballastwasser der Schiffe in den neuen Lebensraum. Seither traten mehrere Besiedlungswellen mit Individuenzahlen von bis zu 100.000 Tieren pro Quadratmeter auf. Aufgrund des weltweiten Schiffsverkehrs breitet sich seit den 1980er Jahren die Wandermuschel zunehmend in den großen Seen Nordamerikas aus. Durch ihre starke Filterwirkung hat sich z. B. die Sichttiefe im Eriesee verdoppelt.

Allerdings scheint es, als würden jetzt auch die Wandermuscheln so langsam von den Quaggamuscheln verdrängt werden.

Natürliche Feinde

Bild: AdobeStock_216573729

Auch, wenn der Karpfen hier gerade an Boilies mümmelt, so ist er doch einer der schärfsten Fressfeinde für die Wandermuschel-Arten. Karpfenangler wissen um die besondere Fängigkeit von Boilies mit Muschel-Aroma.

Die natürlichen Feinde beider Arten sind Enten, Karpfen und Rotaugen.

Bild: DAFV

Man sollte es kaum glauben, aber Rotaugen können Wandermuscheln verputzen und tun das auch. Vielleicht sollte man den Fischen etwas mehr Respekt engegen bringen.

Enten sind dabei derart effektiv, dass sie die Muschelbestände in seichten Zonen des Bodensees im Winter um bis zu 90 % dezimieren können. Allerdings liegt das „Reservoir“ der Quaggamuscheln in größeren Tiefen, die auch außerhalb der Reichweite von  Tauchenten liegen.

Bild: Quirin Herzog, CC BY-SA 3.0

Reiherenten und andere Entenarten mögen beim Karpfenangeln gelegentlich nerven, aber im Kampf gegen die Wandermuscheln sind sie unentbehrliche Helfer!

Wandermuscheln als Bioindikatoren

Wandermuscheln dienen als Bioindikatoren für das limnische Ökosystem. Sie sind unter anderem als Bioindikatoren besonders geeignet, weil sie

  • weit verbreitet sind,
  • eine breite ökologische Valenz sowie
  • eine sedentäre (festsitzende) Lebensweise besitzen,
  • mit allen im Wasser gelösten und suspendierten Inhaltsstoffen in engem Kontakt stehen sowie
  • direkt aus dem Wasser Schadstoffe aufnehmen.

Daher werden sie seit Jahren von der Umweltprobenbank des Bundes gesammelt, archiviert und auf verschiedene umweltrelevante Stoffe analysiert. Dadurch können zum Beispiel Veränderungen der Methylquecksilbergehalte untersucht und Rückschlüsse auf die Umweltqualität gezogen werden.

Der Saprobienindex der Wandermuscheln beträgt 2,2. Das entspricht einer Gewässergüteklasse  II: mäßig belastet (guter Zustand).

 

 


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