Die Meere haben immer weniger Sauerstoff – und verlieren jährlich mehr. Das ergibt eine kürzlich veröffentlichte Studie im Wissenschaftsmagazin Global Change Biology, die sich auf Auswertungen und Messungen aus 15 Jahren bezieht. Als Folge stellen die Wissenschaftler eine Wanderung der Fische in sauerstoffreichere, flache Gewässer fest.
Sauerstoff zwischen 350 und 50 Meter
Das sechsköpfige Team um Erin Meyer-Gutbrod von der University of South Carolina hat die Sauerstoffgehalte von 50 bis 350 Meter Tiefe gemessen und mit den Fischzahlen an den entsprechenden Messpunkten verglichen. „Die Studie zeigt, dass Sauerstoff in allen Tiefen, die wir untersucht haben, sinkt: Von 50 Metern bis 350 Metern.“, erklärt Meyer-Gutbrod und führt weiterhin aus: „Deswegen ziehen Fische in flachere Regionen, um in ein Gebiet mit relativ höherem Sauerstoff zu kommen.“
Zahlen zusammengefasst:Alle Angaben sind Durchschnittswerte Seit 1990 Sauerstoffverlust von 0,53 µmol/l oder 0,016 mg/l pro Jahr Sauerstoffgehalt in 150 Meter Tiefe von 1990 und 2020
Fischkritischer Sauerstoffgehalt: 3 mg O2/l* Sauerstoffgehalt von deutschen Trinkwasser bei 20°C: 9 mg O2/l* *Angaben des Landes Sachsen |
Zu wenig Sauerstoffaustausch
Als Gründe für diese Entwicklung können die Forscher einige nennen, darunter Veränderung der Ökologie, Jahreszeiten und Stürme. Aber der wohl stärkste Einfluss sei das wärmere Wasser, da es weniger Sauerstoff lösen kann als kälteres Wasser. In flacherem Wasser gelangt nun mehr atmosphärischer Sauerstoff an der Wasseroberfläche in das Wasser.
Allerdings führen die steigenden Wassertemperaturen dazu, dass es einen größeren Unterschied zwischen warmem Oberflächenwasser und dem kühlen Tiefenwasser gibt. Das führt zu einer Bildung von klareren Wasserschichten im Meer, in denen es kaum zum Austausch von Sauerstoff kommt.
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Zu wenig Sauerstoff verdrängt Fische aus Habitat
Die Auswirkungen auf die Fische sind vielseitig. Meyer-Gutbrod und ihr Team haben zwischen 1995 und 2009 über 60 Fischarten zwischen Anacapa und den Santa-Cruz-Inseln vor Kalifornien untersucht. In 15 Jahren habe sich „ein Drittel der Verteilung der Spezies in flacheres Wasser bewegt“, sagt Meyer-Gutbrod. „Ich persönlich denke, dass das über so einen kurzen Zeitraum ein bemerkenswertes Ergebnis ist .“
Dem fügt Co-Autor Milton Love hinzu: „Das erscheint eine recht erschreckende Hypothese zu bestätigen. Nämlich, dass die Fische sich aus ihren optimalen Habitaten wegbewegen.“ Dies könnte schlussendlich dazu führen, dass Fischarten in Bedingungen gedrückt werden, die sie aufgrund ihrer Physiologie nicht bewältigen können.
Gute Fänge bedeuten nicht gute Bestände
Laut den Autoren ist diese Studie die Erste, die sich mit der langzeitlichen Veränderung vom Verhalten von Fischen auf Basis von Sauerstoffkonzentrationen beschäftigt. Sie sei aber deswegen so wichtig, um zu verstehen, wie sich die Fische verhalten, die unter ökologischem Druck stehen.
„Wenn man ein Netz ins Wasser wirft und eine Menge Fische hochholt – mehr als man gewohnt ist –, dann denkt man vielleicht ‚Oh, es ist ein gutes Jahr für die Fische. Vielleicht erholen sich die Bestände ja.‘“, so Meyer-Gutbrod. „Aber stattdessen könnte es sein, dass sich alle Fische in ein kleineres Gebiet quetschen.“
Die Wissenschaftler betonen daher, dass es wichtig sei zu verstehen, was passiert, und entsprechende Management-Strategien für Naturschutz in diese Realität einzuarbeiten. „Das Phänomen wird sich entsprechend entfalten, wie es die Bedingungen vorgeben. Aber unsere Antwort darauf liegt in unserer Macht“, plädiert Love.
Qullen: news.ucsb.edu, onlinelibrary.wiley.com