Wo der Kormoran jagt, sind Fangquoten sinnlos

Um Fischbestände zu schützen, reagiert die EU mit Fangquoten – vergisst aber den Kormoran. Studien zeigen, wie groß der Fraßdruck der Vögel ist.

Kormorane sind so weit verbreitet, dass sie inzwischen sogar ganzen Fischbeständen schaden. Foto: O. Portrat

Bild: O. Portrat

Kormorane sind so weit verbreitet, dass sie inzwischen sogar ganzen Fischbeständen schaden.

Kormorane sind Fischfresser. Sie ernähren sich hauptsächlich von allem, was Flossen hat, und machen dabei keine Unterschiede. Ob Meerforelle, Barbe oder Dorsch: Was in den Schnabel passt, wird gefressen (und auch vieles, was nicht passt). Dabei gehen die Vögel mit einer Effizienz auf die Jagd, um sie sich Angler und Fischer nur beneiden können. Der Kormoran hält sich außerdem nicht an Fangquoten – er profitiert also davon, dass seine „menschlichen Konkurrenten“ sich einschränken. Doch wie groß ist der Hunger der Raubvögel? Neue Studien zeigen, wie sehr sie die Fischbestände der Ostsee dezimieren, und auch aus Südtirol liegen neue Erkenntnisse vor.

Jeder fünfte Fisch landet im Vogelmagen

Dänische Forscher der Technischen Universität in Silkeborg untersuchten das Verhalten der Kormorane über mehrere Jahre. Sie statteten Meerforellen mit Sendern aus, um zu verfolgen, ob sie im Magen eines Vogels landen. Den Erkenntnissen nach wurden 15,4 Prozent aller Fische von Kormoranen gefressen – also fast jeder fünfte.

Die Forscher um Kristi Källo fanden die Sender in Speiballen bei Kormoran-Siedlungen. Anhand der Überreste konnten sie auch erkennen, dass die gefressenen Fische im Schnitt zwischen 35 und 45 cm lang waren. Wie der Deutsche Fischerei-Verband (DFV) mitteilte, stellt das die Hypothese in Frage, dass Kormorane keine laichbereiten Fische jagen würden.

Was die Studie nicht berücksichtigen konnte, waren Fische, die durch Verletzungen starben. Oft kommt es vor, dass Kormorane sich übernehmen, einen Fisch nicht ganz erwischen oder wieder ausspucken müssen. Häufig sterben die Fische an den Verletzungen, die die Raubvögel ihnen zufügen. Bei den ermittelten 15 Prozent gibt es also eine Dunkelziffer, die man berücksichtigen muss. Die Autoren der Studie schließen aus den Daten, dass der Kormoran dem Bestand der Meerforellen in dänischen Fließgewässern schadet.

Kormoran frisst mehr Dorsch, als Fangquoten der Fischer erlauben

Auch an der Lübecker Bucht vor Schleswig-Holstein hat sich der Kormoran ausgebreitet. Forscher des Instituts für Binnenfischerei untersuchten ihre Speiballen auf Fischreste, ähnlich wie die Kollegen in Dänemark. Sie kamen zu dem Schluss, dass die hungrigen Vögel, die pro Tag 500 Gramm Fisch (manchmal mehr) vertilgen, mehr Dorsch entnehmen, als es die Berufsfischer dürfen. Mehr dazu in diesem Bericht.

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Südtirol: Bei 32 Vögeln in der Region ist alles in Ordnung

Ähnlich drastisch ist auch die Lage in Südtirol, weit weg von der Ostsee. In der Provinz Bozen ermittelte das Amt für Jagd und Fischerei, welchen Fraßdruck Kormorane auf die regionalen Fischbestände ausüben. Sie stellten sich die Frage, wie viele Vögel die Gewässer vertragen können. Ihre Antwort: überschaubar.

Sie kamen zu dem Ergebnis, dass es maximal 32 Kormorane in der Region geben darf. Bei dieser Zahl können die Fischbestände sich erholen, jeder Kormoran zuviel würde die Bestände schrumpfen lassen. Steigt die Zahl der Vögel, muss man mit gezieltem Abschuss reagieren. Dies sei laut den Autoren der Studie mit den EU-Regelungen vereinbar.

Dem Kormoran sind Fangquoten egal

Apropos: Die Europäische Union muss endlich reagieren. Angler und Fischer fordern schon länger, dass die Fischbestände besser geschützt werden. Nur eine nachhaltige Bewirtschaftung kann den Fortbestand unserer heimischen Fischfauna sichern.

Der Mensch kann (und muss) sich einschränken, denn mit Überfischung schadet er nicht nur den Fischen, sondern am Ende auch sich selbst. Einem Kormoran kann man Fangquoten aber nicht erklären – er zieht weiter, wenn es nicht mehr zu holen gibt.

 


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