Sollte man die Aal-Schonzeit auf 6 Monate verlängern?

Die EU-Kommission schlägt eine Aal-Schonzeit von einem halben Jahr vor. Der DAFV bezeichnet den Vorschlag als Augenwischerei und verweist auf andere Wege.

Aalfischer Mario Weber auf der Havel bei Potsdam. Foto: DAFV / F. Büttner

Bild: DAFV / F. Büttner

Aalfischer Mario Weber auf der Havel bei Potsdam.

Die EU-Kommission hat am 28. Oktober 2022 die Ausdehnung der Aal-Schonzeit von drei auf sechs Monate vorgeschlagen. Dieser Vorschlag bezieht sich auf Meeresgewässer, angrenzende Brackgewässer im Nordostatlantik (einschließlich Ostsee) und das Mittelmeer und soll die größten Wanderungsbewegungen von Glasaalen und Blankaalen abdecken und soll für Berufsfischerei und Freizeitfischerei gelten.

Kommt eine Verlängerung der Aal-Schonzeit?

Noch ist die längere Aal-Schonzeit nicht beschlossen. Der Deutsche Angelfischerverband (DAFV) hat zur besseren Einordnung jedoch Informationen zusammengetragen. Außerdem bewertet er ihn kritisch, da von einer längeren Schonzeit an sich kein großer Schutzeffekt zu erwarten ist.

Hintergrundinformation zum Vorschlag der EU-Kommission

  • Die 6-monatige Schonzeit ist bisher nur ein Vorschlag der EU-Kommission. Ohne Zustimmung der EU-Mitgliedsstaaten kann die Änderung nicht umgesetzt werden. Verhandelt wird dieses Thema neben anderen fischereilichen Themen beim Treffen von EU-Kommission und Fischereiministern am 12. und 13. Dezember 2022.
  • Die Ausweitung der Schonzeit von drei auf sechs Monate hätte massive sozioökonomische Folgen für strukturschwache Küstengebiete in Dänemark, Schweden und Deutschland und steht somit im Widerspruch zu den Maßnahmen (Blue Economy) und Prioritäten (Green Deal) der EU-Kommission. In anderen Regionen Europas fischt man kaum auf abwandernde Blankaale in Küstengewässern. Die Aalfischerei an den Küsten der genannten Länder ist seit Einführung der EU-Aalverordnung (2007) an deutschen Küsten bereits stark zurück gegangen.
  • Der Großteil der Glasaalfischerei in Frankreich ist von der Schonzeit nicht betroffen, da die Fanggebiete außerhalb der EU-Zuständigkeit liegen. Es ist unwahrscheinlich, dass Frankreich die Schonzeit auf die Glasaal-Fanggebiete in nationalen Hoheitsgewässern (Ästuare der großen Flüsse) ausweitet.
  • Frankreich hat am 20. Oktober nationale Glasaalfangquote für die Saison 2022/2023 auf insgesamt 51.113 Kilogramm festgelegt. Dieser Anteil von etwa 12% des jährlichen Glasaalaufkommens ist für Besatzmaßnahmen zur Bestandserholung im Rahmen der Europäischen Aalmanagementpläne und den Bedarf der europäischen Aal-Aquakultur vollkommen ausreichend.
  • Solange Besatz als legitime Maßnahme zur Unterstützung der Bestandserholung in der EU-Aalverordnung (EG) Nr. 1100/2007 festgeschrieben bleibt, werden auch EMFAF-Mittel zur Co-Finanzierung von Besatz zur Verfügung stehen. Eine zeitnahe Änderung der EU-Aalverordnung ist nach der Evaluation im Jahr 2020 („Regulation is fit for purpose!“) äußerst unwahrscheinlich.
  • Die Ausweitung der Schonzeit auf 6 Monate zur Hauptabwanderungszeit bedeutet in Deutschland vermutlich das Ende der (Aal-)Fischerei in den Küstenregionen von Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Dies hätte den Verlust von sozioökonomischer Wertschöpfung und kulinarischer Kultur zur Folge.
  • Der Vorschlag der Kommission steht im Widerspruch zu dem ganzheitlichen Ansatz, wie er von der Kommission im September beworben wurde. Der überwiegende Teil der Mitgliedsstaaten hatte diesem ganzheitlichen Ansatz zugestimmt.

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Einschätzungen des DAFV zum Vorschlag der EU-Kommission

Betrachtet man den Vorschlag der Kommission isoliert von anderen Maßnahmen, wirkt er wie Augenwischerei. Man suggeriert einen großen Schutzeffekt, der aufgrund des kleinen betroffenen Gebietes (Küstengebiete in Dänemark, Schweden und Deutschland) und des fehlenden Zugriffs auf die Glasaalfischerei (nationale Hoheitsgewässer außerhalb der EU-Zuständigkeit) nur gering ausfällt.

Anstatt erneut die Freizeit- und Berufsfischerei – welche die Bestandserholung durch Besatz und Habitatverbesserung aktiv unterstützen – erneut zu sanktionieren, sollten sich EU-Kommission und Mitgliedsstaaten auf den ganzheitlichen Ansatz im Sinne der EU-Aalverordnung zurückbesinnen.

Sollte die EU-Kommission einzig und allein die Absicht verfolgen, die Schonzeit auf 6 Monate auszudehnen, halten wir das aufgrund der geringen Schutzwirkung bei zeitgleich wirkenden sozioökonomischen Schäden in strukturschwachen Regionen, für sehr problematisch. Aus Sicht des DAFV ständen Maßnahmen und Folgewirkungen im Widerspruch zu europäischem Green Deal und der Entwicklung der nachhaltigen Blue Economy.

Effekt der jetzigen Schonzeit noch nicht ausgewertet

Die Effekte der bisher gültigen, 3-monatigen Schonzeit sind unseres Wissens von der Kommission bisher weder ausgewertet geschweige denn bewertet worden. Wäre es aber nicht genau das die Grundvoraussetzung bevor man eine Managementmaßnahme verändert? Zusätzlich ist zu befürchten, dass Aal weiterhin gefangen und verzehrt wird – dann aber vollkommen unkontrolliert und illegal.

Sollte die Kommission aber beabsichtigen, die Mitgliedsstaaten mit dem Vorschlag aufzurütteln und dazu zu motivieren, sich ernsthafte Gedanken über effektive Alternativmaßnahmen im Rahmen eines ganzheitlichen Ansatzes zu machen, begrüßen wir den strategischen Ansatz der EU-Kommission.

Aus Sicht des DAFV ist die Nachtabschaltung von Wasserkraftanlagen in Wanderkorridoren, wie in der Taxonomie-Verordnung vorgesehen und von Kommissar Sinkevičius befürwortet, für den Schutz des Europäischen Aals die effektivste Maßnahme. Zusätzlich dient sie der Biodiversität in Fließgewässern im Sinne der Habitat- und Wasserrahmenrichtlinie in Verbindung mit der Umwelthaftungsrichtlinie und der europäischen Biodiversitätsstrategie für 2030. In Deutschland beträfe eine Nachtabschaltung die Zeiträume der intensivsten Blankaal-Abwanderung von September bis Januar und April bis Juni für wandernde Gelbaale und andere aquatische Wanderarten.

Pressemitteilung des DAFV

Die neuesten Kommentare

20.11.2022 11:54:53
Moin Gerd, generell bin ich bei Dir. Der größte Druck auf die Population entsteht wohl nicht durch uns, die Angler, sondern durch das wegfangen der Glasaale vor unseren Küsten. Das muss einfach aufhören und dafür sollte man kämpfen.... Als Angler könnte man ein Zeichen setzen, indem man, zumindest für eine bestimmte Zeit, auf das gezielte angeln auf Aale verzichtet. Keine Reusen, kein pöd...
20.11.2022 11:22:44
In Hesssen gibt es eine Schonzeit von Oktober bis März, in BaWü gab (oder gibt noch) ein ganzjähriges Fangverbot, zumindest für Fische aus dem Rheinsystem. Ob Sinn oder Unsinn der Maßnahmen sei mal dahin gestellt, da die Schonzeit in die Zeit fällt, in der eh fast keine Aale beangelt /gefangen werden. Wobei ich rückblickend die Monate Oktober und März als die besten Monate bezeichnen würd...
20.11.2022 11:06:18
Die Aale in Deutschland nur in der Laichzeit zu schonen macht keinen Sinn. Sie laichen ja nicht hier. Wir müssen die abwandernden Aale, und später die neuen, einwandernden Aale schützen. Das irgendwie durch ein zeitliches Fangverbot zu erreichen wird nicht funktionieren. Ich bin für ein totales Fangverbot.Gruß scotty
20.11.2022 10:50:56
Moin Zusammen, ja der Europäische Aal sollte geschützt werden. Er ist vom Aussterben bedroht. Ich denke das dieses Abfangen als Glasaal vor unseren Küsten aufhören muss. Es ist ein Riesengeschäft diese Glasaale nach Asien zu verbringen. Eine Schonzeit zu verlängern ist meiner Meinung nach zu kurz gegriffen. Es müsste für eine gewisse Zeit zu einem totalen Fangverbot kommen, damit sich die ...
20.11.2022 07:44:18
Was spricht dagegen?Bei anderen Fischen sagt man doch auch in der Laichzeit sind sie geschont! Dann sollten doch auch die abwandernden Aale komplett geschont werden. Wenn ich sehe was in einigen Gewässern noch immer los ist.... Da werden Scherbretter genutzt, da stehen Aalschocker gestaffelt. Dazu dann noch die Querverbauungen da kommen an der Nordseekueste doch keine 10 % der Laichreifen Aale an...
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