Seit einigen Monaten steht fest, dass ein Nationalpark in der Ostsee vor Schleswig-Holstein kommen wird. Wie groß er wird und welche Flächen er umfasst, ist bisher nicht endgültig beschlossen. Derzeit befindet sich die Politik in der Planungsphase, es werden Gespräche geführt und Interessen ausgelotet. Gleich mehrere Akteure haben allerdings sehr wenig Interesse am geplanten Nationalpark: Berufsfischer, Wassersportler, die Tourismusbranche und nicht zuletzt auch wir Angler.
Zur Einordnung: Der geplante Nationalpark in der Ostsee würde nicht die ganze Küste Schleswig-Holsteins umfassen. Nicht betroffen wären zum Beispiel der Timmendorfer Strand, die Kieler Förde, die innere Schlei und die Flensburger Innenförde. Östlich davon und rund um die Insel Fehmarn könnte allerdings ein großes Schutzgebiet entstehen. Je nach Definition der Zonen könnte man dort die Fischerei und auch das Angeln im Nationalpark vollständig verbieten.
Bedenken von Berufsfischern, Wassersportlern und Tourismusbranche
Die Berufsfischer fürchten durch den Nationalpark um die Zukunft ihres Berufs. Wertvolle Fischgründe wären durch die Schutzgebiete versperrt, kommerzielle Fischerei nicht länger möglich. Es wäre „das Aus für die deutsche Berufsfischerei an der Ostsee“, sagte der Vorsitzende des Landesfischereiverbands, Lorenz Maeckwardt, im Gespräch mit dem „Abendblatt“.
Neben den Fischern üben auch Wassersportler Kritik an dem geplanten Park. Um das Gewässer weiterhin für zum Beispiel Wind- und Kitesurfing nutzen zu können, starteten sie eine Petition, die in kurzer Zeit über 26.000 Unterschriften sammelte.
Auch die Tourismusbranche, die von Wassersportler und Anglern profitiert, befürchtet große Einbrüche. Wenn Urlauber Teile der Ostsee nicht mehr begehen oder gar besuchen können, werden sie an manchen Orten ausbleiben.
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Viele Angeltouristen zieht es Jahr für Jahr an die Ostsee. Sie ist ein beliebtes Revier für das Angeln auf beispielsweise Plattfische und Meerforellen, sodass Angler ihren Urlaub besonders gern dort verbringen. Damit bescheren sie den Betrieben und zuletzt auch dem Land selbst wertvolle Einnahmen. Sie übernachten in Ferienhäusern, zahlen für Angelkarten in SH, und kaufen vor Ort ihre Köder und weiteres Angelzubehör. Pro Angler kommen an einem Urlaubswochenende so regelmäßig weit über 100 Euro zusammen, was sich bei mehreren tausend Angeltouristen pro Jahr zu seinem Betrag in Millionenhöhe summiert.
Sollten großflächige Angelverbote im Zusammenhang mit dem Nationalpark Ostsee kommen, wird diese Gruppe auf andere Gewässer ausweichen, zum Beispiel in Dänemark oder Mecklenburg-Vorpommern, oder an der deutschen Nordsee. Dass man nicht an den Anglern vorbeiplanen darf, meint auch Dennis Thering, Landesvorsitzender der CDU in Hamburg:
Nationalpark soll der Ostsee Erholung ermöglichen
Hintergrund für den geplanten Nationalpark ist der schlechte Zustand der Ostsee. Das Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur nennt mehrere Gründe dafür. Angeführt werden Befischung, Schad- und Nährstoffeinträge und weitere menschgemachte Faktoren. Auch eingeschleppte (invasive) Arten sowie der Klimawandel spielen eine Rolle.
Der Nationalpark soll daher einen Rückzugsort ermöglichen, in dem sich das Meer und seine Bewohner erholen können. Das mag ein guter Beweggrund sein, doch die hohe Schadstoffbelastung, invasive Arten und nicht zuletzt der Klimawandel machen vor den Grenzen eines Nationalparks leider nicht Halt.
Sportfischerverband positioniert sich gegen Nationalpark Ostsee
Der Landessportfischerverband Schleswig-Holstein (LSFV-SH) schrieb dem Nationalpark Ostsee daher eine „Wirkungslosigkeit“ zu, da er die wahren Probleme nicht adressiere. Weiterhin befürchtet der Verband, dass der Nationalpark – einmal ausgewiesen – weitere Verbote und Einschränkungen nach sich ziehen wird. „Aktuell geführte Debatten legen nahe, dass der Anteil der Nullnutzungsflächen statt knapp über 50% zukünftig durchaus 75% und in einigen Jahren sogar 100% betragen kann“, heißt es in der Einschätzung.
Zuletzt bemängelt der Verband den Nationalpark als das falsche Mittel, um die Ostsee zu schützen. Da die Belastungsquellen außerhalb des Parks selbst liegen, würde er zwar geschützt, aber könne sich nicht entwickeln. Die Folge wäre ein Schutzgebiet, das seinen Zweck nicht erfüllen kann – und eine Bevölkerung, die durch Nutzungsverbote vergessen hat, warum die Natur erhalten werden muss.
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