Manchmal beginnt alles mit dem Klingeln eines Telefons. So war es jedenfalls, als Edwin Hartwich vor 30 Jahren seine beste Köcherfliege entwickelte. Die Hotline-Sedge! Doch wie kam es dazu? Edwin Hartwich erzählt es Ihnen:
„Es ist eine halbe Ewigkeit her, dennoch kann ich mich gut an den Anruf vor dreißig Jahren erinnern. Es war mein Bruder aus dem Bayerischen Wald. Er war völlig aufgeregt, redete wie ein Wasserfall, seine Begeisterung sprudelte nur so aus dem Hörer: „Stell dir vor, die Insekten schwärmten heute am Regen in rauen Mengen. Eintagsfliegen und vor allem große Sedges. Sie schlittern in Schwärmen über den Fluss und legen ihre Eier ab. Die Äschen jagen dieser fetten Beute hinterher. So etwas habe ich noch nie erlebt.“ Er holte kurz Luft und fuhr dann fort: „Die Äschen sind mit ihrem ganzen Körper aus dem Wasser gesprungen, um die Fliegen zu bekommen.“
Die Köcherfliege wird auch Sedge oder Caddis genannt
Bei dem Wort „Sedge“ wurde ich sehr hellhörig, denn Sedge und auch Caddis sind die Begriffe für die Köcherfliege, und wenn die Köcherfliegen schwärmen, dann beginnt das große nächtliche Fressen der Forellen! Mein Bruder war voll im Angelfieber: „Wir brauchen eine gute Imitation“, rief er so laut in den Hörer, dass es in meinen Ohren wie der Auftrag klang, ein besonders schwimmfähiges Muster zu kreieren. Ich grübelte einige Zeit, dann setzte ich mich an den Bindestock und band eine Köcherfliege, die wir bis zum heutigen Tag genau so verwenden. Denn wenn Köcherfliegen schwärmten, blieben wir mit dieser Fliege nie Schneider – ihre Fängigkeit ist nicht zu überbieten!
Mit dieser Köcherfliege bleibt man niemals Schneider!
Vor 30 Jahren war es gar nicht so einfach, gute, schwimmfähige Materialien aufzutreiben. Die Auswahl war recht dürftig. Als Grundlage für mein Köcherfliegen-Muster nahm ich Seal, Rehhaar, Flügelmaterial und eine 1a-Hechel. Hört sich einfach an – ist es auch!
Das Muster können Sie mit wenig Aufwand binden!
- Zuerst lege ich mit einem braunen Faden eine Grundwicklung bis zum Anfang des Hakenschenkels.
- Orangebraune Seehundwolle (Seal), Antron- oder Squirrel Dubbing wird dann an den Faden gezwirnt und mit diesem ein konischer Körper geformt. Wichtig: Das vordere Drittel des Hakens sollte jetzt frei bleiben, diesen Platz benötigen wir für das Rehhaar, den Deltaflügel und die Abschlusshechel.
- Von der Winterdecke eines Rehs schneiden wir etwa 10 bis 15 Haare heraus. Die Enden halten wir zwischen Zeigefinger und Daumen und binden diese mit einem festen Zug der Bindeseide an den Haken. Dabei sollen die Haare mit den feinen Spitzen schräg nach hinten zeigen, weit über den Hakenschenkel. Eine halbe bis ganze Körperlänge ist genau richtig. Die sperrigen, abstehenden Haare biege ich leicht nach hinten, sie werden später vom Flügel sowieso nach unten gedrückt. Scheiden Sie diese Haare also nicht ab, sie sind wichtig für die Schwimmfähigkeit.
- Als Flügel verwende ich „The Sedge Wing“ in zwei verschiedenen Farbtönen, rotbraun und dunkelbraun. Ich schneide sie mit Hilfe einer selbst hergestellten Pappschablone und einer Schere aus dem Gewebe heraus.
- Das ausgeschnittene Stück wird in der Mitte gefaltet. Vor uns liegt jetzt ein Dachflügel, der sich kinderleicht einbinden lässt.
- Gut festbinden, sodass sich das Dach nicht verdreht und die Fliege womöglich „schräg daherkommt“. Noch ein Tipp: Schneiden Sie keine zu großen Flügel – das Vorfach verdrallt sonst gerne beim Wurf.
- Zum Abschluss hat die Sedge noch eine 1a-Hechel verdient. Ich verwende gerne eine Grizzlyhechel. Erstens erhalten wir eine gute Silhouette, und die Fische steigen gerne nach dieser diffusen Farbe.
- Wer häufig nach Schweden oder Norwegen fährt, sollte auch einige Muster mit schwarzen Hecheln vorrätig haben. So erhalten wir verblüffend echt aussehende Köcherfliegen – ihre Fängigkeit wird Sie überzeugen!
Tipps zum Fliegenfischen mit der Köcherfliege
- Fetten Sie die Fliege leicht ein, dies erhöht ihre Schwimmfähigkeit.
- Bieten Sie die Köcherfliegen-Imitation in der Dämmerung und nachts an, dann sind auch die meisten echten Köcherfliegen unterwegs.
- Verwenden Sie ein solides Vorfach, unter 0,18er müssen und sollten Sie nicht fischen. Die Bisse kommen hart!
- Köcherfliegen können auf der Wasseroberfläche laufen. Bewegen Sie Ihre Köcherfliege daher leicht mit kleinen Rucken.
- Am Ende der Drift lassen Sie die Fliege herumschwingen, bis die Leine gestreckt ist. Achtung: Oft erfolgt in dieser Phase ein Biß!