Mit der Fliege angelt man auf Salmoniden. Stimmt, aber nicht nur. Rudy van Duijnhoven fängt mit der Fliege gezielt Brassen am großen Fluss. Er nimmt Sie mit an einen Nebenfluss des Rheins und zeigt ihnen, wie man mit der edlen Technik dicke Brassen fängt
Zusammen mit meinen Angelkollegen Jan und Jos stehe ich am Warmwassereinlauf eines Elektrizitätswerkes. Hier wird Kühlwasser in die Merwede eingeleitet. Die Merwede ist ein Nebenfluss des Waal, der den südlichen Arm des Rheindeltas in den Niederlanden bildet. Brassen stehen heute auf dem Programm. Aber nicht mit der Feederrute oder der langen Unberingten. Wir wollen den Klodeckeln mit der Fliegenrute auf die Schuppen rücken. Auf Weißfische mit der Fliegenrute? Na klar, es müssen nicht immer edle Salmoniden aus klaren Gebirgsbächen sein. Wer jetzt die Nase rümpft, dem sei gesagt: Wenn man einmal einen großen Brassen im Fluss mit der Fliege gehakt hat und ihn aus der Strömung dirigieren muss, sind die Vorurteile schnell vergessen. Denn ein echter Klodeckel braucht im Drill den Vergleich mit einer Bach- oder Regenbogenforelle nicht zu scheuen.
Windiger Start
Wir starten mit Fliegenruten der Schnurklasse 3 bis 5, einer schwimmenden Schnur und einem etwa fünf Meter langen Vorfach. Allerdings herrscht heute starker Wind, und wir können den Köder nur auf kurze Entfernung anbieten. Zu kurz, die Bisse bleiben aus. Wir müssen weiter raus, und dazu bedarf es eines Gerätewechsels. Aus dem Auto holen wir unsere 6er Ruten, deren Rollen mit schnell sinkenden WF-Schnüren der Klasse 6 bestückt sind. Mit dieser Gerätezusammenstellung angle ich normalerweise mit Streamer auf Zander. Heute soll die Rute es mit den kräftigen Merwede-Brassen aufnehmen. Das 1,5 bis 2 Meter lange Vorfach besteht aus 0,18er Fluorocarbon. Daran knüpfe ich eine Bleikopf-Nymphe in der Größe 10.
Ich schnalle mir noch einen Schusskorb um. Der ist bei dieser Angelei äußert wichtig. Sonst würde beim Watenangeln die eingeholte Schnur unter Wasser sinken, und das kostet beim Werfen die entscheidenden Meter. Mit Hilfe eines Doppelzuges schaffen wir es, die Nymphen trotz des starken Windes immerhin 20 Meter weit hinaus zu befördern. Beim Absinken bekomme ich den ersten Biss.
Der Anhieb sitzt. Am Widerstand merke ich sofort, dass es sich um einen schönen Flussbrassen handeln muss. Nach kurzem Drill kann ich den Brassen im flachen Wasser mit der Hand landen. Auch bei meinen Kollegen sind die Ruten krumm. Da hat sich wohl ein größerer Brassenschwarm am Platz eingestellt. Jos scheint ein kapitales Exemplar gehakt zu haben, denn bei ihm dauert der Drill deutlich länger als bei Jan. Und wirklich, der Kämpfer entpuppt sich als 60er Brassen. Solche Fische an der Fliegenrute zu bändigen, ist ein echtes Erlebnis. Mittlerweile ist auch Alex dazugestoßen. Er versucht sein Glück mit einer Intermediate-Schnur und einem schnell sinkenden Vorfach. Wenn die Bisse ausbleiben, wechselt er die Muster und experimentiert so lange, bis er die Farbe gefunden hat, auf die die Brassen momentan stehen. Diese Taktik geht voll auf, und innerhalb kurzer Zeit hat er genau so viele Brassen auf seinem Fangkonto wie wir. Die meisten Bisse kommen beim Absinken der Nymphe. Das zeigt, dass sich die Fische nicht in Grundnähe aufhalten, sondern im Mittelwasser. Mit einer langsamen Köderführung können wir die besten Ergebnisse erzielen. Versuche mit einer schnell gezupften Nymphe bringen sehr viele Fehlbisse. Übrigens fangen wir nicht nur auf die schon beschrieben Bleikopf-Nymphen. Auch kleine Goldkopfnymphen und kleine Streamer bringen mehrere Brassen an den Haken. Versuchen Sie es doch mal mit der Fliege am großen Fluss. Ihr Mut wird bestimmt mit dicken Brassen und spannenden Drills belohnt.