Sie spielen mit dem Gedanken, einmal zum Fliegenfischen nach Norwegen zu fahren? Dafür müssen Sie nicht bis ans Nordkap reisen! Auch das Fliegenfischen in Südnorwegen ist eine unglaubliche Erfahrung, von Lachs bis Lippfisch ist hier alles möglich. Michael Werner hat mit seiner Familie die Region um Vest-Agder in Sörland bereist.
Fliegenfischen in Südnorwegen: Ideal für einen Familienurlaub
Seit über 30 Jahren reise ich nun nach Norwegen. Ich habe in jungen Jahren wochenlang im Zelt am Lachsfluss gehaust, bei hohem Wellengang auf große Dorsche und Heilbutt gefischt, bin mit der Fliegenrute durchs Unterholz und habe Seen und Flüsse mit Trockenfliege und Nymphe unsicher gemacht. Irgendwann wird man ruhiger, etwas zumindest, Frau und Kinder kommen im Leben hinzu und man ist gut beraten, wenn man Norwegen für sich neu entdeckt.
Lachsfischen mit der Familie? Problematisch. Lachsfischen ist nicht wirklich sozialkompatibel, zumindest dann nicht, wenn man seinen Jagdinstinkt nicht zu zügeln weiß. Großdorsch und Heilbutt, die wirklich guten Reviere liegen von Trondheim an nördlich, sind auch so ein Thema. Frauen und Kinder empfinden im Nordatlantik schaukelnde Boote als beängstigend bis „zum Kotzen“. Muss man mal in dieser Deutlichkeit gesagt haben.
Und das mit dem „ab durchs Unterholz“ ist auch nur etwas für Alleingänge. Man muss schon ein in der Wolle gefärbter Angler und Fliegenfischer sein, um das zu mögen. Ich für meinen Teil, und da zähle ich die Familie dazu, habe Norwegen neu entdeckt, eigentlich genau dort, wo auch ich irgendwann einmal angefangen habe: beim Fliegenfischen in Südnorwegen.
Südnorwegen ist schnell erreicht
Der große Vorteil an Südnorwegen: Es ist schnell zu erreichen und auch der Süden sieht schon richtig nach Norwegen aus! Der Kontrast zum Norden Dänemarks – hier starten die Fähren – ist beeindruckend. Dünen und Strandhafer auf der einen Seite, Felsen und Schären auf der anderen Seite. Man erkennt sofort, wo man ist: in Norwegen! Übrigens: Auch für Meeresangler ist Südnorwegen eine tolle Destination.
Ein weiterer großer Vorteil, wenn man zum Fliegenfischen nach Südnorwegen reist: Man muss nicht noch stundenlang mit dem Auto durchs Land gurken, um schöne Ecken zu finden. Bereits eine Stunde vom Fähranleger entfernt können Sie Norwegen erleben. Was gleichzeitig den Vorteil hat, dass Sie eine gute Infrastruktur in der Nähe haben. „Wollen wir ein bisschen in den Läden stöbern und ein Eis in Mandal essen?“ Schwuppsdiwubs ist man dort, die Familie ist glücklich, und Sie können mal schnell im Angelshop vorbeischauen.
Tipp: Schauen Sie sich interessiert die Lachsfliegen an! Nach wenigen Minuten werden Sie mit dem Verkäufer im Gespräch sein, werden erfahren, wie die Saison bislang gelaufen ist, wie es aktuell ausschaut – und dass Sie es doch auch mal versuchen sollten. Und das sollten Sie auch! Kaufen Sie vier, fünf Lachsfliegen und eine Tageskarte für den nächsten Tag, lassen Sie sich vom Verkäufer auf der Karte eine gute Stelle zeigen – und fahren Sie mit Ihrer Familie nach dem Eisessen an den Mandalselva, um einen kleinen Spaziergang zu machen. Am nächsten Morgen fahren Sie dann so früh los, dass Sie bei Sonnenaufgang am Fluss sind und fischen. Frühstück um 10 Uhr, Sie sind pünktlich zurück, bringen Brötchen mit – und vielleicht sogar einen fangfrischen Lachs. So in etwa lautet der Plan.
Viele Überraschungen am Meer
Kommen wir nun zum Meer. Klare Ansage: Mieten Sie unbedingt ein Haus mit Boot! Nicht zum Angeln, zumindest nicht nur. Man kann mit dem Boot auch zum nächsten Ort fahren, zum Beispiel zum Einkaufen, oder eine kleine Insel mit Badestrand und Grillplatz ansteuern. Die Küste Südnorwegens ist so strukturreich, dass es nur selten schauklig wird. Außer bei Sturm aus West. Dann sollte man auf die Bootstour verzichten. Ansonsten sind die Bootstouren an der Küste äußerst entspannt, man findet schnell eine windgeschützte, sonnige Ecke, an der sich die Familie wunderbar entspannen kann. Oder an der man zusammen fischt.
Der Nachteil, dass man hier meist „kleine Fische“ fängt, ist beim Fliegenfischen in Südnorwegen mit der Familie ein Vorteil. Die Fische sind, mit etwas Hilfe, auch für einen Einsteiger zu bewältigen, krumme Rute und aufregende Drills sind garantiert. Wobei wir über „klein“ reden müssen: Die Makrelen sind 20 bis 40 cm groß, kein Thema also, die Seelachse wiegen meist 1 bis 3 Kilo und bieten an einer leichten Rute bereits handfeste Drills. Da diese Fische im Freiwasser beißen, ist das jedoch kein Problem.
Die Pollacks jedoch können auch beim Fliegenfischen in Südnorwegen die 5-Kilo-Klasse knacken, und das sorgt an Boot für Gekreische, auch bei der Rollenbremse. Meiner Familie drücke ich für diese Fischerei Spinnruten (Wurfgewicht 40 bis 60 Gramm) in die Hand, kleine, 30 Gramm schwere Pilker mit Einzelhaken (verringert die Verletzungsgefahr, auch bei den Fischen!) und los kann es gehen.
Nutzen Sie die Abendstunden zum Fliegenfischen
Bei den Familientouren fische auch ich mit der Spinnrute, fahre aber nach dem Abendessen gerne nochmal eine Stunde raus und habe dann die Fliegenrute dabei. Abends ist für die Fliege eh die bessere Zeit. Also tuckere ich mit dem Boot an der Kante entlang und beobachte die Wasseroberfläche – oft sieht man Fische an der Oberfläche rauben! Die Fischerei auf diese Räuber ist denkbar einfach: Gas geben, 30 Meter vor den raubenden Fischen den Motor ausschalten. Während das Boot geräuschlos auf das Geschehen zutreibt, den Streamer an den Rand des Getümmels werfen. Rutenspitze runter, schnell strippen, zack!
Im Sommer sind es meist Makrelen, die den Streamer nehmen, doch auch Seelachse mischen gerne die Jungfische auf. Und manchmal erwischt man einen anderen Raubfisch: Meerforelle, Wolfsbarsch, Lachs, alles ist möglich.
Rauben keine Fische an der Oberfläche, klappere ich die kleinen Buchten ab und befische vom treibenden Boot zum Ufer hin. Mal beißt ein grimmig blickender Pollack, mal eine silberne Meerforelle, mal ein farbenfroher Lippfisch. Langweilig wird’s nie – und so soll es im Urlaub schließlich sein …
Gerät zum Fliegenfischen in Südnorwegen
- Rute: Mit einer Fliegenrute der Klasse 7 oder 8 kommt man an der Küste und auch am Mandalselva gut klar, wobei am Lachsfluss eine leichte Zweihandrute von Vorteil ist.
- Rolle/Schnur: Eine 7/8er Rolle mit Backing plus Schwimmschnur, dazu einige Polyleader (Intermediate und Fast Sinking). Intermediate ist gut am Lachsfluss und auf Oberflächenräuber im Meer. Das Fast Sinking-Vorfach brauchen Sie am Lachsfluss bei hohem Wasser oder wenn Sie im Meer die Kanten abfischen möchten.
- Fliegen: Lachsfliegen mit schwarzen Schwingen fangen beim Fliegenfischen in Südnorwegen immer. Je flacher und wärmer das Wasser ist, desto kleiner sollte die Fliege sein (Doppelhakenmuster, Größe 6, sind ein guter Standard). Bei hohem Wasserstand und in der Dunkelheit sollten Sie größere Fliegen fischen, Tubenfliegen mit 6 bis 8 cm Länge. Beim Meeresangeln können Sie, salopp gesagt, Ihre Fliegenboxen entrümpeln! Makrelen beißen super auf Nymphen, vor allem Goldkopfnymphen fangen extrem gut. Binderische Fehlversuche nehmen diese Fische nicht übel. Für alle anderen Fische eignen sich Garnelen-Imitationen und ca. 5 cm lange Fischchen-Streamer gut. Sie haben Meerforellenfliegen? Einpacken!
- Vorfach: Unter 0,35 mm sollten Sie nicht fischen, weder am Mandalselva noch im Meer.
- Weitere Ausrüstung: Spinnrute für die Familienfischerei, 270 cm lang, WG 40 bis 60 Gramm. Stabile Stationärrolle mit 0,35er Monofil (das gibt seltener Schnursalat als mit geflochtener Schnur). Dazu einige solide Karabinerwirbel (Søvik-Wirbel sind meine erste Wahl) und kleine Pilker (20 bis 40 Gramm). Diese rüste ich mit Einzelhaken aus (Gamakatsu, Modell LS-3423F), das erleichtert das Zurücksetzen untermaßiger Fische und vermindert die Verletzungsgefahr an Bord enorm.
Saison und Angellizenzen
- Saison: Im Meer ganzjährig, die Saison am Mandalselva geht vom 1. Juni bis 15. September.
- Unterkunft: Wir haben damals in der Anlage „Hausvik Maritime“ bei Lyngdal gewohnt. Die Anlage wird vom deutschen Paar Christin und Bastian geführt (Bastian ist Angler!) und ist strategisch gut gelegen. Die Boote der Anlage liegen in einer geschützten Bucht, Bastian füllt jeden Abend die Tanks, es gibt Seekarten, Schwimmwesten – und eine kleine Insel mit Grillplatz und Badestrand, nur wenige Bootsminuten vom Hafen entfernt. Der Ort Lyngdal mit mehreren Supermärkten und Shopping-Möglichkeiten ist etwa 20 Autominuten entfernt, der Ort Mandal und der Lachsfluss Mandalselva rund 60 Autominuten.
- Lizenzen: Das Angeln im Meer ist frei. Alle Infos zum Lachsfischen am Mandalselva (Kartenausgabestellen, Preise, Abschnitte…) finden Sie unter folgender Adresse:
www.lakseelver.no