Der Winter ist vorbei – endlich ist Fliegenfischerzeit! Gerade April und Mai zählen zu den spannendsten Monaten des Jahres: Die Frühjahrs-Schlupfzeit ist in vollem Gange, und die ersten starken Insekten treiben übers Wasser – allen voran Ecdyonurus venosus, auch bekannt als Late March Brown oder „späte Märzbraune“.
Die Late March Brown
Bereits im 15. Jahrhundert fiel britischen Anglern diese große, braun gesprenkelte Fliege auf – und seither findet man sie immer wieder in der Literatur. Und auch heute gehört sie in jede gut sortierte Fliegendose. Die Familie der Märzbraunen zählt zu den Heptageniidae, einer bedeutenden Gruppe innerhalb der Eintagsfliegen. In Europa umfasst sie fünf Gattungen mit etwa 50 Arten, darunter Ecdyonurus, Heptagenia, Electrogena, Rhitrogena und Epeorus. Letztere ist als einzige mit nur zwei Schwanzfäden ausgestattet – alle anderen zeigen im Larvenstadium drei.
Die Larven leben als sogenannte „Stone Clingers“ am Flussgrund: flach gebaut, mit großen Köpfen und kräftigen Beinen, perfekt angepasst an schnell strömende, sauerstoffreiche Flüsse. Ihre Tracheenplatten verraten den hohen Sauerstoffbedarf – ein klares Zeichen für ihre bevorzugten Lebensräume: kalte, strömungsreiche Gewässer bis auf Höhenlagen von 2.000 Metern.
Wie kleine Segelboote im Wind
Kommt die Zeit der Emergenz, verlassen die Larven die Hauptströmung und wandern in flachere Uferzonen oder an Hindernisse im Wasser. Dort beginnt die Verwandlung. Oft startet das subimaginale Insekt seinen Aufstieg noch ehe die Flügel vollständig getrocknet sind – mit teils unbeholfenen Flugversuchen. Immer wieder landen sie auf dem Wasser, treiben ab wie kleine Segelboote, begleitet von auffälligem Flügelschlagen. Genau das triggert unsere Salmoniden!
Der Schlupf verläuft selten massenhaft, meist treten die Insekten einzeln auf – aber ihre Bewegung auf dem Wasser ist extrem verführerisch. Besonders im Frühjahr und Herbst kann man sie beobachten. Andere Familienmitglieder treten auch im Hochsommer auf, doch die späte Märzbraune hat ihre Schwerpunkte im Frühling – und genau jetzt!
„Und dann explodiert das Wasser…“
So beschreibt Roman Moser einen Moment, der vielen Fliegenfischern vertraut ist: Eine Fliege treibt an der Oberfläche, ein Strudel reißt sie weg – war’s der Fisch oder nur eine Turbulenz? Ein vorsichtiger Anhieb, der Vollkontakt. Die Rainbow schießt los, springt, reißt Leine von der Rolle. Im Strom, zwischen Steinen und Algen, beginnt ein Kampf, bei dem man oft das Nachsehen hat.
Widerhakenlos, mit feinem Vorfach und knapper Verbindung bleibt die Spannung bis zuletzt. Mal mit Happy End – mal nicht. Doch genau das ist es, was Frühjahrsfischerei ausmacht: selektive, lernfähige Fische, feinste Präsentation und pure Herausforderung.
Bild: A.Pesendorfer/R. Moser
Wie kleine Segelboote treiben die Märzbrauen beim Schlupf auf der Oberfläche und die Abbildung dieser Imitationen lässt bereits erahnen, wie fängig sie sind.
Die Gelben sind nicht so gefragt
Neben der späten Märzbraunen gibt es weitere Vertreter der Heptageniiden am Wasser – zum Beispiel Heptagenia sulfurea, die mit ihrer schwefelgelben Farbe oft weniger Bissfreude auslöst. Vermutlich liegt es an ihrem seltenen Auftreten. Nur bei hohem Aufkommen scheint der Impuls stark genug, um auch die wählerischen Forellen zu überzeugen.
Die klassische Rhitrogena germanica, die eigentliche Märzbraune mit dem hellen Mittelfleck, ist nur selten anzutreffen – wird aber gerne mit der „falschen“ Märzbraunen verwechselt. Für die Fische scheint das keine große Rolle zu spielen. Entscheidend sind Silhouette, Farbspiel und Bewegung – egal, ob es sich um einen Red Spinner, eine Olive oder eine hellbraune Variante handelt.
In einigen Wochen kommen die Giganten
In wenigen Wochen, im Wonnemonat Mai, sind die wahren Giganten unter den Eintagsfliegen am Wasser anzutreffen. Da kann man dann Selektivität pur erleben. kommen die großen Maifliegen, doch schon jetzt – im April – wird die Grundlage gelegt. Wer die Late March Brown fischen kann, hat ein echtes Ass im Ärmel.
Und auch wer mit Mayfly-Nymphen arbeitet, wird Erfolg haben – gerade in tiefen Rinnen, wo die Fische stehen, wenn die Oberflächenaktion zögerlich beginnt.
Der Frühling ist zurück – und mit ihm das Fliegenfischen in seiner schönsten Form.