In zahlreichen Angelmagazinen und in Online-Beiträgen lesen Sie, wie Sie Meerforellen in der Ostsee fangen können. Dieses wunderbare Revier und die faszinierende Fischerei ziehen mehr und mehr Spinn- und Fliegenfischer in ihren Bann – verständlich. Doch sind es irgendwann zu viele Angler für den Meerforellen-Bestand? Gibt die Ostsee überhaupt so viel Fisch her?
Bei mir selbst habe ich besonders in den ersten Jahren, in denen ich wirklich intensiv an der Küste fischte, eine steile Lernkurve bemerkt. Vor allem geht es am Meer darum, zu verstehen, wann sich unser Zielfisch wo aufhält und wie er sich dabei verhält. Das Wissen über das komplexe Verhalten der Meerforelle ist der Schlüssel zu planbar besseren Fängen, die sich dann auch einstellten – doch bei all der Optimierung blieb eine Frage stets ungestellt: Kann der Meerforellen-Bestand einen dauerhaft hohen Angeldruck immer besser informierter Angler überhaupt tragen?
Meerforellen-Bestand: Keine Daten aus der Wissenschaft
In den vergangenen Jahren schlich sich bei nicht wenigen Meerforellenfischern das Gefühl ein, dass der Meerforellen-Bestand nicht mehr das ist, was er einmal war. Harte Daten aus der Wissenschaft sind rar und die, die es gibt, sind mit großen Unsicherheiten behaftet. Eine realistische Abschätzung des Meerforellen-Bestandes der Ostsee ist meiner Ansicht nach nicht machbar und zur Abschätzung von Entwicklungen an bestimmten Orten (z.B. Deutsche Ostseeküste) auch gar nicht sinnvoll.
Wir müssen vielmehr unterscheiden zwischen Trends bei lokalen Populationen und der Entwicklung des Gesamtbestandes. Bei dem Aufkommen der Meerforelle in der Ostsee handelt es sich nämlich um zahlreiche Populationen, die sich lokal vermehren, deren Fische jedoch teilweise die gesamte Ostsee als Lebensraum nutzen.
Meerforellen legen weite Strecken zurück
Richtig gelesen: die Forelle aus einem Bach in Mecklenburg-Vorpommern schwimmt nicht nur vor Rügen herum, sondern bis nach Nord-Dänemark und auch an die schwedische Küste. Diese Erkenntnis ist tatsächlich recht neu. Dänische Forscher haben anhand von genetischen Analysen bewiesen, dass altes Lehrbuch-Wissen („Die Meerforelle bewegt sich in einem Radius von 50 Kilometern um ihr Laichgewässer“) schlicht falsch ist!
Die Arbeit der DTU Aqua ist so interessant, dass ich ihr in einer späteren Ausgabe von FliegenFischen einen Artikel widmen möchte. Vorerst muss man sich nur merken, dass insbesondere blanke Meerforellen extrem weite Strecken auf der Futtersuche in der Ostsee zurücklegen.
Was ist ein guter Gradmesser für den Meerforellen-Bestand?
Abzuschätzen, wie sich sämtliche Populationen entwickeln und entwickelt haben, ist so extrem schwer. Vor allem, wenn der Angler nur seine Fänge im Frühjahr betrachtet. Doch meiner Meinung nach gibt es Indizien, welche Aussagen über einige Entwicklungen möglich machen.
Ein guter Gradmesser, der zudem einigermaßen gut zu kontrollieren ist, sind die Aufstiegszahlen und -größen der Elternfische. Auch mit der Angel lässt sich unter Umständen bei hohem Aufwand (sehr vielen Angeltagen) im Frühjahr feststellen, wie sich der lokale Meerforellen-Bestand entwickelt. Wir Fischer lieben und schätzen ja die großen Blankfische ganz besonders. Doch weder die, noch die Grönländer geben zuverlässig Auskunft darüber, in welchem Zustand der Bestand an der eigenen Küste aussieht.
Da vor allem die blanken, nicht am Laichgeschäft teilnehmenden Forellen weite Strecken im Meer zurücklegen, sagt die 65er Meerforelle, die am Brodtener Ufer gefangen wird, nichts über den Meerforellenbestand in der Trave aus. Dennoch können wir anhand unserer Fänge einen Eindruck über den Bestand erlangen. Nämlich anhand der Absteiger im Frühjahr und, wenngleich weniger aussagekräftig, anhand der gefärbten Fische im Herbst.
Weiterlesen? Die ganze Analyse gibt es in FliegenFischen!
Noch viel mehr über die Bestandsentwicklung der Meerforelle finden Sie im Bericht „Mehr Angler, weniger Fische?“ in Heft 4/2021