Manfred Raguse könnte man als „Mr. Orvis“ bezeichnen: Mehr als 25 Jahre lang war er für die amerikanische Fliegenfischer-Firma tätig. Doch nun hat sich der Hamburger von seiner langjährigen Tätigkeit pensionieren lassen. Er möchte sich künftig seinem Reiseunternehmen für Fliegenfischer, dem International Flyfishers Club, widmen. Außerdem betreut er noch die aktiven Fulling Mill-Händler.
Wie kam Manfred Raguse zu Orvis?
Die Verbindung des hanseatischen Kaufmanns zur weltweit agierenden Fliegenfischermarke Orvis kam eher zufällig. Die Amerikaner wurden auf den von Manfred Raguse gegründeten Norwegian Flyfishers Club (NFC) aufmerksam, der mittlerweile so bekannt geworden war, dass sich die Orvis-Bosse auf den Weg nach Norwegen zum Lachsangeln an die Gaula begaben. Man war sich von Anfang an sympathisch und nach vielen Gesprächen, auch im Hauptquartier von Orvis in Vermont, begann Anfang Januar 1998 die Zusammenarbeit.
Zuerst war Manfred für die Betreuung der Fachhändler in den Ländern Deutschland, Österreich, der Schweiz und Luxemburg verantwortlich. Später kam ganz Zentral-Europa hinzu, ebenso wie Dänemark und Teile Spaniens. Ein Jahr nach Beginn der Arbeit für Orvis gründete Manfred Raguse noch den International Flyfishers Club, der Angelreisen für Fliegenfischer nach Norwegen, Russland oder Island und in so exotische Regionen wie Chile, Bolivien, die Mongolei und Patagonien anbietet. Den NFC verkaufte Manfred 2012 an die norwegische Familie Arneberg, und das nach mehr als 25 Jahren Aufbauarbeit.
Wie geht es weiter mit Orvis?
Seit über 12 Jahren ist Thies Reimers als Manfreds Assistent beim International Flyfishers Club angestellt und unterstützte ihn in allen Einsatzbereichen. Thies ist ein Vollblutangler und ein exzellenter Mitarbeiter. Manfred und er sind der Auffassung, dass es die beste Lösung für Orvis wäre, wenn Thies zu gegebener Zeit Manfreds Nachfolge bei Orvis antritt.
Aus diesem Grund bat Manfred Raguse im April 2022 um seine Pensionierung bei Orvis. Er schlug Thies als seinen Nachfolger vor. Die Vorteile einer solchen Lösung waren offensichtlich: Thies hatte eine formale Lehre bei Flyfishing Europe abgeschlossen und war danach bereits seit über 12 Jahren mit Orvis eingearbeitet und bei den Orvis-Händlern bekannt und beliebt. Doch die Orvis-Führung hat andere Pläne. Sie will einen Orvis-Distributor in Frankreich etablieren, der die Produkte dann in der EU verteilt.
Da der Brexit den Vertriebsweg aus den USA über England in die EU entscheidend kompliziert hat, verspricht man sich im Orvis Export-Management wohl eine Vereinfachung der nach dem Brexit besonders arbeitsintensiven Situation. Manfred und Thies hatten hart gearbeitet, um die Folgen des Brexit abzufangen, denn in den Anfangsmonaten klappten keine geordneten Lieferwege aus den USA oder England nach „good old Germany“. All diese Folgen wurden von Manfred und Thies in Zusammenarbeit mit den Orvis Händlern „ausgebügelt“, wie Manfred schmunzelnd erzählt.
Auch interessant
Manfred Raguse blickt auf gute Zusammenarbeit zurück
Und wie war die Zusammenarbeit all die Jahre mit Orvis, einer amerikanischen Firma? Es war eine besondere Chance für Manfred, an den Strategien eines im Bereich der Fliegenfischerei führenden Unternehmens teilzuhaben. Auf den zahlreichen Dienstreisen in die USA konnte er auf vielen Schulungen und Veranstaltungen als einziger Festlands-Europäer (welch ein Privileg!) zusammen mit Kollegen aus der englischen Administration für seine Arbeit in Europa unglaublich viel lernen.
Aber da auch jedes Treffen in den USA mit exzellenter Fischerei an den unterschiedlichsten Destinationen (vom Battenkill in Vermont, über Marthas Vineyard bis zum Delaware River, New Orleans oder dem Gulf of Mexico) verbunden war, konnte er auch seinen fischereilichen Horizont entsprechend erweitern. Später wurden dann wichtige Orvis-Aktivitäten nach England verlegt. Hier hatte Orvis in Andower/Hampshire ein großes Distributionszentrum für die Verteilung der Produkte in Europa aufgebaut. Manfred Raguse nahm an allen europäischen Händlertreffen teil. In den letzten Jahren begleitete ihn Thies. Für beide waren diese Treffen waren nicht nur lehrreich und geschäftlich produktiv, sowie durch die persönlichen Kontakte bereichernd. Sie waren ebenfalls immer mit interessanter Fischerei an den Orvis-eigenen Strecken an den klassischen Kreideflüssen Test und Itchen verbunden.
Er wird immer Teil der Familie bleiben
Manfreds Bitte um Pensionierung von seiner Tätigkeit für Orvis wurde vom Management zum 31. Juli 2022 akzeptiert und mit einer wohlwollenden Abschiedsregelung begleitet. Ihn erreichten zahlreiche gute Wünsche von seinen internationalen Kollegen, dem Management und den Eigentümern von Orvis. Neben dem besonderen Dank für seine über 25-jährige erfolgreiche Tätigkeit als „Regional Business Manager (RBM) für Zentraleuropa“ freute ihn ganz besonders die Zusicherung vom Orvis-Management, dass er immer zur Familie gehören wird.
Doch wie beurteilt er die Entscheidung, Thies nicht als seinen Nachfolger zu ernennen? Manfred äußert sich diplomatisch: „Manche Kollegen in den USA sehen die Welt und Europa durch ihre große weltweite Brille,dabei kann es mitunter auch passieren, dass wichtige Details übersehen werden. Ich habe wenig Zweifel, dass Thies, wenn er die bewährte Arbeit fortgeführt hätte, von großem Wert für Orvis gewesen wäre. Ich hoffe darauf, dass sich diese Erkenntnis doch noch irgendwann durchsetzt.“
Manfred Raguse fürchtet keine Langeweile im Ruhestand
Doch auch ohne die Firma Orvis hat Manfred im Ruhestand keine Langeweile. Er betreibt weiterhin den 1999 von ihm gegründeten International Flyfishers Club (IFC). Hier hat er sich den Markennamen beim deutschen und auch beim europäischen Patentamt gesichert. Der IFC bekam während der Corona-Monate eine neue Webseite, bei deren Erstellung Thies federführend war. Es werden internationale Fliegenfischer-Destinationen angeboten. Dabei geht es um wohlerprobte Reiseziele (keine Experimente!) mit hoher Qualität, für die Manfred aufgrund seiner langjährigen Kontakte zu den Veranstaltern vor Ort oft besonders günstige Preise anbieten kann.
Es gilt der Grundsatz, dass die Fischerei nie mehr kostet, als wenn der Fischer direkt beim Reiseveranstalter bucht. In den letzten Jahren erweist sich Kuba immer mehr als ein sehr attraktives Reiseland für Fliegenfischer, die beim IFC buchen. Es wird auf komfortablen Mutterschiffen gewohnt, von denen dann 5-6 Guides mit kleinen Skiffs in riesige geschützte Fischereigebiete ausschwärmen und jeden Tag in neuen, ungefischten Revieren eine paradiesische Fischerei genießen.
Mehr Zeit für die Lachsfischerei in Norwegen
Manfred lebt wie eh und je während der Lachssaison in Norwegen an der Gaula. Er ist hier der Ansprechpartner für die Lachsfischerei an den Strecken des Norwegian Flyfishers Club. Außerdem hat er selbst wieder die Strecke für die nächsten Jahre gepachtet, an der er damals an der Gaula angefangen hat (inkl. dem berühmten Bridge Pool). Persönlich liegt ihm die alljährliche Lachsfischerei in Norwegen an der Gaula und in Schweden seit jeher ganz besonders am Herzen. Deshalb engagiert er sich seit auch seit Jahrzehnten im Lachsschutz. Als langjähriges Gründungs- und Vorstandsmitglied der Lachs- und Meerforellensozietät und der Nachfolgeorganisation „Wanderfische ohne Grenzen“ e.V./ NASF Deutschland möchte er dazu beitragen, die atlantischen Wildlachsbestände zu schützen.
Außerdem ist der Cosmopolit seit Jahren Repräsentant für die Fliegen von Fulling Mill. Die englische Firma vertreibt nicht nur fertige Fliegen, sondern seit kurzem auch Bindematerial für höchste Ansprüche. Ein weiteres Steckenpferd ist Manfreds Vorliebe für gespließte Ruten. Schon während seiner Studienzeit hatte er antikes Angelgerät gesammelt und weiterverkauft. Dies möchte er nun im Ruhestand wieder neu aufleben lassen.