Obwohl es noch recht früh am Morgen ist, steht die Sonne an diesem strahlenden Sommertag schon sehr hoch am Himmel. Bei der schwülen Luft in Wassernähe hat selbst die geringste körperliche Anstrengung einen veritablen Schweißausbruch zur Folge, und viele Kollegen haben bereits wieder eingepackt. Für die von ihnen begehrten Schleien ist es wohl wirklich schon zu spät, aber ich bin ja auch auf eine andere Spezies aus. Die quirligen Karauschen des kleinen Teiches, an dem ich mich eingerichtet habe, sind mein Ziel,
…sie und alles, was ich mit ihnen verbinde: viele Fische, spritzige Drills und tolle Bilder, wenn, wenn ihr feines Schuppenkleid dicht unter der Oberfläche ins Sonnenlicht eintaucht und wie flüssiges Gold erscheint, erkaltet erst nach erloschener Gegenwehr in den Maschen des Keschers.Nun sind sie zwar nicht so selten wie das helle Edelmetall, gleichwohl ist es alles andere als leicht, ihrer habhaft zu werden. Ihr vorsichtiges Beißverhalten gleicht nicht selten dem der mißtrauischen Schleie, und auch bei erst spätem Anschlag hängen viele Fische nur ganz knapp in der Oberlippe. Feines Gerät ist also angebracht, und als Bißanzeige spielt die sensibel ausgebleite Pose hier all ihre Stärken aus. Als passendes Angelgerät schlage ich Ihnen eine 12-13 ft. Matchrute mit kleiner High-Speed-Rolle, 0.16er Hauptschnur mit 0.14er Vorfach, feine englische Posen vom Typ bodied oder insert waggler und dünndrähtige Haken der Größe 14 oder besser noch 16 vor (letzterer paßt optimal zu meinem favorisierten Köder: einem einzelnen Maiskorn). An meinen Karauschentagen hat sich schnell ein Köder als besser im Vergleich zu allen anderen herauskristallisiert: der gute alte Mais, hakenfertig in den Dosen aus dem Supermarkt geliefert. Sein Vorteil: er fängt nicht so viel unerwünschten Beifang wie etwa Maden, hält gut am Haken und ist in den karauschentypisch trüben Kleingewässern, auf die wir unser Hauptaugenmerk richten sollten, gut zu sehen. Neben einem süsslichen und gut durchfeuchteten Anfutter eignet er sich auch vortrefflich als loose feed, weil er nicht so stark sättigt wie ersteres und die flinken Kraftpakete länger auf der Angelstelle hält. Er eignet sich auch gut zum losen Einstreuen über der Futterstelle. Das Hauptkontingent meines Futters, eine simple Panier- und Bisquitmehlmischung, aufgewertet mit mit ein wenig Zimt, Karamel und Spekulatiusgewürz, werfe ich bereits zu Beginn des Angelns ein und schieße anschließend nur noch Mais solo zum Angelplatz, um zum einen die Fische nicht vorschnell zu sättigen, zum anderen die fressenden Fische nicht durch einschlagende Futterballen zu beunruhigen. Von dem nicht gerade draufgängerischen Beißverhalten der goldenen Kraftpakete war bereits die Rede.Darauf müssen wir natürlich unsere Monage abstimmen. Die Hauptmasse der benutzten Bleischrote sollte trotz der Tatsache, daß wir die Fische am Grund beangeln, um den Posenfuß gruppiert werden. So bieten wir den Köder natürlich und unauffällig an. Das Vorfach bleibt gänzlich von Blei ganz verschont, erst auf dem folgenden Meter werden einige kleine Schrote (Nr. 8 bis Nr. 6) verteilt, um den Schwimmer bis auf etwa 1,5 cm seiner Antennenspitze abzusenken. Um auch bei dieser Bleianordnung eine gute Bißanzeige zu gewährleisten, darf das Vorfach nicht zu lang gewählt werden: mehr als 20 cm sollten es nicht sein. Es versteht sich von selbst, eine solche nicht ganz verwicklungsunanfällige Montage stets nur mit leichtem Schwung auszuwerfen und das Ganze vor dem Auftreffen auf der Wasserfläche mit dem Zeigefinger am Spulenrand sachte abzubremsen. Eingestellt wird das Setup so, daß der Köder etwa 5 cm über Grund schwebt, weil unserem Zielfisch dann die Köderaufnahme leichter fällt als bei einem auf Grund Vorfach. Zudem erhalten wir so eine eindeutigere Bißanzeige. Trotzdem darf man nicht darauf verfallen, bei jedem Zucken der Pose direkt anzuschlagen. Die Goldschupper sind nämlich wahre Meister darin, mit unserem Köder, sei es nun Mais oder etwas anderes, „Schlitten zu fahren“. Dabei dauert es einfach eine gewisse Zeit dauert, bis sie ihn „anschlagfähig“ aufgenommen haben. Hat sich erst einmal ein Schwarm auf unserem Angelplatz eingefunden, setzt häufig eine gute Beißerei ein, und mit ein wenig Geschick kann man oft mehrere Fische dicht hintereinander keschern. Indes kann es auch hier zu Beißpausen kommen, während derer es bis bezahlt machen kann, wenn man die Fische „ärgert“.Darunter verstehen meine Freunde und ich das kurze, aber sanfte Heranziehen der Montage in Intervallen von einer halben Minute. Nachfüttern in einer Beißflaute ist dagegen nicht besonders ratsam, weil man hierdurch oft nur ein vollständiges Versiegen der Bisse und die Flucht der verbliebenen Fische erreicht. Wer mehrere Karauschen hintereinander fangen will, muß Wert darauf legen, den gehakten Fisch so schnell wie möglich vom Schwarm weg zu dirigieren, was trotz feinen Geräts, etwas Fingerspitzengefühl vorausgesetzt, gut gelingt, indem man die federnde Matchrute sehr hoch hält und den Fisch so rasch ermüdet. © by Martin Weisbrodt 2001