„Na, schon wat’ gefangen?“ – „Tut mir Leid, ich kann gerade nicht, die Wasservögel machen sich über mein Grundfutter her …“ – als Angler an Parkseen braucht man dehnbare Nerven und eine gewisse Gesprächsbereitschaft mit Spaziergängern. Nichtsdestotrotz liebt Thies Jacobsen urbanes Angeln im Winter – es ist kurzweilig und effektiver, als ihr vielleicht denkt!
Im Winter ist man am Parksee oft allein
Die erste Sorge kann ich euch schnell nehmen: Gerade bei schlechtem Wetter, wie wir es jetzt im Winter ja häufig genug haben, habt ihr auch an Parkseen eure Ruhe vor nervigen Passanten. Sogar mitten in Städten sitzt man in der kalten Jahreszeit häufig alleine am See. Insbesondere für schnelle, spontane Instant-Nächte fahre ich gerne an einen nahe gelegenen Parksee.
Mein Lieblingsgewässer ist ein 12 Hektar großer Parksee mit einem guten Fischbestand. Ich wette, ihr habt einen ähnlichen See bei euch um die Ecke. Um den See herum führt ein Schotterweg, die verschiedenen Angelstellen sind also gut zu erreichen. Entlang des Ufers säumen sich außerdem Bäume und Schilfgürtel. Von wegen triste Atmosphäre, hier angelt das Auge mit! Die Wassertiefe liegt bei 2 bis 2,5 Meter und durch den See fließt ein Bach, der für einen guten Wasseraustausch sorgt. Die Nutzung eines Bootes wäre erlaubt, ist aber unnötig. Auch eine Wathose oder Watstiefel sind überflüssig, da ich wunderbar vom Ufer aus drillen und keschern kann. Das spart Gepäck und macht Kurzansitze so deutlich entspannter.
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Distanz zu anderen Anglern: Jeder Zentimeter kann den Unterschied ausmachen
Alles was ich zum Angeln am Parksee brauche, passt auf einen Trolley. So komme ich schnell vom Parkplatz zum See und kann außerdem auch Stellen erreichen, die etwas weiter weg liegen. Diese Plätze mag ich nämlich besonders gerne: Hier ist nicht so viel los und ich kann meist sicher sein, dass dort kein anderer Angler sitzt.
„Andere Angler“ sind zwei gute Stichwörter und bringen uns zur Spotsuche. Ich versuche meine Montagen immer weiter draußen zu platzieren als die örtlichen Raubfisch- und Aalangler. Dann kann ich sicher sein, dass die Karpfen nicht von den Schnüren, Montagen oder Kunstködern vertrieben werden. Um einen Platz außerhalb der Wurfweite der anderen Angler zu finden, verwende ich eine Markerrute. Bereits kleinste Unterschiede in der Tiefenstruktur können an Parkseen echte Hotspots sein: Zwei meiner Ruten lege ich meist auf einer Fläche von 30 mal 40 Meter ab, auf der der See etwa 20 Zentimeter tiefer ist. Ein absoluter Hotspot! Habe ich den Platz mit dem Marker gefunden, verwende ich Distance Sticks, um die Wurfweite auf meine anderen Ruten zu übertragen und den Hotspot immer wieder genau zu treffen. Meine dritte Rute platziere ich als „Joker-Rute“ etwas abseits der anderen Montagen.
Nach dem Auswerfen lasse ich die Schnur absacken, hänge die Bobbins ein und knote einen Stopperknoten (alternativ Marker Elastic) auf die Schnur vor den Rollenclip. Warum? Na um Zeit zu sparen! Nach einem Biss werfe ich die Montage ohne Haken weit aus. Am Stopperknoten clippe ich die Schnur in den Rollenclip. Dann muss ich die Montage mit Haken nur noch in Richtung meines Platzes werfen und der Köder landet garantiert auf der richtigen Entfernung. Das lästige Abmessen mit den Distance Sticks kann ich mir sparen.
Blick nach oben bei der Spotwahl – Sonst könnt ihr nicht gut füttern
Um auf die Distanz ohne Boot punktgenau füttern zu können, verwende ich eine Spomb und ein Boiliewurfrohr. Das funktioniert an meinem Gewässer wunderbar, da ich trotz der Bäume genug Platz habe, um kraftvoll auszuwerfen. Achtet bei der Platzwahl darauf! Als Futter kommt ein Mix aus gecutteten und gecrushten Boilies zum Einsatz. Meine Lieblingsboilies im Winter sind Pinenut und Scopex+ Boilies von Selfmade Baits. Den besonderen Pepp gebe ich dem Futter mit etwas Stickmix und Liquid in derselben Geschmacksrichtung. Ein ganz heißer Tipp sind außerdem Dosenmais und Maden! Den süßen Körnern und krabbeligen Tierchen kann kaum ein Karpfen widerstehen.
Eine wichtige Regel beim Füttern im Winter: Übertreibt es nicht! Einige wenige Spombs und dazu ein paar einzelne Boilies rund um den Spot reichen vollkommen aus. Natürlich lockt dieses attraktive Futter im kleinen Parksee auch die vielen Brassen an. Aber seien wir mal ehrlich: Im Winter sind wir über jeden Fischkontakt froh, auch wenn letztendlich „nur“ ein Schleimmonster am Haken hängt. Solange es nicht zu viele werden, versteht sich.Als Hakenköder verwende ich zur Geschmacksrichtung des Futters passende Wafter und grelle Pop Ups.
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Schwere Ruten, kleine Zelte – am Parksee ergibt das Sinn
Am Parksee verwende ich eine 12 ft, 3,5lbs-Rute. „Am Parksee?! Vollkommen übertrieben!“ werden jetzt einige von euch denken. Vergesst nicht: An meinem Gewässer muss ich die Montagen wirklich weit werfen, da benötigt die Rute einiges an Rückgrat. Eine robuste Marker- und Spotrute komplettiert das Ruten- Quartett. Als Ablage verwende ich ein Rod Pod. Der Vorteil: Ich muss keine Banksticks in den Boden prügeln und außerdem sieht das Ganze auch noch verdammt schick aus. Meine Rollen bespule ich mit einer 0,37er Mono, die speziell zum Werfen entwickelt wurde. Wichtig ist außerdem, dass sie zuverlässig absinkt.
Hinter einem etwa 75 Zentimeter langen bleifreien Leader montiere ich einen echten Wurfangel-Klassiker: das Helikopter-Rig. Egal mit welcher Kraft ich die Montage hinaus katapultiere, hier verheddert sich nichts. 85 Gramm Blei reichen aus. Um auf Weite zu kommen, verwende ich tropfenförmige Gewichte. Mein Rig am Heli-„Seitenarm“ ist ein D-Rig oder German Rig. Ich binde es eher kurz, sodass sich der träge fressende Fisch schnell hakt. Ein letztes wichtiges Detail zum Tackle: Nehmt ein kleines Zelt mit, am Parksee ist der Platz für euer Camp meist begrenzt.
Biss zum ersten Biss dauert es nicht lange …
Meinen Trolley belade ich meist schon am späten Nachmittag, um bis zum Beginn der Dämmerung alle Köder platzieren zu können. Meist klappt das auch recht gut, gerade jetzt im Winter sind die Plätze selten von anderen Anglern besetzt. Kaum ist die letzte Rute ausgeworfen, einige Spombs und Einzelboilies um die Plätze verteilt, beginnt es meistens auch schon hier und da das erste Mal zaghaft zu piepen. Dann dauert es auch nicht mehr lange bis zum Vollrun! Sicher geht das schneller, wenn der Fischbestand gut ist, darauf solltet ihr achten.
Ich liebe diese Art der Angelei. Unbeschwert wie in den erstem Jahren als Jungangler genieße ich die Stunden am Wasser und habe einfach eine schöne Zeit. Und die wünsche ich euch auch. Bringt den Winter erfolgreich hinter euch, macht euch warme Gedanken an sommerliche Sessions, aus denen ihr hoffentlich schnell von einem Run herausgerissen werdet.
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