Die 4 besten Karpfenköder

Karpfenköder Nummer vier: Kartoffel

(von Hartmuth Geck)

Wenn mein Großvater nach Kriegsende einen Karpfenansitz plante, musste meine Großmutter ihm dafür Kartoffeln kochen. Diese bot er in Würfeln am Drilling an. Moderne Karpfenangler runzeln über derlei Anekdoten gerne die Stirn. Drillinge sind in der Karpfenszene zu Recht verpönt, und die Kartoffel liegt als Köder weit abgeschlagen hinter Boilies, Mais und Tigernüssen. Ein Köder kann aber, wenn er lange genug in Vergessenheit geraten ist, einschlagen wie eine Bombe. Besonders, wenn es sich wie im Fall der Kartoffel um einen Top-Karpfenköder handelt.

Ein Top Karpfenköder: Im Stück ein echter Happen für Großkarpfen – Die Kartoffel ist eine echte Alternative und zu unrecht unterschätzt.

Im Stück ein echter Happen für Großkarpfen – Die Kartoffel ist eine echte Alternative und zu unrecht unterschätzt. Foto: Archiv

Kraftpaket Kartoffel

Die braunen Kraftknollen aus der Ackerscholle sind echte Stärkebomben. Ihr Hauptbestandteil, die Stärke (Amygdalin und Amylose), stellt chemisch eine Verkettung von Zuckermolekülen dar. Ein Energie-Riegel direkt von Mutter Natur. Karpfen lieben Stärke und nehmen sie selbst hochverdünnt wahr. Nach dem Fressen der ersten Brocken verfallen die Rüssler in einen regelrechten Rausch und durchwühlen den Boden weiträumig nach weiteren Kartoffeln. Je nach Sorte (mehlig oder festkochend) und Kochdauer wäscht sich die Stärke unter Wasser mehr oder weniger rasch aus und verursacht eine Duftwolke, die Rüssler magisch anzieht. Dieser Effekt wird durch Kleinfische noch verstärkt, die sich an den Erdäpfeln zu schaffen machen. Einmal gefressen, passieren Kartoffeln das Verdauungssystem der Karpfen zügig, ohne sie satt zu machen. Die Gefahr des Überfütterns besteht kaum. Außerdem ist der Köder-Klassiker leicht zu beschaffen und auch in größeren Mengen bezahlbar. Ein 25-Kilogramm-Sack kostet beim Bauern um die 15 Euro.

Leichtkochender Karpfenköder

Die Wurzelknolle der Pflanze aus der Familie der Nachtschattengewächse ist lächerlich einfach und schnell zubereitet. Einfach die Kartoffeln in einen Topf geben, Wasser darüber und 20 bis 30 Minuten lang kochen lassen. Fertig! Je nach Sorte und Größe sind die Feldfrüchte dann weitgehend durchgekocht. Zu langes Warten führt zu brüchigen Kartoffeln, die leicht zerfallen und unter Wasser rasch ein Opfer der Weißfische werden. Für unsere Zwecke sollten die Erdkugeln lieber etwas zu hart als zu weich sein. Deshalb gebe ich auch festkochenden Sorten den Vorzug vor mehligen.

Weich füttern, hart fischen

Um die Fische an den vergessenen Köder zu gewöhnen, empfiehlt sich mehrtägiges Vorfüttern. Ich versenke pro Tag zwischen 5 und 10 Kilogramm weichgekochte Kartoffeln großflächig am Platz. Mit einem Messer werden die Erdäpfel in mindestens würfelgroße, gerne auch deutlich größere Brocken zerteilt. Die Schalen nicht entfernen! Sie sind bei den Karpfen heiß begehrt. Am Tag vor dem Ansitz nehme ich ein paar Kartoffeln vorzeitig aus dem Topf (nach 5 bis 10 Minuten), während der Rest weiterkocht. Die kurzgekochten Kartoffeln sind meine Köder. Sie sind deutlich härter als die übrigen. Nur so halten sie fest am Haar. Sie werden in passende Stücke geschnitten, mindestens 25 Millimeter groß, und genau wie ein Boilie montiert und präsentiert. Noch fast roh, trotzen sie dem ständigen Genuckel der Weißfische und der Karpfen- Kinder hervorragend.

Modern trifft auf alt: Kartoffel am Haar. Foto: G. Bradler

Modern trifft auf alt: Kartoffel am Haar. Foto: G. Bradler

Starkes Gelage

In stark befischten Revieren kann es ein paar Tage dauern, bis die Fische dem auffällig hellen, in Form und Geschmack ungewohnten Köder trauen. Andererseits hat seit dem Siegeszug der Boilies kaum ein Karpfen negative Erfahrungen mit Kartoffeln gemacht, da kein Mensch mehr damit fischt. Einmal dem Geschmack der Stärke verfallen, weicht die erste Scheu rasch der Gier. Die lässt sich noch steigern, indem wir in Ködernähe große Bälle aus Brotstücken und Kartoffelpüree versenken. Diese locken eine Armada von Kleinfischen an und zerfallen rasch. Was bleibt, ist ein gelblicher ­Stärke-Mikropartikel-Teppich am Boden und eine immense Stärkewolke im Wasser. Dazwischen Kartoffel-Stücke. Was für eine Einladung!

Um Kleinfische anzulocken, die wiederum die neugierigen Karpfen an den Futterplatz bringen, füttert man mit Brot und Kartoffelpüree. Foto: H. Geck

Um Kleinfische anzulocken, die wiederum die neugierigen Karpfen an den Futterplatz bringen, füttert man mit Brot und Kartoffelpüree. Foto: H. Geck

Um die Karpfen an den Haken zu kriegen, gibt’s noch etwas Besonderes: Big-Balls. Das sind handverlesene, geschälte kleine Kartoffeln der 40- bis 50-Millimeter-Klasse. Die finden nur in einem ordentlichen Rüssel Platz. Ein absolut selektiver Großkarpfen-­Köder. Bei der Präsentation der Großkugeln sollte auch der Haken eine Nummer größer ausfallen. Ich bevorzuge 2er bis 4er Haken. Auch der Abstand zwischen Haken und Köder muss mindestens 1,5 Zentimeter betragen, da der Haken sonst im „Schatten“ des Großköders blockiert ist und nicht fassen kann.

Karpfenköder mit Farbe und Geruch

Eine gekochte Kartoffel hat kaum einen Eigengeruch.Das verunsichert viele Angler, die von ihren Ködern kräftige Aromen und Düfte gewohnt sind. Eine echte Hemmschwelle, zumindest an Land. Andererseits spricht nichts dagegen, die Köder über Nacht in einen beliebigen Dip zu legen und ihnen dadurch die Duftnote unseres Vertrauens zu verpassen. ­Vanille, Kirsche oder Halibut– geflavourte Kartoffeln fangen sicher nicht schlechter als die Originale. An Land steigt so das Vertrauen in den Köder, was bekanntlich die halbe Miete ist.

Mit Dips und Farbstoffen kann man den Kartoffel-Köder tunen. Foto: Hartmuth Geck

Mit Dips und Farbstoffen kann man den Kartoffel-Köder tunen. Foto: Hartmuth Geck

Video-Tipp: Karpfenköder im Vergleich


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