Angeln mit Schwimmbrot ist genial, es bedeutet Adrenalin pur. Doch es gibt einen wesentlich besseren Köder für die Oberflächenangelei! Redakteur Johannes Radtke zeigt, wie er beim Karpfenangeln mit Popcorn vorgeht.
Schwimmbrot 2.0
Es ist sicherlich schon 15 Jahre her, dass ich aus Neugierde Popcorn in unseren Gartenteich warf. Wie es sich für einen ordentlichen Angler-Haushalt gehört, schwammen in dem Teich nicht etwa kleine Goldfische, sondern Karpfen zwischen zwei und vier Kilo. Die Fische sonnten sich direkt an den Seerosen und hatten kurz zuvor auf eingeworfenes Schwimmbrot überhaupt nicht reagiert. Kaum eine halbe Minute nachdem das kandierte Popcorn auf der Oberfläche schwamm, war auf dem Teich eine dünne Zucker-Fettschicht zu sehen. Kurz darauf setzten sich die faulen Spiegler in Gang. Der Duftspur konsequent folgend, kam der erste Fisch zum Ursprung des Aromas. Er näherte sich bis auf ein paar Zentimeter, verweilte kurz und schlürfte dann das erste gepoppte Korn ein. Eine Sekunde später verschwand der nächste Snack von der Oberfläche und der Rest des kleinen Karpfen-Trupps wusste Bescheid, binnen einer Minute gab es einen richtigen Tumult im Gartenteich.
Ihnen Smackt’s
Ein paar Tage später frühstückte ich stark gezuckerte, gepuffte Weizenkörner eines namhaften Herstellers, zuckersüß und lecker – das müsste doch eigentlich … Und tatsächlich, die Jungs im Gartenteich waren begeistert von den Smacks!
Testläufe in Karpfenteichen von Verwandten und in Dorfteichen verliefen verheißungsvoll: Die Karpfen reagierten extrem gut auf die neuen Oberflächenköder. Sie ließen Brot links liegen und fraßen gezielt Popcorn und Smacks! Fassten erst mal ein paar Fische Vertrauen, zog der Rest meist schnell nach. Vielleicht ist der hohe Luft- und der damit geringere Nährgehalt verantwortlich, vielleicht auch das besondere Aroma – oftmals verfallen die Fische in einen Fressrausch und pflügen regelrecht durch die Oberfläche. Das kannte ich von Schwimmbrot so noch nicht. Interessant ist auch, dass Enten Popcorn nicht sehr schätzen.
Zwei Probleme
Ich zog also zum Karpfenangeln mit Popcorn los. Doch bei den ersten Praxisversuchen zeigten sich sofort echte Nachteile. Ein kleines Problem ergibt sich durch das geringe Gewicht beider Köder, sie lassen sich schlecht verschießen und noch schlechter werfen. Die Lösung ist einfach – sie heißt Wind oder Wasser.
Zum einen können Sie auf der windabgewandten Seite des Sees eine Futterspur legen, die nach draußen treibt. Oder Sie weichen die Leckerbissen mindestens eine Viertelstunde lang in einem Eimer mit Wasser ein. Die luftigen, porösen Köder saugen sich schnell voll und sind dann einigermaßen gut mit einer Schleuder auf Distanz zu bringen, zumindest 20 Meter sind so drin, mit Rückenwind auch mehr. Positiver Nebeneffekt ist, dass gerade Popcorn schon beim Einweichen ein wenig zerfällt und so viele, stark duftende Partikel an der Oberfläche treiben. Diese beschäftigen die Fische, ohne sie zu sättigen. Vielleicht ist dies der entscheidende Faktor, der die Fische in einen regelrechten Fressrausch versetzt.
Die Haltbarkeit der Köder am Haken ist das deutlich größere Problem! Glauben Sie mir, ich bin anfangs regelrecht verzweifelt. Die Fische begannen zuerst zaghaft, dann gierig die Brocken von der Oberfläche zu nehmen und ich war kaum in der Lage, ihnen einen der Leckerbissen vorzusetzen. Die Lösung für diese Problematik ist das, was wir zu Hause hassen: pappiges Popcorn und zähe Smacks.
Um dies zu erreichen, benötigen Sie eine Sprühflasche zum sparsamen Befeuchten. Wenn Sie das Befeuchten und Trocknen zwei, drei Mal wiederholen und die vorbereiteten Köder in eine Tüte geben, erhalten sie zähe Brocken, die sich gut anködern lassen und am Haken oder Dorn halten.
Imitate aus Schaumstoff zum Karpfenangeln mit Popcorn
Wer extra, extra zähe Köder haben möchte, der sollte sich weißen Schaumstoff und gelbe sowie braune Filzstifte besorgen. Eine grobe Popcorn- oder Smacks-Form ist leicht geschnitzt und selbst mit wenig künstlerischer Fähigkeit lässt sich eine akzeptable Imitation herstellen. Viel wichtiger als Farbe oder Form ist die ungefähre Größe und das Aroma! Das Aroma bekommen Sie ganz einfach in den Schaumstoff: Einen Gefrierbeutel mit Smacks, Popcorn, etwas Wasser und unseren Imitaten befüllen, am besten schon zu Hause. Wenn Sie nun den Schaumstoff noch ein wenig pressen und sich mit dem Wasser vollsaugen lassen, haben Sie eine wunderbar duftende Fälschung. Ich habe allerdings schon erlebt, dass ganz schlaue Fische den Braten gerochen haben. Zudem müssen Sie mit dem Anhieb schnell sein, da die Fische den Schaumstoff in der Regel schnell wieder ausspucken.
Karpfenangeln mit Popcorn ist ansonsten deckungsgleich mit dem Schwimmbrot-Angeln. Da der Köder allerdings fast schwerelos ist, geht das Fischen mit freier Leine eigentlich nie und wir müssen ein Wurfgewicht einsetzen. Am liebsten verwende ich schwimmende Sbirolinos oder Controller aus der Karpfenangelei. Im Prinzip handelt es sich dabei um fertig ausgebleite Posen mit der Befestigung am oberen Ende. Beide Schwimmhilfen fixiere ich einfach mit Gummistoppern auf der Hauptschnur. Das monofile oder das unauffällige, dünne geflochtene Vorfach wird entweder in die Hauptschnur eingeschlauft oder mit Hilfe eines Pitzenbauer-Ringes (aus dem Fliegenfischer-Bedarf) angeknotet. Sollte Ihr Vorfach oder Ihre Hauptschnur dazu neigen, unterzugehen, hilft etwas Fett oder gleich sogenanntes Floatant (ebenfalls Fliegenfischerbedarf). Ich verwende kleine, kurzschenklige Haken mit einem Haar, an dem ein Plastikstift mit Widerhaken (Pin Up) sitzt. Auf diesen Dorn werden einfach Popcorn oder Smacks gesteckt. Alternativ benutze ich einen etwas größeren Haken, an den ich den Oberflächenköder direkt anködere.
Das richtige Gerät
Am liebsten ist mir für das Karpfenangeln mit Popcorn eine Float-Rute mit 3,60 bis 4,20 Metern Länge, großen Ringen und weicher Aktion. So lassen sich die relativ leichten Wurfgewichte auf Distanz bringen und die Köder halten dank sanfter Beschleunigung zuverlässig am Haken.
Wenn die Karpfen in Ihrem Gewässer erst einmal Smacks und Popcorn akzeptiert haben, ist die Angelei an sich nicht schwierig. Die Montage werfen Sie großzügig über die fressenden Karpfen. Anschließend sollten Sie das Ganze langsam und gleichmäßig ins Geschehen kurbeln. Ein paar Mal ist es mir dabei passiert, dass der Biss bereits im Kurbeln kam – Karpfen im Zuckerrausch.
Dieser Artikel erschien im BLINKER-Magazin 07/2018.