Diesen Einfluss hat der Wind beim Karpfenangeln!

Der Erfolg beim Karpfenangeln ist vor allem von der Witterung abhängig. Diese wird maßgeblich von einem Faktor beeinflusst: Dem Wind. Von Florian Pippardt

Der Wind bestimmt oft den Aufenthaltsort der Karpfen. Wer sich danach richtet, fängt mehr! Foto: S. Redlich

Bild: S. Redlich

Der Wind bestimmt oft den Aufenthaltsort der Karpfen. Wer sich danach richtet, fängt mehr!

„Schon wieder keinen einzigen Run gehabt! Irgendwie schmeckt den Fischen hier mein Boilie nicht“ – den Misserfolg dem Köder in die Schuhe zu schieben, ist leicht. Manchmal ist da auch was Wahres dran – aber ich bin der Meinung, dass erfolglose Tage am Wasser, meist einen anderen Grund haben: die falsche Stelle! Dabei wird die Stellenwahl erst zuletzt vom Angler selbst beeinflusst. Ausschlaggebend sind vor allem die Witterungsverhältnisse. Nach denen richten sich die Fische, und wir Angler sollten uns wiederum nach den Fischen richten. Hintenan stehen persönliche Vorlieben – zum Beispiel gute Parkmöglichkeiten oder ein Ufer­streifen ohne breiten Schilfgürtel oder Bäume. Gemeinsam mit meinen Kollegen Torben Seemann und Johannes Radtke, habe ich deshalb einige Fakten und Erfahrungswerte zu Faktoren zusammengetragen, die den Erfolg am (Still-)Gewässer stark beeinflussen. Eine Größe hat sich beim Karpfenangeln als entscheidend herausgestellt: der Wind.

In den allermeisten Fällen ist das windzugewandte Ufer am erfolgsversprechensten.Foto: D. Konopatzki

Bild: D. Konopatzki

In den allermeisten Fällen ist das windzugewandte Ufer am erfolgsversprechensten.

So bestimmt der Wind das Karpfenangeln

Der Wind hat großen Einfluss. Zum einen auf die Wassertemperatur: Er drückt warmes Wasser in bestimmte Gewässerbereiche. Außerdem treibt er Sediment, zum Beispiel Schlamm oder Sand, vor sich her. Im Sediment kann ziemlich viel Nahrung stecken, außerdem sorgt es für ordentlich Trübung. Eine hohe Wassertemperatur, Nahrung und Trübung mögen Karpfen. Also suchen wir uns in der Regel das Ufer, auf welches der Wind steht – dieses wird auch als „auflandiges“ Ufer bezeichnet. Um herauszufinden, woher der Wind weht, nutze ich übrigens die App Windfinder auf dem Smartphone. Hier sehe ich genau, wie sich die Luftströmungen im Tagesverlauf verändern. Schon eine Woche vor dem Ansitz beobachte ich den Wind genau auf dem Handy, auch während des Ansitzes werfe ich immer wieder einen Blick darauf. Je länger der Wind auf eine Uferseite drückt, desto interessanter wird diese für mich. Diese Zonen ändern sich natürlich, schließlich dreht der Wind im Jahresverlauf über alle vier Himmelsrichtungen.

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Aber er hat Vorlieben! Also ­(Himmels-)Richtungen, die er öfter einschlägt als andere, auch Hauptwindrichtungen genannt. Bei uns in Mitteleuropa ist das der Westwind. Und, da der Hauptwind durchschnittlich öfter weht, beeinflusst er das Fischverhalten natürlich. Und damit auch den Fangerfolg beim Karpfenangeln! Er bestimmt indirekt, welche See-Bereiche die Karpfen grundsätzlich vermehrt aufsuchen. Logischerweise ist das dann die Ostseite.

Die Hautpwindrichtung in Europa ist der Westen. Deshalb lagert sich an bestimmten Gewässertypen mehr Sediment an der Ostseite ab. Deshalb bilden sich Flachwasserzonen – teilweise auch mit einem nährstoffreichen Boden! Illustration: B. Gierth

Bild: B. Gierth

Die Hautpwindrichtung in Europa ist der Westen. Deshalb lagert sich an bestimmten Gewässertypen mehr Sediment an der Ostseite ab. Dort können sich Flachwasserzonen bilden – teilweise auch mit einem nährstoffreichen Boden!

Sediment-Transport

Der Hauptwind beeinflusst neben dem Fischverhalten aber auch das Gewässer, genauer gesagt dessen Profil. Sehr vereinfacht und modellartig dargestellt: An der Westseite des Sees wird über die Zeit wenig Sediment abgelagert, da sie dem (Haupt-)Wind abgewandt ist. Hier ist der Boden dadurch oft etwas härter, ­Kanten sanden nicht so schnell ein. An der Ostseite wird hingegen im Wasserkörper schwebendes Material angespült und kann sich dort absetzen. In Abhängigkeit von der Gewässergröße und -struktur sowie vorherrschenden Bodenarten, können sich durch den windbedingten Sedimenttransport sogar Flach­wasserzonen bilden. Dieses Flachwasser kann produktiv sein oder genau das Gegenteil davon – zum Beispiel, wenn sich Faulschlamm ablagert. Das müssen wir dann mit Tastblei oder Proddingstick herausfinden. Befindet sich am auflandigen Ufer beispielsweise eine Landzunge, setzt sich das Sediment am äußeren Rand dieser Struktur ab. Je dichter an der Spitze, desto gröber ist das sich ablagernde Material, so eine Daumen­regel. Die in den See ragende Landzunge ist von hartem Grund geprägt und wird von nährstoffreichem Oberflächenwasser ständig angeströmt. In der Folge siedeln sich Muscheln und viele wichtige Fisch­nährtiere an – ein Hotspot!

 

Wieso weht der Wind so oft aus Westen?

Zuerst müssen wir wissen, wie Wind entsteht. Wenn Luft an einem Ort (nennen wir ihn A) erwärmt wird, steigt sie auf. Oberflächennah herrscht dadurch ein geringer Luftdruck – ein Tiefdruckgebiet entsteht. Irgendwann erkaltet die aufgestiegene, warme Luft wieder und sinkt woanders (B) zurück zur Erdoberfläche. In der Zwischenzeit wird die „Lücke“ an (A) durch bereits erkaltete Luft gefüllt. Diese strömt von einem anderen Ort (C) dorthin. Mit der Zeit steigt der Luftdruck wieder an Ort (A), ein Hochdruck­gebiet entsteht. Die Luft strömt also ständig. Das ist der Wind. Nun übertragen wir unser Wissen auf die ganze Erde.Die Luft am Äquator wird erwärmt und steigt auf – das führt zu einem Tiefdruckgebiet. An Nord- und Südpol dagegen sinkt die erkaltete Luft ab, ein Hochdruckgebiet entsteht. Theoretisch gibt es also stets eine Luftbewegung von den Polen zum Äquator. Durch die Erdrotation wird dieser Wind aber in Strömungsrichtung rechts (Nordhalbkugel) und links (Südhalbkugel) abgelenkt. Die warme, aufsteigende Luft vom Äquator zieht gleichzeitig in Richtung der Pole. Auch sie wird abgelenkt – logischweise auch nach rechts auf der Nordhalbkugel. Und Deutschland liegt eben genau in dem Bereich, in dem die Äquatorluft erkaltet, absinkt und nach rechts (in östliche Richtung, von Westen kommend) abgelenkt wird. Deshalb: „Westwindzone“!

Faktor Temperatur

Wie bereits angedeutet, hat der Wind auch bei der Wassertemperatur einiges mitzureden – und die sollte für uns eine zentrale Bedeutung beim Karpfenangeln haben! Die Wohlfühltemperatur des Karpfens ist sehr hoch: zwischen 25 und 32 Grad funktioniert sein Stoffwechsel am besten. Für das kühle Deutschland gilt daher: je wärmer das Wasser, desto aktiver der Karpfen. Und die wärmsten Bereiche liegen in den flachen Bereichen am auflandigen Ufer – wenn die Luft wärmer ist als das Wasser!

Das Fish Hawk-Thermometer misst die Temperatur während des Absinkens in Meterschritten. So lässt sich nebenbei auch feststellen, ob das Gewässer im Sommer eine Sprungschicht ausbildet. Foto: Archiv

Bild: BLINKER/ Archiv

Das Fish Hawk-Thermometer misst die Temperatur während des Absinkens in Meterschritten. So lässt sich nebenbei auch feststellen, ob das Gewässer im Sommer eine Sprungschicht ausbildet.

Kalter Wind, der häufig im zeitigen Frühjahr, Herbst und Winter auftritt, kühlt die Oberfläche dermaßen aus, dass die Karpfen dem Flachwasser aus dem Weg gehen. Logischerweise halten sie sich dann auch von den Bereichen fern, auf die der Wind das eiskalte Oberflächenwasser drückt. Und wo stehen sie dann? Auf der ablandigen Seite! Hier strömt das wärmere Tiefenwasser in die Ober­flächenschicht nach.

Sprungschicht

Nun kommen wir aber wieder zum Optimalfall. Wir haben warmen Wind aus einer Richtung über einen längeren Zeitraum. Damit ist klar, wo wir auf Karpfen angeln. Nun ist es aber wichtig zu wissen, wie warm genau das Wasser an unserem Spot ist. Besonders im Frühjahr, denn die Fische „tauen“ erst bei etwa sechs bis zehn Grad auf und beginnen das Fressen.

In flachen Seen sind die Karpfen im Sommer in der Regel einfach zu fangen – teilweise auch an der Oberfläche, wie es Johannes Radtke hier gelang. Aber: In tiefen Seen kann es anders aussehen. Vor allem die Sprungschicht spielt dann eine wichtige Rolle. Foto: W. Krause

Bild: W. Krause

In flachen Seen sind die Karpfen im Sommer in der Regel einfach zu fangen – teilweise auch an der Oberfläche, wie es Johannes Radtke hier gelang. Aber: In tiefen Seen kann es anders aussehen. Vor allem die Sprungschicht spielt dann eine wichtige Rolle.

Auch im Sommer ist es wichtig, genau zu wissen, wie warm die einzelnen Tiefenschichten sind. Wieso? Sprungschicht heißt hier das Zauberwort! Denn die Temperatur ändert sich in manchen Seen mit größerer Tiefe schlagartig. Fiel sie vorher immer regelmäßig um zwei bis vier Grad, zeigt das Thermometer auf einmal eine Differenz von zehn Grad an, und das auf nur einem Meter Tiefenunterschied! Unterhalb dieser Zone findet sich in vielen Seen ­wenig bis gar kein Sauerstoff und damit auch wenige bis gar keine Karpfen. Die Köder müssen also oberhalb der Sprung­schicht angeboten werden.

Daher ist es wichtig, immer ein Thermo­meter dabei zu haben. Einige Modelle messen pro Tiefenmeter die ­Temperatur beim Absinken automatisch. Sehr empfehlenswert! Man kann sich die Daten anschließend auf dem Display einzeln anzeigen lassen.

Torben Seemann richtet sich voll nach dem Luftdruck. Foto: T. Seemann

Bild: T. Seemann

Torben Seemann richtet sich voll nach dem Luftdruck. Seiner Erfahrung nach ist vor allem ein konstanter Luftdruck entscheidend.

Faktor Luftdruck

Torben macht sich bei jedem Ansitz genaueste Notizen zum Luftdruck und wie sich das Beißverhalten der Fische darauf auswirkt. Seine Beobachtungen lassen Tendenzen erkennen: „Seit einigen Jahren schenke ich dem Luftdruck eine erhöhte Aufmerksamkeit. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass der Luftdruck beim Karpfenangeln eine bedeutende Rolle spielt. Als normaler Luftdruck (Normaldruck) werden Werte im Bereich zwischen 1010–1015 Hektopascal (hPa) bezeichnet. Was unter diesen Werten liegt, wird als Tiefdruck bezeichnet, was sich oberhalb dieser Werte abspielt, als Hochdruck. Fische nehmen Luftdruckveränderungen unter anderem über die Schwimmblase wahr und reagieren auf diese Veränderungen. Starke Schwankungen im Luftdruck führen dazu, dass Karpfen mit dem Druckausgleich beschäftigt sind und der Nahrungsaufnahme somit weniger Aufmerksamkeit zukommen lassen. Das bedeutet: Konstanter Luftdruck mit Werten im Normalbereich ist ideal! Bei konstanten Hochdruckphasen halten sich Karpfen meiner Erfahrung nach in den oberen Gewässerschichten, beziehungsweise im Flachwasser auf. Bei Tiefdruckphasen will ich aber keine allgemeingültige Aussage treffen, denn diese wirken sich von Gewässer zu Gewässer sehr unterschiedlich auf die Standtiefe der Fische aus. Daher ergibt es immer Sinn, die Ruten über verschiedene Tiefen zu streuen, bis man eine fängige Tiefe gefunden hat.“


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