Nebel, Regen, Sturm – und Frost. Es gibt angenehmere Zeiten zum Angeln auf Karpfen als die eisig kalten Tage im Herbst, wenn der erste Frost kommt. Doch das schlechte Wetter läutet für Karpfenangler die letzte heiße Beißphase vor der nahenden Winterpause ein. Wenn der Herbstwind am und im Gewässer für viel Bewegung sorgt, sind anglerische Sternstunden möglich, in denen der ein oder andere Traumfisch in den Kescher gleitet.
Wenn im Herbst die Temperaturen fallen, beginnen die Karpfen, sich ihren so genannten Winterspeck anzufressen, um bei niedrigen Wassertemperaturen mit wenig Energieverlust über die kalten Monate zu kommen. Die Rüssler fressen wieder wesentlich mehr als an heißen Sommertagen und sind jetzt vor allem in den mittleren Tiefen der Gewässer zu finden. Wenn ich von der mittleren Gewässertiefe spreche, meine ich die Durchschnittstiefe eines Sees. Angle ich zum Beispiel an einem See mit einer 1 bis 2 Meter tiefen Flachwasserzone und den tiefsten Stellen von 13 Metern, konzentriere ich mich auf die 5 bis 6 Meter tiefen Bereiche. Die Wassertemperatur liegt nun bei ungefähr 15 +/- 2 Grad.
Ein Sonnenbad am Nachmittag
Die flachen Gewässerabschnitte sind für die Karpfen nur noch an sehr sonnigen Herbsttagen attraktiv – und dass auch nur für wenige Stunden am Nachmittag, wenn sich das Wasser in dieser Zeit noch einmal erwärmt. Falls Sie in diesen Bereichen einen Versuch starten und die Karpfen beim Sonnenbaden überlisten wollen, empfehle ich kleine auffällige Köder und wenig lösliches Futter. In den Nachtstunden halten sich die Karpfen meist in den tiefen Gewässerabschnitten oder an den abfallen- den Kanten der Flachwasserzone auf und setzen hier die Nahrungsaufnahme fort.
Weht an wärmeren Herbsttagen ein stärkerer Wind, der sich oft zu einem Sturm entwickelt, werde ich in den Flachwasserzonen keine Karpfen finden, die sich Sonnen wollen. Sie fressen nun an wesentlich tieferen Stellen oder an abfallenden Kanten, an die der Wind und die Wellen Nahrung treiben.
Richtig interessant wird es im Oktober, wenn die Wassertemperatur unter 13 Grad fällt, denn dann fressen die Karpfen am meisten. Wenn die Fische den Futterplatz finden, gibt es für uns auf dem Karpfenstuhl meist kein Halten mehr. Zu dieser Zeit suche ich die tieferen Stellen des Sees auf, doch nur bis zu einer maximalen Tiefe von 10 bis 13 Metern. Tiefer fressen Karpfen nur im seltensten Fall. Angle ich an einem Gewässer, das maximal zwei oder drei Meter tief ist, bevorzuge ich genau diese Stellen.
Wie wirkt sich Frost auf die Karpfen aus?
Sobald die ersten Bodenfröste auftreten, sagen viele Angler, dass die Bartelträger nur noch selten zu überlisten sind. Ich halte dagegen und sage, dass jetzt die Zeit kommt, um die dickeren Exemplare des Gewässers zu fangen. Karpfen fressen oft länger in Frost und den Winter hinein als die kleineren Fische, denn sie benötigen mehr „Futterspeck“, um über den Winter zu kommen.
Beim Karpfenangeln ist der Wind eine Wunderwaffe der Natur. Drückt warmer Herbstwind auf mein beangeltes Ufer, wird sich die Mühe mit reichlich Fisch bezahlt machen. Wind und Wellen sorgen für mehr Sauerstoff im Gewässer. Die Fische werden aktiv, fressen und bewegen sich viel. Zudem wird vom Ufer reichlich Nahrung wie Krebse, Würmer, Schnecken, Muscheln und Wasserflöhe eingespült – ein Paradies für jeden Karpfen, der sich auf den Winter vorbereitet. Fressen gehört jetzt zu seiner Tag- und Nachtaufgabe. Der Wind hilft ihm dabei tatkräftig.
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Ist der Wind in den späten Herbsttagen kalt, wie meist im November und Dezember, bevorzuge ich die windstillen Bereiche. Der Wind und die Wellen drücken nun das kalte Oberflächenwasser ans Ufer. Mit der Unterströmung gelangt dies meist weit ins Gewässer. Deshalb angle ich dann an den vorm Wind geschützten Bereichen. Hier sind die Temperaturen um ein paar Grad höher. An kalten Tagen zählt jedes Grad Celsius mehr unter Wasser, denn die Karpfen meiden kalte Bereiche, wie in diesem Falle das nach unten gedrückte kalte Oberflächenwasser.
Karpfen im Herbst: Keine Experimente!
Es ist leichter gesagt als getan, erfolgreich im Wind zu angeln. Besonderheiten gibt es vom Ausbringen der Ruten bis zum Aufbauen des Zeltes. Beim Rutenausbringen mit dem Boot muss absolute Sicherheit gegeben sein. Das Boot sollte große Schläuche besitzen, um den Wellen standzuhalten und lästiges Wasserschöpfen zu vermeiden. Ein Elektromotor hilft beim Drillen vom Boot aus. Mit ihm kann man das Boot auf der Stelle halten. Aber auch ein schwerer Anker sorgt dafür, nicht vom Wind weggetrieben zu werden. Bringen Sie sich nicht unnötig in Gefahr. Wenn zu starker Wellengang herrscht, sollten Sie nicht raus fahren und lieber warten, bis der Wind abflaut und erst dann die Montagen auslegen. In vielen Situationen reicht es aber auch schon, die Montage auszuwerfen, da ohnehin ufernah geangelt wird.
Beim Ablegen der Rute auf dem Rutenständer sollte darauf geachtet werden, dass dieser stabil genug ist und auch bei starken Winden und Böen fest auf dem Boden steht. Darum bevorzuge ich ein stabiles Rod Pod oder Bank Sticks, die weit in den Boden gesteckt werden, so dass sie nicht umfallen. Die Bissanzeiger sollten sich so einstellen lassen, dass sie nicht zu sensibel sind. Sonst gibt es häufig Fehlalarm.
Ein weiteres Problem ist das Zelt. Ich verzichte auf ein Schirmzelt, da sein Gestänge häufig zu dünn ist und verbiegt. Ein Zelt mit starkem Gestänge sowie stabilen und langen Heringen ist ein absolutes Muss. Alle weiteren Ausrüstungsgegenstände, die wegfliegen könnten, sollten sicher verstaut oder fest gemacht werden.
Karpfen bei Frost: Futtermenge langsam steigern
Auch beim Füttern gibt es einiges zu beachten. Bei einem großen Gewässer mit geringem Fischbestand nützt es im Herbst nichts, viel zu füttern – zumindest wenn das Gewässer viele tiefe Strukturen besitzt. Die Fische verteilen sich im See. Jetzt hilft uns wieder der Wind weiter. Drückt er auf eine Uferkante, in der auch noch viel versprechende Temperaturen herrschen, darf ruhig mehr gefüttert werden.
Wenn ich das Gewässer noch nicht so gut kenne, beginne ich mit kleineren Portionen. Im Herbst füttere ich bis zum ersten Fisch maximal ein halbes Kilo Futter pro Montage. Fange ich bereits in den ersten Stunden einen Fisch, füttere ich mehr – gut ein Kilo pro Montage. Wenn ein weiterer Biss folgt, lege ich einen größeren Futterplatz an. Jetzt weiß ich, dass mehrere Fische da sind. 5 bis 10 Kilo Futter sind beim Angeln auf Karpfen im Herbst schnell weg.
Ähnlich gehe ich auch an meinen Hausgewässern vor. An ihnen weiß ich, wo die Fische oft im Herbst stehen und wo der Wind und die Wellen das Ufer ausspülen. Habe ich im Vorjahr an einer Stelle gut gefangen, kann ich meine Strategie im folgenden Jahr optimieren und mehr verfüttern. Zum Jahresende hin, wenn die Temperaturen weiter sinken, füttere ich wieder vorsichtiger an – bei einer Wassertemperatur von unter 8 Grad weniger als ein halbes Kilo. Die Karpfen fressen jetzt, bei nahendem Frost, nur noch wenig. Leichtes Futter, das sich auflöst, ist gefragt. Kleine auffälligere Köder erhöhen die Fangausbeute nochmals.
Dieser Artikel erschien zuerst in Blinker 10/2012. Hier geht es zur aktuellen Ausgabe!