Modernes Karpfenangeln bedeutet Angeln mit einer Festbleimontage, bei der sich der Karpfen beim Biss selbst hakt. Damit der Selbsthak-Effekt zuverlässig funktioniert, müssen ein paar Dinge beachtet werden. Das Blei muss schwer genug sein, und der Haken sollte möglichst scharf sein und zur Ködergröße und dem Vorfachmaterial passen. Neben all diesen Faktoren spielt auch das Vorfach selbst eine große Rolle. Vor allem die Vorfachlänge ist wichtiger, als man vielleicht zunächst vermutet.
Ein Karpfen ist kein D-Zug
Bei den meisten Angeltechniken ist ein langes, unauffällige Vorfach am besten. Doch beim Karpfenangeln sieht das Ganze etwas anders aus. Je länger das Vorfach, desto mehr möglichen Spielraum hat der Fisch nach dem Aufnehmen des Köders, bevor das Vorfach sich an der Festbleimontage streckt und der Haken greift. Unterwasseraufnahmen von Karpfen zeigen, dass sich die Fische beim Fressen oft wie in Zeitlupe über den Futterplatz bewegen. Bei einer durchschnittlichen Vorfachlänge von 20–25 cm hat der Fisch dadurch bereits jede Menge Zeit, die Falle zu durchschauen. Der Fisch kann dann den Köder mitsamt Haken wieder auszuspucken – natürlich, ohne sich zu haken. Oft sogar ohne, dass der Angler davon irgendetwas mitbekommt! Je nachdem, wie das Vorfach am Grund liegt und aus welcher Richtung der Karpfen beim Biss kommt, kann er sich bei 25 cm Vorfachlänge beispielsweise im Extremfall schon ganze 50 cm weit bewegen, bevor das Vorfach hakt!
Kurzes Vorfach mit großer Wirkung
Bei kurzen Vorfächern tritt der Selbsthak-Effekt dagegen fast sofort nach dem Aufnehmen des Köders ein. Egal, von wo aus der Karpfen beim Biss kommt – mit einem kurzen Vorfach kann er sich in keine Richtung weit bewegen, ohne, dass der Haken greift. Erfahrene (und daher meist besonders große) Fische sind oft vorsichtig und haben schon allerhand Montagen gesehen. Ein extra kurzes Vorfach »überrumpelt« aber oft sogar diese Fische, die mit anderen Montagen kaum (mehr) zu fangen sind. Auch die Verwicklungsgefahr im Wurf sinkt nebenbei mit kurzen Vorfächern.
Was ist die richtige Vorfachlänge?
Die kurz ist nun »extrakurz«? Ideal sind meist etwa 8–12 cm. Ein wenig kommt es natürlich auch auf die Bedingungen im Gewässer an, zum Beispiel ob der Grund weich oder hart ist. Ist der Grund eher schlammig, ergeben etwas längere Vorfächer Sinn, damit der Köder nicht vom Blei tief in den Schlamm gezogen wird. Bei schlammigem Grund kann ein kurzes Vorfach aber auch einfach komplett mit der gesamten Montage in einem PVA-Beutel untergebracht werden. Es versinkt dann nicht im Schlamm und kann sich garantiert nicht im Wurf verwickeln. Bei festerem Grund ist alles einfacher, dann spricht auch nichts gegen wirklich super kurze Vorfächer. Es mag etwas ungewöhnlich wirken, wenn der Köder am nur wenige Zentimeter kurzen Vorfach zwangsläufig direkt in der Nähe des Bleis präsentiert wird. Doch, lassen Sie sich nicht verunsichern: Karpfen haben keinen guten Sehsinn und meist ist es am Gewässergrund auch ziemlich dunkel – noch mehr in der Dämmerung und nachts. Außerdem ist der Grund eines typischen Karpfengewässers meist nicht wirklich sauber. Dort liegen Äste, Blätter, Wurzeln und Steine, sodass ein glattes Blei, das meist sogar ein Stück weit im Boden versinkt, auf die Fische nicht auffällig wirkt, selbst, wenn es sich direkt neben unserem Köder befindet.