Karpfen wurde irrtümlicherweise lange Zeit eine gewisse Winterstarre nachgesagt. Oft heißt es, sie würden wie regungslos und festgenagelt auf dem Gewässerboden überwintern. Tatsächlich verhalten sie sich manchmal so, aber nie für lange Zeit. Karpfen sind im Winter aktiver als wir denken. Sie wechseln mehrfach vom Ruhe- in den Bewegungsmodus. Der Grund dafür ist zum einen die Nahrungsaufnahme, die zwar nur sehr gering aber dennoch regelmäßig stattfindet und zum anderen begeben sie sich je nach Wetterlage in ihre Wohlfühlgebiete.
Bei Sonne kommen sie in flache, windgeschützte Bereiche. Bei kalter Ostluft verkrümeln sie sich in tiefere Zonen und bei wärmendem Westwind sind sie oft am windzugewandten Ostufer zu finden. Gibt es im Gewässer Ruhezone, in denen die Karpfen sich vor nervenden Gummifischen und Spinnern der Raubfischangler verstecken können, dann treffen Sie die Winterkarpfen auch dort an – oft am Wochenende, wenn am Gewässer viel los ist.
Karpfen: bequem und bestechlich
Karpfen sind eigentlich einfach gestrickt, bequem und bestechlich. Sie haben hin und wieder Hunger und ansonsten wollen sie einfach ihre Ruhe haben. Einen Winterkarpfen zu fangen, ist also gar nicht so kompliziert: Suchen Sie sich je nach Wetterlage einen geeigneten Platz aus und servieren Sie den Köder ansprechend und vor allem auffällig. Das gelingt, indem Sie zum Beispiel auf grelle Pop Ups setzen. Im Winter ist das Wasser in den meisten Gewässern sehr klar, so ein auffälliger Köder sticht da richtig hervor. Ideal ist es, wenn Sie den Hakenköder gleich in einen PVA Bag (nehmen Sie bitte kaltwassertaugliches PVA Material) gefüllt mit aromatischen Stick Mix verpacken. Selbst wenn der Karpfen gerade gar nicht ans fressen denkt, überreden Sie ihn zur Nahrungsaufnahme, indem Sie ihm den Boilie wie auf dem Silbertablett servieren.
Viele Angler schwören im Winter auf Mais oder Maden. Ich nutze immer Boilies und damit liege ich nie falsch. Die Karpfen, die ich im Winter auf Mais und Maden fing, kann ich fast an einer Hand abzählen. Aus diesem Grund rate ich ganz klar zum Boilie.
Auch im Winter darf gefüttert werden
Übrigens können Sie die Karpfen auch in Bewegung halten, wenn Sie im Vereinsteich immer wieder in einem Bereich ein paar Boilies verteilen. Das muss gar nicht so punktuell sein. Es ist hilfreich, wenn Sie den Gewässerbereich, den sie beangeln wollen, im Vorfeld mit dem Wurfrohr einen Besuch abstatten. Füttern Sie zwei Hosentaschen voll Boilies (ca. 500g) 2–3 Tage vor dem Angeln, um die Fische in Bewegung zu bringen. Sollten Sie die Möglichkeit haben regelmäßig zu füttern, also 2–3 Mal pro Woche, ist das umso besser.
In der Kürze liegt die Würze
Doch auch wenn sie regelmäßig fressen, sind Karpfen im Winter dennoch sehr träge. Sie tun zwar alles, was sie im Herbst auch tun, aber eben deutlich langsamer, fast wie in Zeitlupe. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, die Montage etwas anzupassen. Ich setze auf ein Inline Blei mit einem sehr kurzen Vorfach. Das Inlineblei hat im Vergleich zum Safety-Rig einen besseren Selbsthakeffekt und das kurze Vorfach (10-15 cm) streckt sich nach der Köderaufnahme schneller als ein langes(25–45cm) Vorfach. Dadurch greift der Haken schneller, noch bevor der Karpfen das Vorfach wieder ausbläst.
Wählen Sie die Komponenten der Montage ruhig in unauffälligen Farbtönen, passend zum Gewässergrund. Im Winter trübt sich das Wasser durch das sporadische Fressen der Karpfen kaum ein, entsprechend gut sind sie Sichtverhältnisse bei der Nahrungsaufnahme. Etwas Rig-Tarnung kann nicht schaden. Zudem ist Stille am Wasser jetzt besonders geboten: Parken Sie das Auto etwas weiter entfernt, hämmern Sie die Zeltheringe nicht in den Boden und so weiter… Karpfen haben im Winter keinen Bock auf Unruhe oder Lärm.
Vergessen Sie den Aberglaube, dass …
-Karpfen im Winter immer tief stehen, ich fing sie schon unter einem Meter Wassertiefe, bei schönster Wintersonne.
-Fischmehlhaltige Köder im Winter nicht funktionieren, sie funktionieren sehr wohl!
-Dosenmais ein sehr guter Winterköder ist – Dosenmais funktioniert, aber er funktioniert nicht gut.
-das Anfüttern im Winter auf engsten Raum mehr Erfolg bringt. Nur wenn sie die Karpfen in Bewegung halten, verbrauchen sie auch Energie, die sie wiederum mit Fressen quittieren.
6 Karpfen-Winterfakten
- Karpfen lieben Unterstände wie Stege, Brücken, Pfeiler, Krautfelder
- Karpfen lieben windgeschützte Bereiche
- Sie sonnen sich im Winter tagsüber im Flachwasser
- Sie fressen und bewegen sich täglich
- Hoher Luftdruck mit klarem Himmel und Sonne sind im Winter am richtigen Platz sehr erfolgsversprechend
- Auch bei Schnee und Eis fressen Karpfen
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