Der Mythos: Karpfen in Schweden
Wer etwas im Internet stöbert, findet schnell ein paar Infos zum Thema „Karpfen in Schweden“, und vor allem auch das ein oder andere Video, in dem unfassbar schöne Fische von Alan Blair und Oli Davies gefangen werden. Ein Teild er Frage ist somit schnell beantwortet: Ja, es gibt sie – Karpfen in Schweden. Aber das „Wo?“ lässt sich bei Weitem nicht so easy beantworten. Was die wenigsten wissen: Das Gewässer, das Alan und Oli im Video „EuroBanx 4“ beangeln, ein Seenkomplex im Gebiet „Aneboda“ nördlich von Växjö, ist nicht für jedermann zu befischen. Sondern nur für persönliche Gäste des Landbesitzers.
Mal einfach so nach Schweden zu fahren und die Karpfenruten auszuwerfen, ist längst nicht so erfolgversprechend, wie es in dem Video aussieht. Ich möchte euch verraten, wie ich die Sache angegangen bin.
Wer träumte als Kind nie davon? Ein Karpfen in Schweden!
Einen schwedischen Karpfen zu fangen – dieser Traum begleitete mich seit vielen, vielen Jahren. Als ich in meiner Jugend irgendwann vom spezialisierten Raubfisch-zum Karpfenangler wurde, war für mich der dänische Globetrotter Jens Bursell längst ein Idol. Denn Jens angelte nicht nur auf kapitale Friedfische, sondern auf so gut wie alle Spezies in kapitalen Größen und das mitunter an den abgelegensten Orten dieser Erde.
In seinem Buch „Specimen Hunting“, das ich auf einer der legendären Karpfenmessen in Braunfels erstand und von ihm persönlich handsignieren ließ, erzählte Jens auch von Karpfen aus Schweden, die er von umhertreibenden Inseln aus beangelte. Ich war gefesselt, die Bilder von für seine Zeit wirklich ordentlichen Karpfen brannten sich für immer in mein Gedächtnis.
Expedition Schweden
Viele Jahre später, um genau zu sein im Sommer 2019, war die Zeit gekommen. Ich wollte mir meinen Traum vom schwedischen Karpfen endlich erfüllen. Bei meinen Expeditionen nach Neuseeland, Kanada oder auf die weniger prominenten kanarischen Inseln konnte ich viele Erfahrungen sammeln, was wirklich wichtig ist, wenn man sich in Sachen Karpfen in weitgehend unerforschtes Terrain begeben möchte. Vor allem die Recherche im Vorfeld und der Austausch mit anderen ähnlich verrückten Anglern war immer essentiell bei solchen Touren. Große Mengen Futter oder eine möglichst umfangreiche Angelausrüstung waren hingegen selten von wirklicher Bedeutung, meine Träume zu erfüllen.
Mit vielen digitalen Stecknadeln auf Google Maps und als Lesezeichen gespeicherten Webbeiträgen machte ich mich auf die lange Reise nach Schweden. Ich wollte mich von Südschweden aus langsam immer weiter Richtung Norden reisen. Die erste Ernüchterung kam bereits am ersten Tag auf schwedischen Boden. Ich war über ein schwedisches Angelmagazin auf ein richtig heißes Gewässer gestoßen, in dem sogar Fische über 20 Kilo schwimmen sollten. Leider fand ich das Gewässer nicht auf Google Maps. Es musste sich also um einen Kosenamen handeln. Schnurstracks fuhr ich ins nächste Angelgeschäft und konfrontierte die Verkäufer mit dem Gewässer und fragte, wo das Gewässer genau liegen würde und natürlich, wo es dafür Karten gäbe.
Die Jungs erklärten mir freundlich, dass auch dieses Gewässer einem „Karpfenclub“ gehören würde und es als Außenstehender unmöglich wäre, dort zu fischen. Ich war ziemlich enttäuscht. Zwar hatte ich es mir nicht einfach vorgestellt, in Schweden den Karpfen auf die Spur zu kommen, doch dass mich die selbe Entwicklung wie in Deutschland erwarten würde, damit hatte ich im Land des Jedermannsrechts wahrlich nicht gerechnet: Viele der wirklich interessanten Gewässer schienen längst in den Händen privatisierter Angelvereine zu sein.
Mit Stecknadeln und Google Maps auf Burells Spuren
Ganz in der Nähe von Malmö wurde mir im Angelladen noch ein weiterer See mit Karpfen empfohlen. Meine Recherchen ergaben, dass es auch in diesem Gewässer Karpfen über 15 Kilo geben sollte. Geil, nichts wie hin. Das Gewässer befand sich genau zwischen einem städtischen Wohngebiet, einer Schnellstraße und einer Güterbahnlinie. Es erinnerte mich von seiner Größe und Beschaffenheit an einen typisch englischen Pool. Alles voller Angler, die auf alles zu angeln schienen, was Flossen hat.
Kurzum: Für so ein Gewässer war ich sicher nicht ins „wilde“ Schweden gekommen. Meine Reise führte mich weiter Richtung Norden. Während ich mir in der Nähe Kristianstad ein weiteres Gewässer anschaute, kündigte sich ein heftiges Gewitter an. Ich schaffte mit dem Wolkenbruch gerade so zurück ins Auto. Während der Regen heftigst auf meine Windschutzscheibe prasselte, kamen mir wieder Bursells Geschichten aus den Neunzigern in den Sinn.
Ich begann (auf Schwedisch) zu googeln und fand tatsächlich einen uralten, mittlerweile digitalisierten Artikel, in dem – soweit ich das richtig interpretieren konnte – auch von einer Gegend die Rede war, die ich wiederum auf Google Maps fand. Die Gegend war auf der Karte voller blauer Flecke, also Seen. Im letzten Tageslicht warf ich wieder den Dieselmotor meines alten Benz an und machte mich auf den Weg.
In dieser Gegend sollte ich die nächsten sechs Tage meiner Reise verbringen. Und, um die Sache abzukürzen: Ich fing Karpfen! Mehrere! Ein Abenteuer genau nach meinem Geschmack.
Der Mythos vom Karpfen in Schweden ist wahr!Fest steht: Es gibt Karpfen in Schweden. Und Karpfengewässer in Schweden findet jeder, der sich bei der Recherche ein bisschen Mühe gibt und Zeit investiert. Eine gute Spürnase vorausgesetzt. Bleibt die Frage, ob es auch große Karpfen in Schweden gibt. Ganz klar ist, dass Karpfen über 15 Kilo in Schweden definitiv richtig kapitale Fische sind. Dennoch werden auch in Schweden die Winter milder und das Wasser durchschnittlich wärmer. Ich weiß aus verschiedenen Gewässern von Fischen über 20 Kilo. Doch diese Fische sind auch im Jahr 2020 noch immer absolute Ausnahmen. Wer nähere Infos zum Karpfenangeln in Schweden austauschen möchte, kann sich gerne über Instagram oder Facebook an mich wenden. |