Reisebericht Hareid / Haugsbygda 04.09. – 21.09.2006

Norwegen ist ein wunderbares Land, so hört man immer wieder. Meistens von Leuten, die noch nie da waren. In diesem seltenen Fall irren sie sich aber mal nicht. Ich selbst war nun schon einige Male in

diesem prima Land zu Gast, allerdings im Süden, wo es ja um Natur und Fische nicht so überdimensional gigantisch bestellt sein soll wie im höheren Norden. Mir bzw. uns gefällt es dort aber trotzdem auch sehr gut. Matthias bereist die nördlichere Gegend um Alesund, insbesondere die Insel Hareid, seit nunmehr dreizehn Jahren und verblüffte mich von Zeit zu Zeit mit Angelgeschichten von geradezu münchhausenschem Format, allerdings meistens in Verbindung mit unwiderlegbaren Fotobeweisen… Nun klappte es bei mir in diesem Jahr endlich auch einmal mit einem längeren Urlaub, so daß sich die mit insgesamt knapp 35 Stunden ausgesprochen lange Anfahrt auch lohnte. Ich war wirklich äußerst gespannt, ob sich die, wenn auch unwillkürlich, hochgesteckten Erwartungen tatsächlich erfüllen sollten. Da die für Ihre drakonische Gesetzgebung gefürchteten Norweger gerade noch rechtzeitig zu unserem Urlaubsantritt die Ausführbeschränkung für Meeresfischprodukte erbrütet hatten, kam in den Monaten vor unserem Urlaub leider noch etwas Missstimmung auf. Matthias Vater cancelte seine Teilnahme an der Reise auf der Stelle, nachdem er von der Quote erfahren hatte und wir waren gezwungen, die Fähre vergleichsweise teuer umzubuchen. Wir beschlossen schließlich einfach, uns nicht ärgern zu lassen und uns unseren Teil zu denken. Los ging es schwer bepackt am 04.09.2006 um 6.00 Uhr von Dorsten in Richtung Kiel, wo wir nach zügiger Fahrt gegen 10.30 Uhr am Norwegenkai eintrafen. Traditionell trabte man nach dem Einchecken rüber zu Karstadt, wo erst einmal ein ausgedehntes Diätfrühstück eingenommen wurde. Um 13.30 Uhr war Boarding-Time auf der „Color Fantasy“. Dieses beeindruckende Schiff lässt jeglichen Fährschiffmief vergessen und präsentiert sich als geschliffener Luxusliner mit vielfältiger Gastronomie. Der Service eines Pizza-Bringdienstes (!) an Bord hat uns jedenfalls sehr erheitert. Die gebotenen Freizeitmöglichkeiten, das professionelle Showprogramm und nicht zuletzt die sehr komfortable Ausstattung der Kabinen haben durchaus Kreuzfahrtniveau. Ein gutes Abendessen und eine erholsame Übernachtung ließen unseren Urlaub somit schon auf dem Schiff beginnen. Um 9.30 Uhr des folgenden Tages erreichten wir nach einer ruhigen Überfahrt gut ausgeruht den Hafen von Oslo und brachen unbehelligt vom norwegischen Zoll in Richtung Alesund auf. Eines konnte ich schon gleich außerhalb der Hauptstadt bestätigen: was die Natur betrifft, wurde es mit jedem Kilometer nordwärts beeindruckender und gewaltiger. Nach diesen letzten 660 Kilometern vorbei an der Olympiastadt Lillehammer erreichten wir unser Reiseziel Gursken / Haugsbygda auf Hareid am frühen Abend. Gleich nach der Ankunft wurden wir herzlich von unserer Vermieterin Anny in Beschlag genommen, einer noch sehr agilen und liebenswerten Dame von stolzen neunzig Jahren. Sie servierte uns vorzüglichen Kaffee und selbst gemachte Waffeln, die uns nach der anstrengenden Fahrt sehr willkommen waren. Leider konnte ich zur Unterhaltung zwischen Anny und dem sprachkundigen Matthias nur wenig beitragen, da ich (noch) kaum Norwegisch spreche und Anny, was in Norwegen schon fast unüblich ist, kein einziges Wort Englisch. Wir richteten unser Quartier ein, kochten uns was Feines und stießen erst einmal auf die glückliche Ankunft an. Vor lauter Vorfreude machten wir kaum ein Auge zu und fieberten der ersten Ausfahrt entgegen. Nach einer ausgedehnten Schönwetterperiode im Juli und August war die Wassertemperatur im Fjord auf 16° C angestiegen. Befreundete Angler, welche Ihren Urlaub in den Wochen zuvor auf Hareid verbracht hatten, klagten über sehr bescheidene Fänge, da sich der Fisch aufgrund der Wärme anscheinend aus den Fjorden verabschiedet hatte, um in kühlere Bereiche abzutauchen. Durch zahlreiche Trankopfer zu Ehren Odins und Thors schon rechtzeitig im Vorfeld der Reise waren uns die zuständigen Götter zunächst jedoch gnädig gesonnen. Unser erster Angeltag bescherte uns nach den noch recht stürmischen Vortagen einen spiegelglatten Fjord! Auf Einladung unseres im Auftrag Petri schon weit gereisten Angelfreundes Peter aus Franken, welcher mit eigenem Boot und Gefolge zwei Tage zuvor eingetroffen war, verbrachten wir den ersten Tag auf seinem kräftig motorisierten Konsolboot, da sein Begleiter Andreas am Vortag mit Seekrankheit zu kämpfen hatte. Peter war wie ich zum ersten Mal in diesem Gebiet und versprach sich in Unkenntnis des Fanggebietes nicht viel davon, allein auszufahren. Das Angebot, auf Peters komfortablem Boot auszufahren, nahmen wir natürlich dankend an. Matthias lotste uns zu den Hot Spots und an buchstäblich jeder Stelle waren wir erfolgreich. Es wurden reichlich Seelachse, Rotbarsche, Schellfische, Lumbs und beim ultraleichten Spinnen an den vor der Küste liegenden Untiefen einige beachtliche Pollacks erbeutet. Der Höhepunkt des Tages war Peters schöner Leng von 1,05 m Länge, überlistet mit einem 120 Gramm Pilker in ca. 100 m Wassertiefe. In bester Stimmung und mit wohl gefüllten Fischkisten ging es heimwärts: ein Auftakt nach Maß! Wie jeder weiß, der einmal auf hoher See zu angeln die Freude hatte, ist das Wetter an sich ja völlig egal, worüber jeder Nichtangler natürlich sofort die Stirn runzelt. Es darf nämlich durchaus gern kalt sein oder, wenn es sein muß, auch brüllend heiß; es soll ruhig schneien oder regnen, meinetwegen aus Kübeln und ohne Unterlass; Nebel, Hagel und Eis schrecken uns Angler auch keineswegs ab. Bei alledem geht es ja schließlich nur um passende Kleidung. Nur eines sollte es unter keinen Umständen sein oder werden: zu windig! Dann kann es auf See recht unangenehm werden, die Drift macht das Angeln zur Farce und mitunter kann es bei zuviel Wagemut sogar lebensgefährlich werden. Am nächsten Tag – und es sollte eine gute Woche lang so bleiben – blühte uns dieses Schicksal, denn leider, leider schlug das Wetter um. Der Wind setzte uns mit Geschwindigkeiten von bis zu zwölf Metern pro Sekunde derart zu, daß wir uns kaum aus dem Fjord wagen konnten – die Pest! Schon mittags waren wir durch die Gischt bis auf die Knochen durchnässt und trockneten am Nachmittag missmutig im relativ geschützten Fjord beim Zocken kleiner Dorsche, Schellfische, Lengs, Plattfische, Pollacks und immer wieder Makrelen als Beifang. Sicherlich war das leichte Pilken auch ein kurzweiliges Vergnügen, aber bei Weitem nicht das, was wir uns erträumt hatten. Eigentlich hatten wir uns ja vorgenommen, die wirklich tiefen Stellen bis 300 m in der Hoffnung auf Kapitale intensiv mit Naturködersystemen zu befischen. Wir nutzten die Zeit zum Probieren neuer Fischrezepte, dem Räuchern der köstlichen Makrelen und zur Reparatur unseres schlecht anspringenden (das fehlte uns bei der Drift gerade noch) Motors. Zwischendurch waren wir Pilze suchen, die warme und feuchte Witterung im September war dazu ideal. Wir fanden auch reichlich Pilze, die den mir bekannten essbaren auch recht ähnlich sahen; aber eben nur ähnlich… wir zeigten sie dann Anny, mit neunzig Lenzen am selben Ort bestimmt eine Pilzexpertin. Nein, sagte sie, Pilze habe sie nie gesucht, höchstens im Supermarkt. Das Ende vom Lied war, dass buchstäblich keiner der ja immer als naturnah eingeschätzten Norweger aus unserer Nachbarschaft wusste, ob unsere Pilze denn nun essbar waren oder nicht. Wir mussten sie dann letztlich schweren Herzens wieder freilassen. Beim Essen brachen uns sogar die Messergriffe ab – es passte alles prima zusammen! Aber um ehrlich zu sein, genossen wir die Tage dennoch in vollen Zügen. Vom Wind abgesehen (aber was heißt das schon…) war es sehr erholsam und gesellig, zumindest die Abende. In dieser ganzen windigen Woche gab es trotz zahlreicher erprobter Methoden und Köder kaum einen nennenswerten Fang, von wenigen zum Teil recht kapitalen Plattfischen und einem verlorenen Seeteufel einmal abgesehen. Auch unsere Angelkollegen René + Freunde aus Meck-Pomm (die unglücklicherweise ausgerechnet nur in dieser grausamen ersten Woche Urlaub hatten) sowie der stets agile und experimentierfreudige Peter mit Andreas hatten trotz allem Einsatz wenig Glück. Zwar konnte sich Peter mit seinem größeren Boot weiter hinaus wagen aber dafür lag es natürlich wie ein Segel im Wind. Ohne Treibanker machte die Drift dem Spaß schnell ein Ende, so daß auch er in den Fjord zurückweichen musste. Es schien sich zu bewahrheiten: im krassen Gegensatz zu all den Vorjahren waren im Fjord selbst keine größeren Fischbestände anzutreffen. Selbst die sonst todsicheren Reviere der Pollacks, die an ultraleichtem Spinngerät ein herrliches Angelerlebnis bescheren, waren kaum besetzt. Hin und wieder verirrte sich ein kleiner bis mittlerer Einzelgänger an die immer kleiner gewählten Twister, Spinner und Gummifischchen. Na ja, wenn kein Fisch da ist, nützt bekanntlich alles Probieren nix; man kann es aber trotzdem nicht lassen. Nach ganzen sieben Tagen zwischen Fluchen und Beten flaute der Wind endlich ein ganz klein wenig ab. Wir nahmen es als himmlisches Zeichen und sofort ging es todesmutig hinaus vor die Küste. Und siehe da: dort war er, der Fisch! Schon beim ersten Herablassen über einem Felsplateau stürzten sie sich gierig auf unsere Köder. Wir fingen massig schönen Seelachs, große Lengs und Lumbs auf Naturköder und schließlich einen sage und schreibe 17 Pfund schweren roten Kalmar, der gleich mit drei Fangarmen über das angebotene System hergefallen war. Der packende Drill des für mein Dafürhalten riesigen Tintenfisches aus 120 m Tiefe dauerte spannende zehn Minuten. Den geradezu wütenden „Gesichtsausdruck“ des Kalmars bei der Landung werde ich nie vergessen. Danach war unser Boot schwarz vor Tinte. Für dieses geniale Angelerlebnis haben wir das leicht blümerante Magengefühl durch das Auf und Ab der immer noch sehr kabbeligen See gern in Kauf genommen. Mit diesem Tag waren alle Rückschläge vergessen. Bis zum folgenden Morgen hatte sich der Wind weiter gelegt. Wir starteten voll motiviert durch und widmeten nach einem sehr erfolgreichen Seeachsangeln den Rest des Tages ausschließlich der Fischerei in Tiefen ab 200 Metern mit unseren nach Matthias Entwürfen selbst montierten Naturködersystemen. Der Erfolg war durchschlagend. Matthias, der mit Rücksicht auf seinen Vater all die Jahre Tiefen von höchstens achtzig bis hundert Meter befischt hatte, war selbst überrascht, welche Räuber in diesen Abgründen lauern. Wir erbeuteten u. a. zwei sehr schöne Lengs von gut über einem Meter Länge sowie Matthias seinen bisherigen Rekordlumb von stolzen 19 Pfund; mehrere durchschnittliche Fische rundeten diesen tollen Angeltag ab. Für mich zählt das Grundangeln mit Naturködern seither zu den spannendsten und aktivsten Angelmethoden. Allerdings war Matthias mir altmodischem „Handarbeiter“ mit seiner elektrischen Shimano „Dendou-Maru“ Multirolle absolut im Vorteil. Dieses Teil ist für das Grundangeln in großen Tiefen einfach nur gigantisch! Während man selbst nach einem Fehlbiss oder kurzem Zupfer wahnsinnig wird, weil man das 500 bis 1000g schwere Blei mühsam nach oben pullen muss (das dauert wirklich jedes Mal gute zehn Minuten und nach dem fünften Mal ruft man verzweifelt nach dem Orthopäden!), drückt der Herr bloß kurz auf ein Knöpfchen und zügig ist der Köder zur Überprüfung und ggf. Auswechseln wieder oben. Erstaunlich ist auch die nahezu unglaubliche Kraft dieser Elektro-Multi. Mit einem „elektrischen“ Drill nimmt man sich natürlich selbst den Spaß, aber testweise konnten wir es nicht lassen, wenigstens einmal einen vermeintlich kleineren Räuber damit über die gesamte Tiefe zu „drillen“; die Gegenwehr war lediglich ab und an ein mittelschweres Rucken in der Rutenspitze, nichts Besonderes also. Als der Fisch aber nach knapp drei Minuten mit Schwung die Wasseroberfläche durchbrach, wurde uns fast schlecht: die Rolle hatte ohne merkliche Anstrengung mal eben einen stattlichen Leng von gut 20 Pfund hochgezerrt! Echt großer Sport; da bleiben wir doch besser beim althergebrachten Kampf Mann gegen Fisch… überaus zufrieden fuhren wir am frühen Abend gen Hafen. Aber es sollte noch besser kommen. Kaum hatten wir unsere Geräte und unseren Fang in der Fischerhütte verstaut, um uns an das Filetieren der Fische zu machen, luden uns unsere lieben Hafennachbarn Vigdis und Gunnar spontan zum Bierchen ein, welches dann in ein vorzügliches Abendessen mündete. Sie verwöhnten uns mit köstlichen Garnelen und reichlich Wein dazu. Später stieß noch Harald zur geselligen Runde, Vigdis Bruder, ein hervorragender Schiffskoch und selbst nebenberuflich Fischer. Er zauberte nach ein paar Fragen zu unserem Fang aus zweien unserer Lumbs, deren Filets er sich kurzerhand selber schnitt, spontan und mit einfachsten Mitteln ein derart köstliches Fischgericht, daß es kaum zu glauben war. Wirklich ein Könner! Das spätere Verarbeiten der übrigen Fische bei mittelschwerer Schlagseite wurde noch recht spannend und schon der Weg zur Fischerhütte bei mittlerweile völliger Dunkelheit war ein Abenteuer für sich. Während des Essens hatte Harald auch im Namen seiner Mutter seinerseits eine Einladung zum Abendessen für den nächsten Tag ausgesprochen. Er erklärte, daß er vorhabe, uns ein typisch norwegisches Fischgericht zu präsentieren, für das wir ihm die Zutaten zur Verfügung stellten. Die Leber der Brosme (so heißt der Lumb in Norwegen) gefüllt in deren Köpfe: mmmmhhh – lecker! Mit gemischten Gefühlen philosophierten wir während der Galgenfrist des folgenden Angeltages, den wir zur Abwechslung geruhsam und ziemlich erfolglos im Fjord beim Grundangeln auf Seewölfe verbrachten, über diese kulinarische Verlockung. Das abendliche Essen war dann aber doch viel leckerer als erwartet; nicht jedermanns Sache vielleicht, aber: interessant! Man sollte es mal probiert haben, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Oder um es mit den legendären Worten meines Großvaters zu sagen: “Es schmeckt gut, aber bestellen würd´ ich´ s mir nicht.“ Auch diese Zusammenkunft führte zu einem sehr geselligen und informativen Gelage mit intensivem Sprachkurs. So erfuhren wir z. B., daß der Norweger „Skol!“ beim Zuprosten im Allgemeinen dann verwendet, wenn er davon ausgeht, daß der Abend mit ziemlicher Sicherheit unter dem Tisch endet. Ganz so heftig war es dann zwar nicht, aber als wir zu späterer Stunde noch Haralds ausgezeichneten Cognac nicht ablehnen durften, hatten wir unsere Bettschwere aber auch definitiv erreicht. Im seligen Vollrausch wurde noch schnell die Gründung einer Judas Priest Coverband beschlossen, bei deren erstem Konzert mindestens vier Harleys von nicht zu winterlich gekleideten jungen Damen auf die Bühne gefahren werden müssen. Sicherheitshalber wurden diese unersetzlichen historischen Gespräche von Matthias mit der Videokamera aufgezeichnet, damit man sich ein Leben lang dafür schämen darf; ein rundum gelungener Abend also. Weil wir entgegen aller düsteren Vorhersagen doch noch ausgezeichnet gefangen hatten, kam wieder einmal die Frage nach den Folgen der Ausfuhrbegrenzung auf. Wir hatten dazu übrigens erfahren, daß die Festlegung von maximal 15 kg erfolgt ist, weil der durchschnittliche Norweger statistisch 12 kg Meeresfischprodukte jährlich verzehrt. Diese erstaunlich niedrige Menge (lt. diversen Internetquellen liegt der statistische Verbrauch der Norweger tatsächlich irgendwo zwischen 40 und 50 kg, was auch viel wahrscheinlicher klingt) wurde dann zu Gunsten der Angler großzügig aufgestockt. Wir hatten ohnehin längst beschlossen, es bei etwa 25 kg pro Person bewenden zu lassen und unseren darüber sehr erfreuten norwegischen Freunden bereits allerhand Fisch vermacht. Vielleicht in diesem Zusammenhang trotz guter Vorsätze (aber der Stachel sitzt halt zu tief:-) doch noch ein paar Gedanken zur Ausfuhrquote. Zunächst einmal es ist sicherlich sinnvoll, natürliche Ressourcen zu schonen; dazu könnte aber auch die z. T. massiv ausbeutende einheimische Fischerei beitragen. Wenn man allerdings von schamlosen Raubangler-Touristen hört, die tonnenweise Filets zum Verhökern wegschleppen, wird einem schlec t. Allerdings wurde uns genauso übel, als wir von einer in Norwegen lebenden Deutschen erfuhren, daß kürzlich ein Ehepaar an der Grenze mit einer Strafe von umgerechnet EUR 1.000,- belegt wurde, nur weil sie die zugelassene Menge jeder um knapp 10 kg überschritten hatten. Derart übertriebene Strafen schießen weit über das Ziel hinaus und bewirken bei jedem Menschen mit ein wenig Gerechtigkeitssinn lediglich Fassungslosigkeit und den schalen Beigeschmack der Kränkung, weil man sich durch bürokratische Willkür schon als ganz normaler Angler wie einen potentiellen Kriminellen behandelt sieht. Wir entschlossen uns letztlich, sicherheitshalber 60 kg Seelachs zu kaufen und diesen dann ebenfalls zu verschenken, um notfalls eine offizielle Rechnung beim Zoll vorweisen zu können. Und das alles nur, um unseren eigenen Fisch mitnehmen zu dürfen – aua! Die Fischer am Kai der Fabrik haben sich jedenfalls halb totgelacht. Zuerst, weil sie dachten, wir wären zu blöd, uns selbst Fisch zu fangen; danach, als wir Ihnen erklärt hatten, warum wir den Fisch tatsächlich kaufen! Alle Norweger, mit denen wir über dieses Thema gesprochen haben, sehen die Gesetzgebung „der Politiker aus Oslo“ übrigens als höchst misslungen an, um es vorsichtig auszudrücken. Es gäbe derzeit eine rege öffentliche Diskussion, ob eine derart unsinnige Verfügung zum Schaden des Tourismusgewerbes aufrechterhalten werden dürfe. Man darf gespannt sein… Das musste mal raus. So – weiter im Text: wir hatten in den verbleibenden Tagen auch weiterhin traumhaftes Angelglück und fingen schöne Schellfische, Leng, Lumb und Seelachs sowie kleinere Rotbarsche, Knurrhähne, Pollacks, Plattfische, u. a.; die Artenvielfalt ist dort oben wirklich fantastisch! Ich selbst erlebte noch eine absolute Sternstunde, als ich das Glück hatte, in 120 m Tiefe einen Leng von 1,42 m und 31 Pfund zu haken. Nach 15 nervenaufreibenden Minuten war der riesige Räuber oben angelangt. Es ist erstaunlich, wie Fische ab einer Größe von einem Meter mit jedem Zentimeter Wachstum überproportional an Umfang und Masse zunehmen; jedenfalls war es schon ein wirklich beeindruckendes Tier. Wenn man sich dann vorstellt, wie wohl einer von 1,60 m aussieht…vielleicht beim nächsten Mal. Dieses einmalige Erlebnis war für mich der krönende Abschluss unseres rundum gelungenen Angelurlaubs. Aber auch beim leichten Spinnen auf Pollaks waren wir noch bei einigen abendlichen Ausfahrten mit Peter erfolgreich; der Größte brachte stolze 16 Pfund auf die Waage. Am vorletzten Urlaubstag besuchten wir die örtliche Lachsfarm. 60.000 bis 80.000 Fische pro Netzgehege – Natur pur. Schmecken tun sie trotzdem exzellent und als anadrome Wanderfische sind Lachse ja von der Ausfuhrbeschränkung, wie auch alle Süßwasserarten, ausdrücklich befreit. Wir werden sie dieses Mal allerdings zuhause räuchern, weil die Zeit gerade so eben noch zum Durchfrieren für den Transport reichte. Am 20.09. war unser grandioser Urlaub dann schließlich vorbei und wir machten uns nach einem Abschieds-Kaffeetrinken bei Anny sehr zufrieden und wie immer mit einem Schuss Traurigkeit auf den Heimweg. Na ja, im April geht´ s ja wieder los – bis dahin können wir von unseren Erinnerungen zehren, zumal das Meiste mit der Videokamera festgehalten wurde. Letztlich wurden wir übrigens doch nicht kontrolliert – keine Spur vom Zoll in Oslo. Vielleicht doch nur heiße Luft? Zum Abschluss noch ein fast authentisches Zitat von Wiglaf Droste („Schlemmerfilet á la Bordelaise: wie viele Lügen stecken in diesem Wort?“) aus seinem Lied über den Grätenwerfer in der Fischfabrik (weil in jedem „praktisch grätenfreien“ Schlemmerfilet ja schließlich immer eine Gräte lauert, muss die wohl einer reintun): „…wir fingen sie alle / Heilbutt und Makrel´ / sie kamen als Freunde / und wurden zu Mehl.“ Haha! In diesem Sinne allzeit Petri Heil! Matthias und Markus Bericht vom: Team www.meeresfischen.com


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