Verglichen mit anderen Großhaiarten kommt der Heringshai sehr gedrungen daher. Manche verwechseln ihn wegen seines recht hohen, kräftigen und spindelförmigen Körpers sogar mit einem Thun.
Die Schnauze ist abgerundeter als beispielsweise beim Blauhai. Heringshaie sehen furchteinflößend aus, sind aber für den Menschen ungefährlich. Wo und wann Bei den englischen Meeresanglern ist der Heringshai die beliebteste Haiart. Denn der große und kräftige Fisch ist in den Gewässern um die britische Inselwelt nicht nur recht häufig, sondern er bietet auch einen hammerharten Kampf.
Zu den heißesten Hai-Revieren zählt der Pentland Firth, das ist die Meeresenge zwischen Schottland und den Orkney-Inseln. Hier ging der britische und europäische Rekordfisch an den Haken, und hier werden in jeder Saison wahre Monsterfische bezwungen. Gute Plätze warten auch fern im Norden, nämlich rund um die Shetland-Inseln und sogar vor der mittelnorwegischen Küste, allerdings fängt man vor Norwegen meist deutlich kleinere Exemplare. Sogar vor der südgrönländischen Küste kann man im Sommer auf Heringshai angeln. Wer nicht so weit in den Norden reisen möchte, der braucht nur über den Ärmelkanal: Von vielen Häfen an der englischen Südwestküste fahren Boote zum Hochseeangeln auf Hai, etwa von Plymouth oder Torbay.
Britische Kenner meinen, daß der Heringshai vor Cornwall und Devon wesentlich häufiger vorkommt als der Blauhai. Eines der allerbesten Reviere ist die Isle of Wight, wenngleich die Zeiten, als man hier ein Dutzend oder mehr Heringshaie pro Ausfahrt fing, inzwischen vorbei sind.
Das Geheimnis der Beststellen erklärt sich durch den Tidenhub: Wo man Meeresarme mit extrem starkem Gezeitenstrom findet, dort findet man auch den Heringshai. Die englischen Angelkapitäne suchen solche Meeresströmungen und lassen das Boot mit einsetzender Flut über diese Stellen driften. Vor der Südküste der Isle of Wight beispielsweise prallen über dem St.-Catherine-Graben zwei sehr starke Gezeitenströme aufeinander, und genau in diesem Bereich werden die meisten kapitalen Heringshaie gefangen. Die gierigen Räuber lauern hier auf Makrelen-, Herings- oder Dorschschwärme, die von der Strömung herangespült werden.
Ähnliches gilt für die Südwestküste Irlands: Auch dort schwimmen beileibe nicht nur Blauhaie umher, auch Heringshaie werden regelmäßig gefangen, etwa vor Achill Island oder den Cliffs of Moher. Ganz anders als beim Blauhai, braucht man beim Heringshaiangeln aber nicht ewig weit hinaus auf das Meer zu fahren. Denn der Heringshai kommt auch dicht unter Land, schon zwei, drei Kilometer vom Ufer treiben sich gute Fische herum. Das flachere Wasser macht dem Heringshai nichts aus; die kapitalen Exemplare findet man allerdings meist zehn oder mehr Kilometer vor der Küste. Manchmal ist der Hai sogar näher, als der Angler denkt: Wo man Makrelen vom Steilufer aus fangen kann, hat man auch die Chance, einen Heringshai zu erwischen. Natürlich sind diese Brandungshaie wesentlich kleiner als die Monsterfische draußen auf der hohen See.
Heringshaie lauern auf Schwarmfische wie Heringe und Makrelen, und damit ergibt sich auch die Angelsaison. Sie beginnt in Westeuropa im Mai und dauert bis Oktober, wobei die Sommermonate von Ende Juli bis September am besten sind. Ab Oktober verschwinden die Heringshaie dann in die Tiefen der offenen See.
Auch beim Angeln auf Heringshai wird zunächst vom driftenden Boot mit rubby dubby angefüttert, um die Fische anzulocken. Als Köder dient ein Hering oder eine frische Makrele, die in fünf bis 20 Meter Wassertiefe serviert wird. Manche Angler beködern den Haken auch gleich mit zwei Makrelen. Die Pose sollte dann über eine entsprechende Tragkraft verfügen; weit verbeitet sind kleinere Luftballons oder Plastikflaschen, die man per Wirbel und einem Stückchen Angelschnur mit der Hauptschnur verbindet.
Um einen großen Heringshai zu drillen, muß das Gerät wirklich stabil sein: Eine kurze, kräftige Bootsrute (mindestens 50 lbs, besser sind 80 lbs) und die entsprechende Multirolle sind entscheidend (beispielsweise eine Penn 9/0, die ein großes Schnurfassungsvermögen besitzt). Fast überall ist auf den Booten, die Hai-Touren anbieten, das richtige Gerät vorhanden. Selbstverständlich sollte die Schnur zur Rolle passen, auf eine 80-lbs-Rolle spult man eben auch eine 80-lbs-Schnur (36 kg). Nun hat der Haifisch Zähne. Deshalb ist ein Vorfach aus bestem Stahldraht unerlässlich. Das erste Stück des Vorfachs ist einen Meter lang, mit einem stabilen Hochseewirbel wird es mit einem weiteren, etwa vier bis fünf Meter messenden Stahlvorfach verbunden. Denn auch der Heringshai kommt im Drill auf reichlich Umdrehungen, der Wirbel ist dann hilfreich. Ist das Vorfach zu kurz, besteht die Gefahr, daß der Hai die Hauptschnur durchscheuert oder durchbeißt.
Die richtige Antwort auf das eindrucksvoll bezahnte Maul eines Heringshais ist ein verchromter Mustad Seamaster Haken der Größe 12/0. Der Haken sollte vor dem Angeln nochmals gut nachgeschärft werden. Nach dem Biß heißt es warten jedenfalls für den Glücklichen an Bord, dessen Köder der Hai genommen hat. Alle anderen Angler holen jetzt ihre Leinen herein. Erst wenn der Heringshai mit seiner zweiten, meist schnelleren Flucht beginnt, darf man kräftig anschlagen: einmal, zweimal und dreimal. Vorher hat man genug Zeit, Harness oder mindestens Gimbal anzulegen. Denn ohne könnte es passieren, daß der Angler beim Drill rascher ermüdet als der Hai.
Die Landung übernimmt die Crew. Heute ist es üblich, den Fisch vorsichtig mit einer Schwanzschlinge ins Boot zu bringen und nach dem Wiegen und Fotografieren wieder schwimmen zu lassen.