Fast zeitgleich zischen vier unglückliche Wattwürmer in Richtung Meeresboden. Angekommen. Die Bügel der Rollen werden geschlossen und die zügige Drift spannt die Schnüre augenblicklich. Am leichten Hoppeln des Bleis erkennen die Freunde an Bord: Sandboden – sie sind richtig! Hier ist das Revier von Plattfischen wie Scholle und Co.! Das Angeln auf Plattfisch in der Ostsee wurde in der Vergangenheit meist als Fang für die Küche abgetan. Tatsächlich ging es lediglich oft darum, Fisch für den Verzehr zu fangen. Diese Sichtweise wird der spannenden und kurzweiligen Angelmethode beim Driftfischen allerdings nicht gerecht, denn es ist viel mehr als nur „Essen besorgen“.
Plattfisch in der Ostsee: So macht Angeln Spaß!
Eine Ausfahrt mit Freunden auf Plattfisch gehört zu den unterhaltsamsten und geselligsten Angelarten, welche die Ostsee zu bieten hat. Es ist einerseits sehr spannend, die Montagen über die Bordwand auf Tauchfahrt zu schicken und die ersten Bisse des Tages zu erwarten. Andererseits bleibt trotz der Spannung genügend Raum für ein geselliges Miteinander und die Muße, den Angeltag in vollen Zügen zu genießen. Es ist beim Driftfischen nicht zwingend notwendig, den Köder permanent aktiv zu führen. Eher muss man auf die Bisse reagieren und für zuverlässigen Grundkontakt sorgen. Die Drills einer großen Scholle oder Flunder machen am leichten Geschirr richtig Spaß. Plattfische wissen sich wirklich zu wehren.
Zurück an Bord: Bereits nach einigen Metern Drift vibriert eine der Rutenspitzen leicht. Jetzt schnell ein wenig Schnur freigeben und erneut vorsichtig Fühlung aufnehmen. Einige Sekunden später wird die Spitze kräftig nach unten gezogen. Ein Anhieb ist nicht nötig, der Fisch hakt sich praktisch selbst. Der Drill beginnt. Zuerst kommt der Fisch einige Meter bereitwillig mit nach oben. Im Mittelwasser zieht der unsichtbare Kontrahent jedoch mit Kraft nach unten und flüchtet wild und blitzschnell nach links und nach rechts.
Auch interessant
Diese Köder sind Plattfisch-Magneten
Wie findet man in den Weiten der Ostsee ergiebige Plattengründe? Sandgrund ist das Stichwort. Es gibt viele geeignete Sandflächen, doch nicht alle sind automatisch gute Plattfischplätze. Weite Bereiche sind recht strömungsarm, dort sammelt sich Feinmaterial am Grund. An diesen Plätzen herrscht teilweise Sauerstoffarmut und es gibt deutlich weniger Nahrung als über strömungsreichem Sandgrund. Solche Plätze schätzt kein Plattfisch der Ostsee, lediglich kleine Klieschen liegen hier verstreut in geringen Stückzahlen am Grund.
Sanft abfallende Sandkanten, flachere Sandplateaus und Sandgrund am Übergang zu markanten Strukturen sind dagegen wahre Plattfisch-Magneten. Ein Klassiker sind Landspitzen, die sich unter Wasser weit fortsetzen und dann sandig auslaufen. Es ist immer sinnvoll, mit dem Boot unterschiedlich strukturierte Plätze anzufahren und ein, zwei Probedriften zu machen. So findet man schnell heraus, worauf die Platten gerade stehen. Windrichtung und -stärke haben einen großen Einfluss darauf, wie gut unterschiedliche Plätze „laufen“.
Zu Beginn der Saison, um Mitte Juni, stehen viele Plattfische in der Ostsee eher flach, um im Laufe des Sommers langsam tiefer zu ziehen. Mit dem Herbst werden wieder flachere Bereiche aufgesucht. Als Faustregel gilt: Mit zunehmender Tiefe nimmt das Verhältnis von Schollen am Gesamtfang zu. Flundern liegen oft im flachen Wasser in unter sieben Meter Tiefe. Nach längerem Starkwind sind seichte Bereiche an den im Wind gelegenen Küstenabschnitten und sehr flache Sandbänke oft eine gute Wahl. Doch die Plattfische sind launisch: Gelegentlich fängt man ohne erkennbaren Grund an einem Platz fast nur die begehrten Schollen. Schon beim nächsten Besuch, ein paar Tage später, beißen dort ausschließlich Klieschen.
Angeln auf Plattfisch in der Ostsee: Einfach treiben lassen
Geangelt wird in der Regel vom driftenden Boot aus. So kann eine große Fläche abgesucht werden, und die Bisserkennung ist einfacher als beim Ankern. Man lässt die Montage einfach herab und über den Boden schleifen. Große Bewegungen sind nicht gefragt. Bei sehr wenig Drift hilft es allerdings oft, etwas auszuwerfen und die Montage aktiv zu fischen. Bisse sind nicht immer leicht zu verwandeln und bei weitem nicht jeder Interessent wird gehakt. Zum Einsatz können unterschiedlichste Montagen kommen. Je nach herrschenden Bedingungen haben sie ihre Vor- und Nachteile. Bei geringer Drift haben leichte Montagen, die sich verwicklungsfrei und weit werfen lassen, oft die Nase vorn. Klassische Jigköpfe oder Spezialmodelle, wie der sehr empfehlenswerte Plattfischjig, lassen sich sehr gut aktiv führen und bringen oft noch Fisch, wenn andere Methoden versagen.
Ein Klassiker für fast alle Bedingungen ist der Buttlöffel, von dem es inzwischen verschiedene Modelle gibt. Bei zaghaften Bissen hat sich ein Durchlauf-Buttlöffel bewährt. Bei etwas stärkerer Drift ist auch eine klassische Nachläufer-Montage mit einem Pilker anstelle des Bleis sehr erfolgreich. Plattfische sind von Haus aus neugierig. Lockperlen und Spinnerblätter können mehr Bisse bringen, doch manch- mal ist weniger mehr. Als Faustregel gilt: Je mehr Wasserbewegung, desto auffälliger darf die Montage sein! In jedem Falle muss der Köder zuverlässig am Grund angeboten werden können. Also lieber etwas schwerer, als zu leicht fischen!
Das große Zittern
Die Bisse von Plattfischen fallen weniger heftig aus, als zum Beispiel die eines Dorsches. Meist bemerkt man anfangs ein leichtes Zittern. Mit dem Anhieb sollte man nicht zu lange warten. Plattfische saugen ansonsten den Köder tief ein. Durch ein schnelles Anschlagen lässt sich das reduzieren und der Haken greift im Maul. So können auch zu kleine Fische schonend wieder vom Haken gelöst und zurückgesetzt werden. Im Drill kämpfen Scholle und Flunder am besten. Gerade am leichten Gerät geht es dann richtig zur Sache.
Der Kampf an der Spinnrute scheint Freude zu machen, Skipper Jan strahlt über beide Ohren. Kurze Zeit später kommt eine bildhübsche Scholle von fast 40 Zentimetern über Bord gesegelt – Bingo! Alle freuen sich mit. Dazu besteht auch Grund, denn eine Scholle kommt selten allein. Die Köder sausen direkt wieder in Richtung Grund.
Dieser Artikel erschien zuerst in Blinker 12/2015. Hier geht es zur aktuellen Ausgabe!