Jedes Jahr zieht Ende Februar der legendäre Skrei an die Küste Nordnorwegens! Unser schwedischer Kollege Mathias Arnham vom Fiskejournalen ist mit Kamera, Pelzmütze und 750-Gramm-Jigs bewaffnet auf die Lofoten gereist und hat sich dort mit den riesigen Dorschen angelegt. Herausgekommen ist ein Reisebericht – und zwar ein extremer!
Der Skrei ist im Norden von Norwegen zu fangen
Das Echo der Schneeschaufel hallt über die ganze Bucht. Das ganze Deck ist voller Schnee, allein auf der Reling liegen mindestens fünf Zentimeter. Was machen wir eigentlich hier, frage ich mich. Zu Hause wird der Frühling gerade richtig warm, und wir reisen Hunderte von Kilometern, um in klirrender Kälte zu stehen. Eigentlich bescheuert. Doch als unser Guide Erik Axner den 150-PS-Motor startet, sind die Zweifel schnell vergessen.
„Die werdet ihr heute brauchen“, sagt er und reicht uns ein paar Skibrillen. „Wenn euch der Schnee mit 35 Knoten ins Gesicht weht, wird es erst richtig kalt hier.“
Mehrere Lagen Kleidung, dicke Stiefel, drei Paar Handschuhe (zum Wechseln, wir wollen ja keine nassen Finger) – und jetzt auch noch Skibrillen. Aber ganz egal, wie kalt es ist und wie dick wir uns einpacken müssen – wir sind wegen des Skrei hier! Und allein der Gedanke daran, einen riesigen Dorsch aus dem Nordmeer zu drillen, ist die Mühe wert.
Der Unterschied zwischen Skrei und dem normalen DorschDer arktische Dorsch, auf norwegisch „Skrei“, unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von seinem südlichen Verwandten. Mit maximal etwa 170 Zentimetern Länge wird der Skrei deutlich größer, sein maximales Gewicht liegt bei 55 Kilogramm! Außerdem hat der Skrei größere Zähne als der „normale“ Dorsch. Sein Kopf ist flacher und der Skrei besitzt mehr Rückenwirbel. Der Skrei ist zudem ein aktiver Jäger mit pelagischer Lebensweise. Er jagt also im Freiwasser und Fisch ist seine Hauptnahrung. Große Schwärme von arktischen Dorschen ziehen jedes Jahr von der Barentssee hinunter an die norwegischen Lofoten, um dort zu laichen. Obwohl sich Skrei und Küstendorsch genetisch voneinander unterscheiden, können sie sich untereinander verpaaren, was in der Natur jedoch selten bis nie stattfindet. |
Angeln auf Skrei: Große Köder für große Fische
Wir fahren nach Norden, wo der Wind weniger stark sein soll, aber als wir das offene Meer erreichen, ist die Ruhe im Nappstraumen schnell vergessen. Starker Wellengang erschwert die letzten Meilen. In einiger Entfernung sehen wir die Boote einiger Berufsfischer – wie auch wir haben sie es auf den Skrei abgesehen. Erik freut sich offenbar darüber.
„Hier oben ist es sinnvoll, sich an den Berufsfischern zu orientieren“, sagt er. „Sie sind früher unterwegs als wir und haben schon die Tiefe gefunden, auf der die Fische stehen.“
Wir halten etwas Abstand, um die Fischer nicht zu stören oder uns in ihren Leinen zu verfangen. Erik bremst nach einem Moment ab und setzt den Motor gegen den Strom. Dann gibt er uns einen Crash-Kurs in der Angeltechnik.
„Skrei-Angeln ist gar nicht so einfach“, sagt Erik. „Klar, manchmal reicht es, einen riesigen Jig ins Wasser zu werfen, damit die Fische beißen. Aber meistens braucht man etwas Finesse, um Erfolg zu haben. Die größten Jigs wiegen etwas über 750 Gramm – so angeln wir selektiv auf die großen Dorsche, wenn sie im Freiwasser aktiv sind. Die Jigs bewegen sich ruhig und gleichmäßig und sinken langsam, was an manchen Tagen echt effektiv sein kann. Dann haben wir das Gegenteil – Jigs mit schneller Einholzeit, die als Suchköder dienen und passiver geführt werden. Wichtig ist es, Köder mit unterschiedlichen Größen, Schwimmverhalten und Farbe dabei zu haben, um auf alles vorbereitet zu sein.“
Wie groß wird ein Skrei eigentlich?
Die Skrei sind in Bewegung, und es dauert einige Zeit, bis wir die Fische finden. Mit dem Echolot spüren wir einen flachen Bereich auf, der nahe an einem tiefen Hang liegt. Wir suchen die Fische in Tiefen zwischen 60 und 120 Metern. Erik sagt, dass wir vor allem nach großen Fischschwärmen suchen sollen, die etwas über dem Grund stehen. Die größten Dorsche sind fast immer oben im Schwarm, der Köder sollte deswegen leicht darüber platziert werden. Er hat recht, kurz darauf setzt er den ersten Anhieb.
„Es ist sehr wichtig, dass die Rutenspitze direkt über der Wasseroberfläche steht“, sagt er. „Beim Anhieb müssen wir direkten Kontakt zum Fisch haben. Der große Fisch kommt oft direkt von unten und bewegt sich auf uns zu. Halten wir die Rute zu hoch, können wir den Fisch nicht richtig haken.“
Erik holt ein Exemplar der Zehn-Kilo-Klasse ins Boot. 10 Kilogramm! Für einen Ostsee-Dorsch wäre das ein Riese, für einen Skrei hingegen ist das noch ein verhältnismäßig kleiner Fisch … Nach einiger Zeit finden wir den richtigen Spot, und auch Anna und ich fangen unsere ersten Skrei. Was mir auffällt: Die Bisse kommen viel härter, als ich es gewohnt bin, und die Fische kämpfen den gesamten Drill über. Küstendorsche tun das selten, sondern ziehen immer wieder in Richtung Boden, als würde man einen Treibanker einholen.
Fische schonend behandeln
Da die Entnahmequote begrenzt ist, sollten Sie die Fische so schonend wie möglich behandeln. Das betrifft sowohl den Drill als auch die Handhabung auf dem Boot! Achten Sie beim Drill darauf, dem Dorsch genug Zeit für den Druckausgleich zu lassen. Falls die Fische besonders bissfreudig sind, können Sie auch die Widerhaken von den Jigs entfernen, um das Entfernen der Haken zu erleichtern.
Damit die Dorsche unter dem Boot bleiben, dürfen niemals alle Jigs gleichzeitig eingeholt werden! Es sollte immer ein Köder unter den Fischen sein, um das Interesse zu erhalten. Stehen die Dorsche am Platz, wollen aber nicht beißen, können Sie sie mit einem Pilker reizen – das funktioniert vor allem dann, wenn der Fisch tief steht und nicht auf Jigs reagiert. Der Pilker sinkt schneller als ein Köder mit größerem Wasserwiderstand. Mit ein paar gezielten Zuckungen können Sie einen ganzen Schwarm Dorsche in Bewegung versetzen!
Die Großdorsche stehen am tiefen Hang
Die See legt sich, und der Sonnenschein erinnert ein wenig an den Frühling, der hier oben noch weit entfernt zu sein scheint. Für den Moment wird das Angeln sogar richtig angenehm. Erik gibt Anna einen großen, regenbogenfarbenen Gummifisch.„Probier ihn aus“, sagt er. „Meine Geheimwaffe, wenn die Sonne untergeht. Außerdem haben diese Jigs ein schnelleres Bewegungsmuster, das die Fische aus der Reserve lockt, wenn sie nahe beineinander stehen.“ Er deutet auf einen dichten Fischschwarm auf dem Schirm des Echolots.
Ich lasse mich mit der Kamera auf den Beifahrersitz sinken und schaue mir das Filmmaterial an, das ich bisher aufgenommen habe. Das Meer lässt unser Boot wie im Schlaf hin- und herschaukeln. Eine Thermoskanne aus Stahl trommelt im Takt der Wellen gegen die Bordwand. Das Radio wird mal lauter, mal leiser – bis Anna die Stille durchbricht. Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie heftig sich ihre Rute durchbiegt. Der Fisch zieht die Spitze unter Wasser.
Die Fische kommen und gehen
„Das ist wohl der Größte bisher“, keucht Anna, während ihr die Schnur von der Rolle fliegt. Erik bemerkt, dass die Situation etwas ernster ist, legt seine Rute zur Seite und stellt sich neben Anna, die allmählich die Kontrolle über den Drill bekommt. 90 Meter wollen durch die Schnurringe gepumpt werden – da machen sich die vielen Stunden beim Sport bezahlt. Nach einer Weile durchbricht ein massiver Fischkopf die Oberfläche, sein Schwanz peitscht Wasser gegen die Bordwand.
Erik hebt das Geländer an, und ein paar Herzschläge später liegt ein prächtiger Skrei in Annas Schoß. Toller Körperbau, schön marmoriert in allen Farben der Meerespflanzen, und ein schneeweißer Riesenbauch. 22 Kilo, direkt aus dem Eis. Der tiefe Hang nördlich von Skavskär hat sich als tolles Revier erwiesen, doch als Erik und ich unsere Jigs herunterlassen, um auch einen Dorsch dieser Größenordnung zu fangen, sind die Fische nicht mehr da. Alles leer, vom Boot bis zum Meeresgrund.
Wichtiger Helfer: Das Echolot
Während der nächsten Tage lerne ich, dass das Skreiangeln wirklich gar nicht so einfach ist, wie ich gedacht habe. Wie bei jeder anderen Angelei muss man verschiedene Köder und Techniken ausprobieren und die Beißzeiten abpassen. Das Echolot liefert wichtige Informationen – manchmal sind die Fische oben in der Wassersäule und in Bewegung, manchmal stehen sie wie ein Klumpen am Grund. Allgemein fühlen sich für mich der frühe Morgen und die Dämmerung nach den besten Beißzeiten an.
Am letzten Tag unserer Reise fischen wir südlich vom Nappstraumen, da an der Nordseite starker Wind herrscht. Wir suchen den Fisch in einem größeren Bereich, der auch von anderen Anglern befischt wird. Nach einer Weile finden wir den jagenden Schwarm, ein langer Strich auf dem Echolot zeigt, dass er in Bewegung ist. Um uns herum wird ein Fisch nach dem anderen gelandet, und auch Erik kann einen schönen Skrei um die 20 Kilo landen, bevor Wind und Wellen uns das Angeln erschweren.
Um im Nappstraumen die besten Ergebnisse zu erzielen, muss man Wind, Strömung und Gezeiten im Auge behalten. Da wir den Angeltag noch nicht beenden wollen, probieren wir es noch auf Heilbutt und Scholle – aber für die Plattfische haben wir heute nicht die nötige Geduld. Zu sehr reizen uns Kabinenheizung und warmes Essen. Mit nur vier Zutaten – vor allem Skrei – kreieren wir eine klasse Mahlzeit. Der krönende Abschluss für ein eiskaltes Abenteuer. Der Frühling kann von mir aus noch eine Weile auf sich warten lassen.