Der ambitionierte Meerforellenangler könnte einem stillen Beobachter am Badestrand schnell einen bemitleidenswerten Eindruck vermitteln. Steht er doch irgendwo mit seiner Rute, wo sonst im Sommer Hunderte von Badegästen ihren Urlaub verbringen und feuert ein ums andere Mal seinen Köder in Richtung Horizont – und nur allzu oft kommt dieser ohne Fischkontakt zurück. So traurig dieses Bild für den Zuschauer aussehen mag, so unsicher sieht auch oft die Gedankenwelt des Anglers selbst aus. Gibt es überhaupt Meerforellen am Sandstrand?
Und so fragen sich Beobachter und Angler gleichermaßen, warum gerade jetzt hier ein Fisch stehen und dem Köder nachjagen soll? Geht man dann Stunden später zurück zum Auto, wird man kaum nach Erfolg und Misserfolg gefragt. Stattdessen geht jeder von einem Schneidertag aus. Doch ich stehe zum Unverständnis vieler Touristen auch am nächsten Tag wieder im kalten Ostseewasser inmitten einer schier endlos erscheinenden Sandwüste. Dabei genieße ich nicht die mitleidigen Blicke hinter mir, sondern warte vielmehr eher auf den nächsten Vollkontakt einer schönen Meerforelle am anderen Ende meiner Schnur. So langweilig und eintönig die Sandwüste auf den ersten Blick auch aussehen mag, so gern suche ich sie Jahr für Jahr auf und bin erfolgreicher als an vielen offensichtlicheren Hotspots.
Bild: M. Brauch, F. Pippardt
Auf den ersten Blick wirkt der Sandstrand wie ein unlösbares Rätsel, auf den zweiten hingegen sind bereits Strukturen zu erkennen. Genaues Augenmerk sollten Sie auf dunkle Flecken legen.
Auf Meerforellen am Sandstrand: von wegen eintönig!
Aber warum zieht es mich immer wieder in den Sand? Der wichtigste Grund für mich, im Sand zu fischen, ist, dass ich meine größten Meerforellen ausnahmslos dort gefangen habe. Die Frage nach dem „Warum“ ist gar nicht so einfach zu klären. Doch bei genauerem Hinsehen ist ein Sandstrand nicht einfach nur eine eintönige Sandwüste. Ich gehöre zu den Meerforellenanglern, die es nicht lange an einem Platz hält. Vielmehr fische ich gern große Strecken ab.
Dabei trifft man natürlich auch irgendwann auf aktive Fische und wenn man sich öfter an den selben Stränden aufhält, merkt man schnell, dass die Fische häufig an den gleichen Stellen beißen. Das passiert so häufig, dass man den Faktor „Zufall“ ausblenden kann. Um den Sandstrand zu verstehen, müssen wir unter die Wasseroberfläche schauen. Wenn wir Meerforellen finden wollen, müssen wir uns überlegen, was eine Forelle braucht. Es sind es meiner Meinung nach drei Faktoren, die einen Spot zum Hotspot machen. Die Meerforelle braucht Schutz vor Fressfeinden, Nahrung und (im Winter) wärmeres Wasser als in der Umgebung.
Bild: M. Brauch, F. Pippardt
Richtig durchziehen: Mit kraftvollen Würfen bringt Mathias Brauch seine Köder auf enorme Weiten. Die 2,40 m lange Rute hat ein Wurfgewicht von 40 g.
Finden Sie Strukturen, finden Sie Meerforellen
Durch Wellenschlag und Strömung bilden sich unter Wasser abwechslungsreiche Strukturen. Tiefe Rinnen, Löcher und flache Bereiche wechseln sich permanent ab. Häufig finden wir dicht unter Land – und somit in Wurfweite – lange, tiefe Rinnen, die oft parallel zum Ufer verlaufen. In diesen Rinnen lagert sich häufig frei treibendes Kraut und anderes Treibgut ab und bildet dunkle Flecken, die bei klarem Wasser auch gut für uns sichtbar sind. Trifft die Sonne auf solche dunklen Flecken, erwärmt sich das Wasser hier schneller als auf den hellen Bereichen. Oft ist es nur ein halbes Grad, aber das reicht schon, damit die Forellen diese Bereiche aufsuchen.
Zwischen dem ganzen Treibkraut finden auch kleine Nährtierchen ein Zuhause. Garnelen, Tangläufer, Krabben, Grundeln und andere Kleintiere sammeln sich inmitten der abgestorbenen Pflanzen. Wo der Tisch so reich gedeckt ist, sammeln sich auch schnell größere Lebewesen. Die Forelle findet eine reich gefüllte Nahrungskammer. Die dunklen Flecken bieten der Forelle perfekte Jagdbedingungen. Sie hält sich gern in Grundnähe auf und jagt dann aus der optischen Deckung nach oben und überrascht ihre Beute.
Bild: M. Brauch, F. Pippardt
Hotspots auf dem Sand: Tangflecken! Hier sammelt sich nicht nur Tang, sondern auch Nahrung für die Forellen.
Im klaren Freiwasser können sich Sandaale, Stichlinge, Garnelen und andere Nährtierchen nicht vor ihr verstecken. Die Forelle kommt aus der Deckung und dank ihrer Geschwindigkeit einfach an ihre Beute. Die Rinnen sind dann wie Straßen unter Wasser, welche die Forelle zu ihrem Vorteil nutzt – und genau an diese Strukturen muss unser Köder.
Für Meerforellen am Sandstrand: Buhnen und Rinnen zügig abfischen!
Eine weitere interessante Struktur am Sandstrand ist von Menschenhand geschaffen. Zum Hochwasserschutz errichtete Buhnen locken die Nahrung und die Räuber ebenfalls an. Die Buhnen verändern die Strömungsverhältnisse am Ostseestrand. Direkt an den Buhnen ist das Wasser wieder etwas tiefer als im restlichen Buhnenfeld. Unmittelbar am Holz finden Kleinstlebewesen, Muscheln und Krebstierchen ideale Lebensräume. Und bei hartem Sonnenlicht werfen die Buhnen einen Schatten, den die Forelle gern für sich nutzt.
Das Wichtigste beim Meerforellenangeln im Sand ist es, potenzielle Spots zu erkennen und diese schnell abzufischen. Dabei halte ich mich nicht lange an einzelnen Plätzen auf, sondern wandere immer gern von Spot zu Spot. Wenn ich einen Strand zum ersten Mal abfische, lege ich große Strecken zurück und merke mir Stellen, an denen ich Fischkontakt habe. Denn nicht selten kommen auch in den nächsten Tagen und Wochen die Fische wieder in die gleichen Bereiche. Kenne ich diese Plätze, kann ich meine Angelzeit auf den folgenden Touren maximieren, weil mein Köder so länger im lohnenden Bereich fischt.
Bild: M. Brauch, F. Pippardt
Eine Polarisationsbrille erleichtert den Blick ins Wasser. Mit ihr lassen sich die Fische einfacher erkennen und das Gewässer besser lesen. Wenn das Wasser getrübt ist, angelt der Autor auch gerne mit optisch auffälligeren Blinkern und zieht nicht selten einen wahren Silberbarren aus der Ostsee!
Vorgehen an der Buhne
Habe ich einen langen Bereich mit vielen Buhnenfeldern vor mir, bekommt jede Buhne von mir etwa zehn Würfe. Den ersten Wurf mache ich dabei schon aus der Nachbarbuhne parallel zum Strand in der ersten Rinne. Diese ist meist hüfttief und nicht selten voller Steine. Stehe ich in der Nachbarbuhne, bekommt mich eine Forelle in dieser Rinne gar nicht mit und sieht meinen Köder, bevor ich sie verscheuche. Würde ich dagegen einfach in der Buhne ins Wasser reinlaufen, wären die Forellen schon längst weggeschwommen. Danach fische ich die Buhne von einer Seite zur anderen schnell aus.
Ich bin der Meinung, dass aktive Fische auf den Köder schnell reagieren. Habe ich Fischkontakt, bleibe ich in der Buhne. Habe ich dagegen keinen Kontakt, ziehe ich weiter. Wenn ich einen Fischkontakt hatte, versuche ich, mir die Buhne zu merken. Weil irgendwann die Buhnen alle gleich aussehen, lege ich mir gern ein paar Steine als Erinnerung an die Buhne, sodass ich später an den Spot zurückkommen kann. Und nicht selten kann ich später noch eine weitere Meerforelle zum Biss überreden.
Bild: M. Brauch, F. Pippardt
Buhnen verändern die Strömungsverhältnisse am Ostseestrand. An Streckenabschnitten mit vielen Buhnenfeldern macht Mathias Brauch circa 10 Würfe pro Buhnenfeld.
Welche Köderführung für Meerforellen am Sandstrand?
Es gibt im Sand für mich zwei Köderführungen, die zum Erfolg führen können und dabei unterschiedlicher nicht sein können. Es gibt einmal das schnelle Abfischen, bei dem ich viel Strecke mache. Hier kommen bei mir schlanke Sandaalblinker zum Einsatz. Dazu werfe ich den Köder so weit wie möglich aus und führe ihn dann sehr schnell wieder zu mir zurück. Pro Wurf mache ich pro forma zwei Spinnstopps, um unbemerkte Nachläufer zum Anbiss zu bringen. Dabei gehen meine Augen permanent in Richtung des Köders, denn auch wenn wir die Meerforellen in den dunklen Flecken nicht sehen können, so sind sie über den hellen Sandflächen umso einfacher für uns auszumachen.
Sehen wir einen dieser Nachläufer, können wir auf zwei Arten reagieren. Entweder wir geben Gas oder wir stoppen sofort das Einholen. Bei beiden Taktiken zwingen wir den Fisch zu einer Entscheidung. Und nicht selten werden wir mit einem harten Biss belohnt. Diese Köderführung ist in der Meerforellenangelei ganz normal. Die zweite Taktik nenne ich das „Jiggen“.
Bild: M. Brauch, F. Pippardt
Jörn Lehmann, ein Freund des Autors, fing am Tag unserer Artikelproduktion seine erste Forelle aus dem Meer. Keine Mefo – doch die Regenbogenforelle bereitete ihm dennoch Freude. Der Autor angelt mit einer 10 kg tragenden, geflochtenen Schnur auf einer 4000er Rolle. Vor den Köder knotet er ein 1 m langes und 0,40 mm starkes Monofilvorfach.
Diese Taktik wende ich an Spots an, an denen ich vermute, dass Meerforellen am Sandstrand in Reichweite sind. Dazu hole ich den Blinker 3 bis 4 m ein und lasse ihn wieder zum Grund durchtrudeln. Dieses „Faulenzen“ in der Ostsee – ähnlich wie das Jiggen auf Zander – bringt an manchen Tagen die meisten Kontakte. Dank des sandigen Untergrundes müssen wir auch keine Hänger befürchten. Beim Jiggen verwende ich gern schwere Blinker (28 bis 35 g), die etwas breiter in der Silhouette sind, wie zum Beispiel „Gnos“ von Falkfish und „Snaps“ von Gladsax.
Die besten Bedingungen für das Angeln auf Meerforellen am Sandstrand
Wenn ich mir die Bedingungen fürs Meerforellenangeln aussuchen dürfte, dann würde ich bewegtes, klares Wasser wählen. Das bedeutet, ich bevorzuge starken ablandigen oder strammen Wind von der Seite. Das klare Wasser hilft mir, Forellen schnell zu erkennen und die Fische können meinen Köder schon aus großer Entfernung wahrnehmen. Herrscht dagegen auflandiger Wind, trübt das Wasser schnell ein, ich habe jede Menge Treibkraut im Wasser und manchmal so viel Welle, dass eine Köderführung schwer möglich ist.
Bild: M. Brauch, F. Pippardt
Erfolgreiche Schatzsuche: Gleich zwei Meerforellen waren die Ausbeute eines erfolgreichen Ausflugs an den Badestrand.
Auch wenn der Strand auf den ersten Blick fischleer erscheint, sollten Sie trotzdem jederzeit mit großen Fischen rechnen, denn im Sand kommen auch die großen Heringsfresser bis dicht unter Land. Ich wünsche Ihnen viel Glück und einen kühlen Kopf, wenn sich die erste 80-plus-Forelle hinter Ihrem Köder zeigt.
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