Eine Angelreise ins winterliche Nordnorwegen gehört zweifellos zu den beeindruckendsten Dingen, die man als Meeresangler in Europa erleben kann. Matze Wendt war im hohen Norden unterwegs und lernte das Land einmal von einer ganz anderen Seite kennen.
Mitte März 2013: Zugegeben, es ist ein Experiment, auf das mein Freund Waldo Krause und ich uns hier eingelassen haben. Doch schon bei der Anreise hatten wir so ein Bauchgefühl, dass die nächsten zehn Tage außergewöhnliche Erlebnisse für uns bereithalten würden. Über Oslo und Bodø fliegen wir zuerst nach Evenes auf den Lofoten. Unsere erste Etappe: die kleine Ortschaft Nusfjord (www.nusjord.no), die als einer der ältesten und noch weitgehend erhaltenen Fischerorte Norwegens gilt. Man kann hier in traditionellen Fischerhütten den so genannten Rorbuer direkt am Wasser wohnen. Perfekt ausgestattete Aluboote findet man hier ebenso wie ein Restaurant, eine urige Fischerkneipe sowie einen kleinen Kaufmannsladen. Zu unserer Überraschung treffen wir gleich am ersten Abend auf einige Angler, die offensichtlich denselben Plan haben wie wir. Deutsche, Franzosen, Waliser, Polen, ja sogar ein Gast aus Australien ist dabei. Zum Abendessen soll es heute Stockfisch geben über mehrere Monate getrockneter Dorsch, der vor der Zubereitung bis zu eine Woche lang in Wasser eingelegt werden muss, damit er sich wie frischer Fisch zubereiten lässt. Anfangs bin ich mir nicht ganz sicher, ob das angekündigte Abendessen meinen Geschmack treffen wird. Doch bereits nach dem ersten Happen bin ich absolut begeistert! Lecker, einfach nur lecker! Ich begreife nun auch, weshalb der Stockfisch diese Region in der ganzen Welt bekannt gemacht hat. Groß, größer, Skrei Dass die Lofoten seit jeher als Zentrum der norwegischen Dorschfischerei gelten, ist natürlich kein Zufall. Zwischen Januar und April ziehen die Fische in riesigen Mengen in den Vestfjorden jenes Seegebiet, das die Inselkette der Lofoten vom Festland trennt. Die Schwärme tauchen zu dieser Zeit jedoch praktisch an der gesamten nordnorwegischen Küste auf. Im Sommer und Herbst halten sich die Fische größtenteils in der Barentsee auf, also weit draußen, viele hundert Kilometer vor der norwegischen Küste. Dieser sehr großwüchsige Dorschstamm wird in Norwegen aufgrund seines ausgeprägten Wanderverhaltens auch Skrei genannt, was soviel wie wandernder Fisch bedeutet. Ausnahmefische können Gewichte von über 100 Pfund erreichen, das Durchschnittsgewicht liegt jedoch nur bei zehn bis zwanzig Pfund. Der Grund für die weite Wanderung der Skreis ist, dass die Fische sich im Februar und März in den verhältnismäßig flachen Bereichen vor der Küste und in den Fjorden Nordnorwegens zum Laichen versammeln. Wer jetzt jedoch vermutet, dass hier ein riesiger Raubbau durch Fischer und Angler stattfindet, sollte sich vor Augen führen, dass die Bestände in den letzten Jahrzehnten stark angestiegen sind, was insbesondere dem strikten und verantwortungsvollen Fischerei-Management des norwegischen Fischereiministeriums zu verdanken ist. Im Gegensatz zu den Beständen des normalen Küstendorschs sind die Skrei-Bestände stabil und alles andere als rückläufig. Dennoch haben wir uns dafür entschieden, erst jetzt im März nach Nordnorwegen zu kommen, um auf die Skreis zu angeln also zu einer Zeit, wenn ein Großteil der Fische bereits abgelaicht hat. [box_block_title title=“Infokasten“]Wussten Sie, dass auf den Lofoten alljährlich im März die Weltmeisterschaft im Dorschangeln ausgetragen wird? Weitere Informationen (leider nur auf Englisch und Norwegisch) gibts hier: http://www.vmiskreifiske.no Allgemeine Informationen zum Angeln in Norwegen: www.visitnorway.de/angeln[/box_block_title] Ergreifende Momente In den folgenden Tagen unternehmen wir fast täglich Ausfahrten zum Dorschangeln. Zuerst von Nusfjord, später dann auch von Kabelvåg, wo wir bei Stig Hansen von Lofotferie (www.lofotferie.no) zu Gast sind, der ebenfalls gemütliche Fischerhütten und perfekt ausgestattete Angelboote vermietet. Viele ergiebige Angelstellen liegen nur wenige hundert Meter von der Küste entfernt. In den meisten Bereichen ist das Wasser handliche 40 und 80 Meter tief, die Skreis stöbern wir in der Regel im Mittelwasser auf, nur wenige fangen wir direkt am Grund. Die Vorgehensweise unterscheidet sich deutlich vom normalen Dorschangeln. Die Fische müssen aktiv gesucht werden und schnell stellt sich heraus, dass dies am besten mit großen Gummifischen wie dem Cutbait Herring funktioniert, die ihre Stärken gerade bei langsamer Führung ausspielen. Zwischendurch sind wir immer wieder beeindruckt von der Kulisse der schneebedeckten Berge, die den Fjord säumen und vom warmen Licht der Wintersonne angestrahlt werden. Eine einzigartige Stimmung, die man hier wohl nur im Winter erleben kann. Und eines Nachmittags machen wir dann auch noch die Bekanntschaft mit einem der legendären Skrei-Riesen von geschätzten 65 Pfund. Nach diesem beeidruckenden Angeltag machen wir es uns am Abend in unserer direkt am Wasser gelegenen Fischerhütte gemütlich. Als wir gegen 22 Uhr aus dem Fenster unserer Hütte schauen, trauen wir unseren Augen kaum. Am sternenklaren Nachthimmel wabern grünliche Nordlichter, die von Sekunde zu Sekunde ihre Form verändern. Ergriffen stehen wir die halbe Nacht draußen im Schnee und schauen uns dieses einzigartige Naturschauspiel an. Mit Worten ist das nicht zu beschreiben, man muss es selbst gesehen haben. Noch ein Grund, im Winter nach Norwegen zu reisen, wie wir finden. Ganz weit oben Unsere letzte Etappe führt uns über Tromsø nach Kokelv, einem kleinen Ort in der Nähe von Hammerfest, unweit des Nordkaps. Bei unserem Gastgeber Jan Johansen (www.kokelv-sjohus.no), einem sympathischen Ex-Fischer, der hier komfortable Ferienwohnungen, Kabinenboote und Schneemobile vermietet, verbringen wir die letzten Tage unserer Winterreise, die leider viel zu schnell zuende gegangen ist. Auch hier im äußersten Norden sind die Skrei-Schwärme mittlerweile bis dicht vor die Küste und weit in die Fjorde gezogen. Und wie schon auf den Lofoten verbringen wir auch hier Angeltage, die wir wohl unser Leben lang nicht mehr vergessen werden. Nicht nur das Angeln auf die Skreis hinterlässt bei uns erneut starke Eindrücke, auch die Schneemobil-Tour mit Jan zu den Saiblings- und Forellenseen im bergigen Hinterland zeigt uns einmal mehr, dass ein Winterangelurlaub in Norwegen zu den einzigartigsten und eindrucksvollsten Dingen gehört, die man als Angler in Europa erleben kann. http://youtu.be/w4YkEfpmVW0
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