Voller Vorfreude erwartete ich unsere Reise nach Kråkvåg in das Angelcamp Storslåttøya Feriested. Nicht nur das Angelrevier in Mittelnorwegen klang außerordentlich spannend, für mich war es nach einigen Ausflügen ins warme Salzwasser außerdem die erste Norwegenreise seit geschlagenen 10 Jahren! Für Florian war es dagegen schon der zweite Trip hierher und somit eine Rückkehr auf die neben Hitra gelegene Insel Kråkvåg. Seine Geschichten der letzten Tour heizten meine Vorfreude noch zusätzlich an.
Anreise mit dem Auto
Von Hamburg ging es mit dem Auto über die Fähre Hirtshals-Larvik weiter über Oslo und entlang der wunderschönen Glomma, später dann noch mittels zwei Fähren über Brekstad und Garten nach Storfosna, von wo eine malerische Brücke in Richtung Angelcamp führt. Die Anreise belief sich auf gute 18 Stunden Fahrt ab Hamburg, doch mit einer Zwischenübernachtung war das problemlos machbar. Bei unserer Ankunft war die Sonne gegen 22 Uhr gerade dabei, hinter dem Horizont zu verschwinden. Der Betreuer der Anlage, Markus, selbst leidenschaftlicher Angler – oder um es noch treffender zu formulieren, absolut angelverrückt – versuchte uns nach einem kurzen Abriss über die momentanen Bedingungen sogar noch zu einer kleinen Ausfahrt auf Pollack zu überreden.
Die Autofahrt steckte uns aber doch ein wenig in den Knochen und nebenbei mussten noch eine gefühlte LKW-Ladung an Angel- und Kameraequipment, nebst Proviant für 10 Tage, aus jedem erdenklichen Winkel des Autos geladen und in der Hütte verstaut werden. Daher lehnten wir diese nette Einladung ab und verschoben die erste Ausfahrt auf den kommenden Tag. Es mag unglaublich erscheinen, aber es gibt eben Momente, da ist das Bett sogar verlockender als ein Pollack in der Abenddämmerung…
Seelachs-Eldorado Kråkvåg
Am ersten Angeltag begrüßte uns das Nordmeer mit seiner schroff-rauen Schönheit und einer steifen Brise. Doch, nachdem wir nach kurzem Nachdenken die Bedingungen als „gerade noch fischbar“ klassifiziert hatten, hieß es endlich Leinen los. Und so ging es an diesem Tag als einziges Boot der Anlage auf See. Mit den 19-ft-Alubooten mit 50 PS Viertakt-Motor war selbst der vorherrschende Seegang kein Problem. Legt man bei ruhigem Wetter „den Hebel auf den Tisch“, schaffen die Boote gute 20 Knoten, sodass man die ersten Angelplätze innerhalb weniger Minuten erreicht.
Als Zielfische hatten wir für den ersten Tag Seelachs, Dorsch und Pollack im Visier und so waren gerätetechnisch Spinn-, Slowjigund Speedjigging-Ruten an Bord – nebst einer bunten Auswahl an Pilkern und Gummifischen. Die ersten Fänge ließen auch nicht lange auf sich warten, denn kleine Köhler um die 40 cm waren beinahe überall vorhanden und schnappten sich die Köder oft schon in der Absinkphase. Da wir aber nicht die Halbstarken verangeln wollten, hieß es Weitersuchen, denn die großen Köhler mussten sich ja auch irgendwo rumtreiben. Und sogar Fische über 100 cm kommen hier regelmäßig vor.
Nach einer Weile hatten wir sie dann gefunden: Tagsüber waren die größeren Köhler der Klasse 80+ nicht selten unterhalb der 100 m-Marke unterwegs. Schwere Gewichte um die 200 g waren also notwendig, um die Fische dort zu erreichen, was bei der flotten Drift dennoch nicht immer einfach war. Mit dem Voranschreiten des Tages fanden sich die Fische schließlich im flacheren Wasser ein und wir standen zum Sonnenuntergang endlich voll im Seelachs.
Da die Fische jetzt offensichtlich komplett im Jagdfieber waren, konnten die schweren Gewichte wieder leichten Ködern an der Spinn- und Slowjig-Rute weichen und beinahe jedes Ablassen des Köders wurde mit einem heißen Seelachs-Drill belohnt. Alle Fische waren zwischen 80 und 90 cm groß – eine ideale Speisegröße und tolle Gegner am leichten Gerät. So war die Fischkiste bei der Rückfahrt bereits ordentlich gefüllt. Kein schlechter Einstieg.
Kein Boot – auf Kråkvåg kein Problem
An zwei Tagen war selbst mit den recht rauwassertauglichen Booten nichts zu machen: In einem Fall 5 Windstärken, im anderen Fall gesellte sich dazu durch den Wind noch beinahe horizontaler Regen. In vielen Revieren wäre jetzt bestenfalls Kartenspielen angesagt, doch auf Kråkvåg finden sich auch einige vielversprechende Uferstellen, von denen aus man – entsprechende Kleidung und Schuhwerk vorausgesetzt – auch ohne Boot immer mal mit Pollack und Dorsch rechnen kann. Angeln ist also fast immer möglich, wenn man möchte.
Die Felsen fallen vor den Füßen in steilen Kanten ab und werden von Seetang bewachsen – hier entlang patrouillieren die Pollacks. Auf den Felsen, quasi direkt an der Kante stehend, lassen sich diese Stellen sogar deutlich besser ausfischen als vom Boot, da einen die Drift nicht ständig vom Spot wegträgt. Und auch parallele Würfe zur Kante sind so natürlich einfacher möglich. Als Köder waren Gummifische an 30 bis 40 g schweren Köpfen und Pilker zwischen 50 und 100 g das Mittel der Wahl. Bei dieser Angelei lässt man den Köder vor der Kante bis auf den Grund absinken und holt ihn dann gleichmäßig und moderat schnell ein.
Die Bisse von Dorsch und Pollack kommen dabei oft direkt an der Kante, teils sogar beim Rausheben des Köders. Die Ruten sollte man beim Uferangeln daher auch lieber eine Nummer stärker wählen. Wurfgewichte von 80 bis 100 g helfen, die Fische an der steilen Kante kompromisslos nach oben zu bugsieren. Denn lässt man dem Fisch nach dem Biss zu viel Schnur, nutzt dieser nicht selten die Gelegenheit, sich im Seetang zu verkrümeln oder die Schnur scheuert an der Felskante, was häufig zu einem Abriss führt. Um hier vorzubeugen, sind auch lange Mono-Vorfächer in jedem Fall dringend zu empfehlen.
Kråkvåg: Ein Traum für Tiefsee-Enthusiasten
Das Revier Kråkvåg ist neben Seelachs und Pollack auch für eine großartige Tiefseefischerei bekannt. An einem beinahe windstillen Tag, an Bord war es sogar problemlos im T-Shirt auszuhalten, sollte es an eine der Leng-Stellen gehen, zu der uns Betreuer Markus begleiten würde. Man findet dort, etwa 20 Minuten von der Anlage entfernt, ausgedehnte Tiefsee-Korallenriffe, die gerne von Leng, Lumb und Co. aufgesucht werden. Bei einer Tiefe von 140 bis 180 m und geringer Drift reichten schon Gewichte um 500 g, um die Montagen, bestückt mit Makrelen- und Köhlerfetzen, auf Tauchfahrt zu schicken.
Kaum war die Montage unten angekommen, bekam ich auch schon den ersten Fischkontakt. Nach ein paar Anfassern wurde die Rutenspitze schließlich kräftig nach unten gezogen. Der darauffolgende Anhieb ging wie in eine Wand! Unterbrochen von ein paar kräftigen Kopfschlägen lieferte der Leng ordentlich Gegenwehr, bevor ich ihn langsam aus der Tiefe holen konnte. Oben angekommen staunten wir nicht schlecht, denn der erste Leng des Tages brachte es bereits auf ansehnliche 130 cm!
Hier muss wirklich Leng auf Leng liegen, denn so ziemlich jedes Mal wenn die Montage den Grund erreichte, kam unmittelbar der Zugriff eines Tiefseefisches. Und Dreifachdrills waren bei Florian, Markus und mir an der Tagesordnung. Nach gerade einmal einer Stunde Tiefseeangeln hatten wir bereits eine bunte Mischung aus Leng, Lumb und Tiefseehaien nach oben befördert und beschlossen zur Abwechslung noch etwas anderes zu probieren, da ein Zurücksetzen der Fische (mit Ausnahme der Haie) aus solchen Tiefen nicht möglich ist und wir nicht gleich die Filetgrenze vollmachen wollten.
Dinosaurier-Aal am Rotbarsch-Paternoster
Markus hatte die Idee, nach dem Erfolg an der Leng-Stelle, an nahegelegenen Unterwasserkanten den Rotbarschen nachzustellen, die hier häufig ebenfalls in guten Stückzahlen und Größen vertreten sind. Die Tiefseeruten waren ohnehin an Bord, ein einfaches Rotbarsch-Paternoster war schnell aus ein paar Circle-Hooks, Leuchtoktopussen und ein wenig Schnur geknüpft und verschwand wenig später, mit Fetzen versehen in der Tiefe.
Die ersten Rotbarsche waren bald gefunden und drei Rote von etwa 40 bis 50 cm Länge landeten in der nächsten Stunde in der Fischkiste. An diesem Tag lief die Rotbarsch-Angelei jedoch eher zäh und es war, wenn überhaupt, immer nur ein Fisch am Haken. Sind die Fische aber voll da, sind laut Markus in der Folge meist auch jedes Mal mehrere Haken besetzt und man kann sich so schnell einige der leckeren Tiefseefische zusammenangeln. Florian knurrte nach der vorangehenden Tiefsee-Angelei auf Leng und der darauffolgenden Angelei auf Rotbarsch der Magen. Tiefseeangeln ist zugegeben auch nicht seine Lieblings-Disziplin. So machte er die Rute kurzerhand mit einem Klettband an der Reling fest und begann sich ein Sandwich vorzubereiten, während die Montage weiter in der Tiefe trieb.
Scheinbar gönnten ihm die Fische aber die Erholung nicht, denn er hatte kaum die ersten Bissen genommen, da wurde die Rutenspitze plötzlich kräftig nach unten gerissen. Biss! Der Fisch zerrte Schnur von der Rolle und es war klar, dass hier kein gewöhnlicher Rotbarsch am Haken hängen konnte. Während des knackigen Drills rätselten wir, welcher Unbekannte sich wohl den Köder am Rotbarsch-Paternoster geschnappt hatte. War es ein großer Dorsch, ein Leng oder gar ein Heilbutt? Die Auflösung kam einige spannende Minuten später, als sich schließlich etwa 20 m vom Boot entfernt eine riesige Silhouette der Oberfläche näherte. Was dann an Bord kam, ließ uns mit offenen Mündern dastehen. Ein Leng von satten 157 cm – so einen „Dinosaurier-Aal“ hatten wir hier sicherlich nicht erwartet. Doch das zeigt erneut, wie groß die Dichte an Tiefseefischen dort unten tatsächlich sein muss.
Ein Pollack auf dem Heimweg
Tiefseeangeln mit schwerem Gerät und bis zu 1000 g schweren Bleien mag nicht jedermanns Sache sein. Doch auch für Anhänger der leichten Angelei gibt es auf Kråkvåg einige Schmankerl: Das Wort der Stunde ist „Pollack“. Unweit der Anlage befinden sich mehrere Unterwasserberge, wo umgeben von tiefem Wasser, die Wassertiefe auf 8 bis 20 m ansteigt. Und diese Untiefen werden besonders zum Ende des Tages bis in die Nacht hinein von feisten Pollacks bis über 90 cm aufgesucht. Dazu gesellen sich regelmäßig Dorsche. Wer begeisterter Fliegenfischer ist, bekommt hier sogar die Chance, sich einen Pollack mit der Fliege zu erwedeln. Doch auch für Spinnfischer stehen hier mit Gummifischen und kleinen Pilkern die Chancen auf schöne Pollacks hervorragend.
Praktisch an den Pollack-Spots ist ebenfalls, dass diese gleich vor der Anlage liegen, was zu einem kleinen Abstecher dorthin, vor der Einfahrt in den Hafen, geradezu einlädt. Sogar vom Ufer aus sind manche der Unterwasserberge in Wurfweite. Markus, der selbst fast täglich dem Pollack mit der Fliegen- und Spinnrute nachstellt, gibt hier bei Bedarf ebenfalls sehr gerne Hilfestellung und kennt das Revier wie seine Westentasche. Wer eine Herausforderung sucht, kann sich im flacheren Sund neben der Insel auch noch dem Heilbutt stellen. Die Könige der Platten kommen hier um Kråkvåg regelmäßig vor und lassen sich mit Gummiködern und Naturköder-Montagen fangen. Die Mission Heilbutt haben wir uns diesmal leider aufgrund begrenzter Zeit entgehen lassen. Doch so bleibt noch ein weiterer Grund, vielleicht irgendwann wieder ins Wunderland Kråkvåg zurückzukehren.
Revier kompakt: Kråkvåg/Storslåttøya
- Allgemeines: Die Insel Kråkvåg liegt in Norwegen nordöstlich von Hitra. In der Umgebung der Insel finden sich vielfältige Angelplätze mit Tiefen zwischen 10 und über 300 m.
- Fischvorkommen: Dorsch, Köhler, Pollack, Leng, Lumb, Makrele, Heilbutt, Rotbarsch
- Bestimmungen: Gesetzliche Mindestmaße und Fisch-Ausfuhrgrenze von 18 kg Filet pro Person beachten.
- Übernachtungsmöglichkeiten: Gut ausgestattete Hütten bei Storslåttøya Feriested für bis zu 6 Personen, buchbar bei angelreisen-teltow.de
- Bootsverleih: 19ft Alu-Boote mit 50PS 4-Takt, Echolot, GPS, Kartenplotter und Steuerstand sind in der Anlage buchbar.
- Weitere Touristische Möglichkeiten: Naturaktivitäten wie Wanderungen über die Insel, inklusive Besichtigung des dort errichteten Bunkers.
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