Ostsee: Der Hering erholt sich gut, der Dorsch bereitet Sorge

Mit einer Erkundungsfahrt auf der Ostsee und einem Treffen mit Fischereivertretern aus Mecklenburg-Vorpommern in Freest (Gemeinde Kro_slin) hat sich Bundesfischereiminister Christian Schmidt u_ber die aktuelle Lage der Ostsee- Fischer informiert. Gegenstand der fischereipolitischen Gespra_che waren die Auswirkungen der Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik, die Perspektiven der Fo_rdermo_glichkeiten sowie die spezifische Situation der Herings- und Dorschfischerei.

Schmidt versicherte den Vertretern der regionalen Fischerei in Anwesenheit des Stellvertretenden Vorsitzenden des Fischereiausschusses des Europa_ischen Parlaments, Werner Kuhn MdEP, den Kurs der nachhaltigen Fischerei konsequent fortfu_hren zu wollen, um den Fischern auch dauerhaft eine wirtschaftliche Grundlage zu sichern. „Nachhaltigkeit in der Fischerei ist unsere Verpflichtung – zum Wohle der Fischbesta_nde und zum Wohle der Fischerei. Wer mehr fa_ngt als nachwachsen kann, gefa_hrdet das maritime O_kosystem und die Perspektiven fu_r die Fischer. Dabei mu_ssen wir beru_cksichtigen, dass der U_bergang in eine nachhaltige Fischereiwirtschaft den Fischern teils massive Entbehrungen abverlangt. Restriktive Fangquoten, das Anlandegebot beziehungsweise Ru_ckwurfverbot oder eingeschra_nkte Fo_rdermo_glichkeiten erfordern Anpassungen, die wir gemeinsam abfedern mu_ssen“, sagte Schmidt. Im Anschluss an die Erkundungsfahrt mit dem Fischkutter “Brigitte 2“ der Fischereigenossenschaft Freest sagte Bundesminister Schmidt: „Die Entwicklung bei vielen Fischbesta_nden ist sehr erfreulich. Anders als dies bisweilen dargestellt wird, hat die Ostsee Vorbildfunktion fu_r eine nachhaltige Fischerei. Unser Ziel muss es sein, dass die Ostsee fu_r alle relevanten Arten bereits in den kommenden Jahren nachhaltig bewirtschaftet werden kann. Um dies zu erreichen, mu_ssen Politik, Fischerei und die Wissenschaft an einem Strang ziehen.“ Erfolgsgeschichte Hering.

Fu_r die deutschen Ostseefischer ist unter anderem die Quote fu_r den Hering von besonderer Bedeutung. Durch die in den letzten Jahren erfolgte Quotenreduzierung ist die Sterblichkeit nun so niedrig wie nie zuvor. 2014 hat der Bestand wieder den gru_nen Bereich erreicht und die Fangmengen ko_nnen 2015 wieder steigen. Mitte Oktober hatten die europa_ischen Fischereiminister die Fangquoten fu_r das kommende Jahr beschlossen. Demnach erho_ht sich 2015 die Quote beim westlichen Hering um 12 Prozent, beim o_stlichen Hering sogar um 45 Prozent. „Es ist sehr erfreulich, dass die Heringsbesta_nde in der Ostsee ihren Erholungskurs fortsetzen. Das sind gute Nachrichten fu_r die Nachhaltigkeit und fu_r die Fischereibetriebe“, sagte Schmidt. Sorgenkind Dorsch – Quotenreduzierung nur mit Augenmaß Sorge bereitet den Fischern und Bundesminister Schmidt derzeit der Dorschbestand, besonders in der o_stlichen Ostsee. Nachdem sich der Bestand bis zum Jahr 2011 zunehmend erholt hatte, nimmt er seither wieder ab. Eine zunehmende Anzahl von Tieren zeigt Anzeichen einer Mangelerna_hrung. Hinzu kommt, dass die wissenschaftlichen Grundlagen zur Altersbestimmung der Fische angepasst werden mussten, was sich negativ auf die Bestandsberechnung auswirkt. Die Unsicherheit bei der Quotenberechnung, die im Ergebnis gema_ß Vorschlag der EU-Kommission eine Reduzierung der Quote fu_r Dorsch in der westlichen Ostsee um 48 Prozent von einem Jahr auf das andere bedeutet ha_tte, hatte Bundesminister Schmidt im EU-Fischereirat zuru_ckgewiesen. „Eine Korrektur der wissenschaftlichen Berechnungsmethoden fu_r die Fischbesta_nde darf nicht zur Existenzgefa_hrdung der Kleinbetriebe der Ku_stenfischerei fu_hren! Deswegen kann man die Quoten nur mit Augenmaß anpassen“, sagte Schmidt. Stattdessen beschloss der Rat beim westlichen Dorsch eine Quotenku_rzung um 6,7 Prozent und beim o_stlichen Dorsch um 22 Prozent.

BMEL greift Fischerei unter die Arme Aufgrund steigender Erzeugerpreise sind in den zuru_ckliegenden Jahren die Erlo_se der Fischerei zwar nicht im selben Umfang gesunken wie die reduzierten Fangmengen, insgesamt ist die Einkommenssituation der Fischer jedoch angespannt. Neben den Quotierungen ist die Fischereiwirtschaft vor allem durch den Wegfall der sogenannten “Sozialvergu_tung“ betroffen. Mit der neuen EU-Verordnung u_ber De-minimis-Beihilfen wurden explizit Beihilfen fu_r die voru_bergehende oder endgu_ltige Einstellung von Fangta_tigkeiten untersagt. Bundesminister Schmidt ku_ndigte an, sich bei den anstehenden Beratungen u_ber einen Mehrartenplan fu_r die Besta_nde von Dorsch, Hering und Sprotte dafu_r einzusetzen, dass zeitweise Stilllegungen nach dem Europa_ischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF) weiterhin gefo_rdert werden ko_nnen. Daru_ber hinaus wird im BMEL derzeit die „Richtlinie zur Fo_rderung von Investitionen in der Seefischerei“ u_berarbeitet. Dabei ist vorgesehen, bereits bestehende Erleichterungen zur Fo_rderung von Fischereibetrieben an der Ostsee auszuweiten, um hierdurch auch bisher nicht fo_rderfa_hige Betriebe mit kleineren Fischereifahrzeugen fo_rdern zu ko_nnen. U_ber mo_gliche Fo_rdermaßnahmen will das BMEL mit betroffenen Ku_stenla_ndern und Vertretern der Fischerei Anfang November in Bonn beraten. Zur Unterstu_tzung der Seefischerei sind in der Finanzplanung des BMEL ja_hrlich Bundesmittel in Ho_he von 2.200.000Euro eingestellt. Daru_ber hinaus sind fu_r die Ko-Finanzierung von Investitionen von Fischereibetrieben zur Modernisierung von Fischereifahrzeugen weiterhin Bundesmittel in Ho_he von ja_hrlich 500.000 Euro eingeplant. Hering hoffentlich bald mit Nachhaltigkeitssiegel Ein Problem fu_r die Heringsfischer ist die vielerorts noch fehlende MSC-Zertifizierung (Marine Stewardship Council). Das MSC-Label ist das weltweit fu_hrende Nachhaltigkeitssiegel im Fischereibereich. Positiv festzuhalten ist, dass durch die gute Bestandsentwicklung und eine zwischenzeitliche Einigung zwischen der Europa_ischen Union und Norwegen einer MSC-Zertifizierung der deutschen Fischerei nichts mehr im Wege steht. Allerdings ist das Antragsverfahren aufwa_ndig und zeitintensiv. „Es ist zu hoffen, dass die Ostseefischer schnellstmo_glich das MSC-Siegel erhalten ko_nnen“, sagte Schmidt und stellte in Aussicht: „Sofern die Fischereiverba_nde Hilfestellungen beno_tigen, unterstu_tzen wir sie gerne etwa bei der Erstellung wissenschaftlicher Bewertungen fu_r die Zertifizierung der einzelnen Besta_nde.“

Hintergrund: Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik Mit der seit dem 1. Januar 2014 greifenden Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik wurde Nachhaltigkeit zum wichtigsten Prinzip in der europa_ischen Fischereipolitik. Bis 2020 sollen alle Besta_nde nach dem Prinzip des maximalen Dauerertrages bewirtschaftet werden. Dieser Ertrag gibt die ho_chstmo_gliche theoretische Fischmenge an, die einem Bestand auf Dauer durchschnittlich entnommen werden kann, ohne dass der Fortpflanzungs-Prozess erheblich beeintra_chtigt wird. Ein wesentlicher Bestandteil der Reform ist die Einfu_hrung von Ru_ckwurfverboten und Anlandegeboten ab dem 1. Januar 2015. Beifa_nge mu_ssen in Zukunft angelandet werden und du_rfen nur noch in bestimmten, eng begrenzten Ausnahmefa_llen u_ber Bord geworfen werden. Der Europa_ische Meeres- und Fischereifonds (EMFF), der im Jahr 2014 den Europa_ischen Fischereifonds (EFF) sowie eine Reihe anderer Instrumente ersetzt hat, bildet die zentrale Sa_ule fu_r die Finanzierung der Gemeinsamen Fischereipolitik. 5,8 Milliarden Euro sollen fu_r den Zeitraum von 2014 bis 2020 zur Verfu_gung stehen. Weitere Informationen:

– PM Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)-

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