Kann man noch guten Gewissens an die Ostsee fahren, um auf Lachs zu angeln? Wie stark wirkt sich der Angeldruck auf die Bestände aus? Was muss getan werden, um die Bestände zu schützen?
Die Empfehlung: Keinen Lachs mehr entnehmen
Der Internationale Rat für Meeresforschung, kurz ICES, hat vor kurzem eine Fangempfehlung für Lachs in der Ostsee ausgesprochen. Kurz zusammengefasst steht darin: Keine Fischerei, kein Angeln auf Lachs im Jahr 2022 – bis auf wenige Ausnahmen in der nördlichen Ostsee.
Um die Bestände zu schützen, soll die Ostsee für die „gemischte Seefischerei“ (also für Fischer und Angler gleichermaßen) geschlossen werden. Ausgenommen ist die Küstenfischerei innerhalb von 4 Seemeilen in der Ålandsee, dem Bottnischen Meerbusen und der Bottnischen Bucht – weit von deutschen Gewässern entfernt.
Als Grund dafür gibt der ICES an, dass die derzeitige Bewirtschaftung nicht ausreicht, um die Bestände zu schützen. Außerdem gebe es gravierende Probleme in Flussbeständen. Die schwächsten Lachspopulationen gibt es demnach in Polen, Litauen, Lettland und Estland. Bleibt der Entnahmedruck auf den Lachs in der Ostsee so wie bisher, könnte dies zum Aussterben der Bestände in schwachen Gebieten führen. Um dies abzuwenden, hat der ICES folglich ein (fast) komplettes Verbot für das Angeln auf Lachs in der Ostsee ausgesprochen.
DAFV sieht Angelverbote für Lachs in der Ostsee kritisch
Das sehen die Angelverbände in Deutschland, Dänemark und Schweden kritisch. In einer gemeinsamen Pressemitteilung weisen sie auf das Engagement der Angler hin und empfehlen eine andere Regelung zum Schutz der Lachse in der Ostsee. Sie geben zu verstehen, dass sich in der Bewirtschaftung etwas ändern muss. Aber sie plädieren dafür, dass das Angeln weiterhin möglich bleiben sollte.
DAFV, Danmarks Sportsfiskerforbund (Dänemark) und Sportfiskarna (Schweden) begründen diese Empfehlung folgendermaßen:
Einerseits haben die Angler ein eigenes Interesse daran, die Bestände zu erhalten. Sie kennen und respektieren die Vorschriften – dazu gehören Fangbeschränkungen (Bag-Limits), Schonzeiten und Mindestmaße. Angler engagieren sich für die Renaturierung der Flüsse, für die Überwachung der Wasserqualität und auch die Fischereikontrolle. Um den Lachs in der Ostsee zu schonen, sei die Hilfe dieser Gruppe unerlässlich.
Deutsche Lachsangler erwirtschaften 5 Millionen Euro
Außerdem erwirtschaftet das Angeln auf Lachs in der Ostsee jährlich mehrere Millionen Euro. Der Dachverband EAA (European Anglers Alliance) gibt an, dass Lachsangler allein in Deutschland pro Jahr und Kopf 2.750 Euro ausgeben. Pro entnommenem Lachs sind das etwa 1.000 Euro – und fünf Millionen Euro insgesamt.
Der richtige Weg wäre, das Lachsangeln nicht zu verbieten, sondern richtig zu regulieren. So würden die Bestände in Flüssen nicht in Gefahr geraten, während EU-Bürger immer noch angeln gehen könnten.
Lachs in der Ostsee hat sich seit 1990 erholt
Laut einer Schätzung des Thünen Instituts gibt es in der Ostsee etwa 1 bis 1,5 Millionen Lachse. Insgesamt hat sich der Bestand positiv entwickelt, was man vor allen auf weniger Fischereidruck (z. B. durch das Verbot von Treibnetzen) zurückführt. So betrug der Gesamtfang im Jahr 1990 etwa 1,2 Millionen Lachse in der Ostsee, 2020 waren es dagegen 145.000 Fische.
Zu viele Hindernisse in Flüssen, zu viele Kormorane
Die Verbände betonen in ihrer Meldung, dass nicht nur Berufsfischer und Angler für den Lachsbestand in der Ostsee verantwortlich sind. Ein weiterer Grund sind Hindernisse in Flüssen (Wasserkraftwerke, Mühlen, Wehre und weitere Hindernisse). Die Verbände unterstützen daher das Ziel der EU-Biodiversitätsstrategie, dass bis 2030 mindestens 25.000 Kilometer Flüsse wieder frei fließend sein sollen. Nur so könne man gewährleisten, dass Smolts (Junglachse) in großer Zahl aus den Flüssen in die Ostsee abwandern und den Bestand erhalten können.
Außerdem sei auch der Fraßdruck durch den Kormoran nicht zu unterschätzen. Die Raubvögel sorgen unter Wildlachsen zum Teil für eine Sterblichkeit von über 50%. Große Vogelschwärme seien daher ein Problem, das sich nur schwer lösen lasse.
Angelverbote sind nicht zielführend
Klaus-Dieter Mau, der neue Präsident des DAFV, äußerte sich kritisch über die Vorschläge, das Angeln auf Lachs in der Ostsee zu verbieten. „Forderungen, das Angeln zu verbieten, ist für die Politik oft die erste und leider auch einzige Wahl zum Schutz der Bestände, wie man bei der Ausweisung der Naturschutzgebiete in der Ostsee in Deutschland gesehen hat“, so Mau in der Pressemitteilung. „Bis heute ist das Angelverbot die einzige „Schutzmaßnahme“, die umgesetzt wurde.“
Obwohl Angler bereit seien, ihren Teil zum Schutz der Bestände zu leisten (strengeres Bag-Limit, erhöhtes Mindestmaße), komme die Politik den Forderungen nicht nach. „Ein vollständiges Angelverbot auf Lachse in der Ostsee ist an dieser Stelle sowohl unverhältnismäßig als auch nicht zielführend.“
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Lachs in der Ostsee: Anglerverbände empfehlen Bag-Limit und Renaturierung
Statt eines Angelverbots empfehlen die deutschen, dänischen und schwedischen Verbände diese Bestimmungen für das Angeln auf Lachs in der Ostsee für 2022:
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Aktuell gibt für den Lachs in der Ostsee in den EU-Mitgliedsstaaten unterschiedliche Regelungen. Aktuell gelten die folgenden Bestimmungen.
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