Beim Angeln im Schluchsee muss man mit allem rechnen, was einem an den Haken gehen kann. Besonders beim Zanderangeln hat der See viel Potenzial zu bieten.
Niemand kann erklären, was Ralf Huber dazu brachte, sein Boot mitten im Februar auf den Schluchsee zu lassen – nicht einmal er selbst kann das. „Vielleicht war es ein Experiment“, sagt er heute. Der Schluchsee, rund 850 Meter hoch gelegen, ist zwar auch im Winter ein begehrtes Revier. Dann aber nicht für Raubfischangler, sondern für Skiwanderer, rodelnde Kinder und Touristen vom nahen Feldberg.
Der Winter war mild, zu mild für den Schwarzwald. Kein Eis auf dem See, am Ufer nur eine dünne Schneedecke. Ralf Huber, einziger Bootsangler des Tages, ruderte an eine tiefe Kante, wo der Grund auf 12 Meter abfällt. Dann griff er zur Spinnrute. Sein Gummiköder flog ins Wasser, wieder und wieder. Er klopfte die Kante ab. Auf einmal saß er fest. Hänger? Nein, die Rute schlug aus. Und wie! Der Fisch eilte davon.
Die 0,22er Monoschnur schoss von der Rolle. Die Bremse kreischte. Was hatte er da bloß gehakt? Einen riesigen Hecht? Eine Seeforelle? Ans Licht kam ein Fisch, wie man ihn am Schluchsee noch nicht gesehen hatte ein Zander von 102 Zentimetern, 22 Pfund und 400 Gramm schwer. Eine Spaziergängerin am Ufer schoss ein Fangfoto, das in mehreren Zeitschriften erschien und Angler in ganz Deutschland faszinierte. Das Angeln im Schluchsee, ein Wintermärchen.
Zander, das Lieblingskind im Schluchsee
Und ein Zandermärchen noch dazu! Denn der Stachelritter, die ewige Nummer 2 im See hinter dem Hecht, hat in den letzten Jahren an Boden gewonnen: Immer öfter gehen prächtige Zander an den Haken. Beim Schleppfischen, beim Spinnfischen, beim Ansitz mit totem Köderfisch. Ja, sogar beim leichten Barschangeln. Das Zanderglück begann mit einem Unglück: Im Jahr 1983 musste der See abgelassen, die Staumauer repariert werden. Für die Fische bestand keine Gefahr: Das (nicht gestaute) Wasser des ursprünglichen Sees, das übrig bleiben würde, sollte ihnen als Übergang dienen. Doch man ließ den See zu schnell ab.
Segmente wirbelten auf, Kiemen verstopften. Und so bekamen die Angler mehr Traumfische zu sehen, mehr Meterhechte und Riesenforellen, Großaale und Mordskarpfen, als sie jemals in dem See vermutet hätten. Aber alle zeigten sich von ihrer hässlichsten Seite: kieloben.
Der legendäre Fischbestand des Schluchsees, der schon um die Jahrhundertwende Angeltouristen aus England angezogen hatte, war vernichtet. Das Schluchseewerk und die Angler-Interessengemeinschaft machten die Not zur Tugend: Sie entwickelten Besatzpläne, nahmen viel Geld in die Hand und bauten einen neuen Bestand auf. Der Zander avancierte vom Stief- zum Lieblingskind. Niemand hat den See besser im Blick als Rudi Faller. Er ist Gewässerwart und seit Jahrzehnten einer der erfolgreichsten Angler. Wir sind verabredet.
Informationen zum Angeln im Schluchsee
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Unscheinbarer Zanderköder
Es ist Ende Mai. Die letzten Tage hatte Blütenstaub das Wasser getrübt und damit die Aussichten beim Angeln. Jetzt ist das Wasser wieder klarer. Im Gegensatz zum Himmel: Ein schwarzes Wolkengebirge rollt auf den See zu. Der Wind frischt auf, ein Donner grollt. Am Bootssteg im Wolfsgrund vor der Ortschaft Schluchsee dem Kleinen See, wie die Einheimischen sagen schaukeln die Boote auf den Wellen. Das Wasser gluckert, als würde es lachen.
Rudi Faller verlässt sich bei der Fischsuche beim Angeln im Schluchsee auf seine Augen: „Du musst schauen, wo Lauben an der Oberfläche sind. Dort stehen immer Zander und Barsche.“ Im Nu hat er einen Platz entdeckt: Vorm Einlauf des Fischbachs spielen Fische an der Oberfläche. Mit ein paar Ruderschlägen ist er dort. Ich bin gespannt, welchen Zanderköder er verwendet:Einen Gummifisch? Einen Wobbler? Einen toten Köderfisch? Verblüfft sehe ich, wie er eine winzige Mormyschka mit einem Rotwurm bestückt. Das ist ein Haken, dessen langer Schenkel mit einem gelochten Bleitropfen endet.
Ursprünglich wurde die Mormyschka in Russland zum Eisangeln auf Barsche und Weißfisch entwickelt. Mit einer selbst gebauten Minirute, dünn wie eine Funkantenne, wirft Faller den winzigen Köder über den Kleinfischschwarm hinweg. Er lässt ihn absinken und kurbelt ihn langsam ein. Sein Handgelenk sendet ein feines Zittern in die 16er Monoschnur. Im klaren Wasser sehe ich, wie der Köder vom Boden wieder nach oben kommt und sich dem Boot nähert. Der Wurm schwänzelt, dass es eine Pracht ist. Schneller und lebendiger als jeder Twister.
Aber ist dieser Köder für Zander nicht viel zu klein? Nein, sagt Rudi Faller, das ist gut im Frühjahr. Dieser Köder ist ein Geheimtipp für Zander, die vom Laichen noch dicht am Ufer stehen. Im klaren Wasser erregen herkömmliche Köder Misstrauen. Doch die winzige Mormyschka, diese schwänzelnde Mischung aus Natur- und Kunstköder, öffnet die Mäuler der Zander. In Nullkommanichts ist der Miniköder eingesaugt.
Hotspots am Schluchsee suchen
Eindeutige Hotspots im See kann man nicht nennen, gerade die Zander ziehen im See umher. Im Frühjahr sollte man flache Bereiche befischen, im Sommer und Herbst sind die tiefen Zonen aussichtsreicher. Im See findet man mehrere Kanten und Plateaus, an denen man auf jeden Fall sein Glück versuchen sollte. Häufig weisen die Futterfische dem Angler den Weg zum Räuber.
Hat man einen Laubenschwarm ausfindig gemacht, sind häufig auch die Räuber nicht weit. Besonders Barsche lassen sich so sehr gut lokalisieren. Für Uferangler gibt es mehrere interessante Strecken, etwa die Steganlagen der Segelschule, in der Nähe der Freibäder in Schluchsee und Seebruck entlang der Bundesstraße vor der Staumauer sowie die Kaiserbucht. Der Schluchsee kann übrigens auch mit edlen Salmoniden aufwarten, genauer gesagt mit Seeforellen und Saiblingen. Die einheimischen Angler fangen sie im Frühjahr auf kleine Wobbler und Spinner.
Barsch auf Barsch beim Angeln im Schluchsee
Der erste Platz bringt beim Angeln im Schlauchsee keinen Biss. Rudi Faller durchrudert die Eisenbahnbrücke, tastet sich an der steil abfallenden Steinpackung unterhalb der Eisenbahnschienen entlang in Richtung Bahnhof Schluchsee immer ein guter Raubfisch-Platz , bis er auf eine in den See laufende Landzunge stößt. Hier spielen wieder Kleinfische an der Oberfläche. Rudi Faller wirft den Anker. Seine Mormyschka tropft leise ins Wasser. Ein paar Rollenumdrehungen dann schlägt die Spitze der kleinen Rute aus. Faller gibt einen winzigen Moment nach, damit der Fisch den Wurm nehmen kann, dann flitzt seine Rute nach oben. Ein typischer Schluchseebarsch von etwa 25 Zentimetern kommt ihm klatschend entgegen. Zu Beginn der Saison, ein paar Tage zuvor, hat er einen 3-Pfünder gefangen. Auch mit solchen Barschen darf man hier rechnen.
Der nächste Platz, den wir ansteuern, ist ein Felsen, der ins Wasser hineinragt. Hier grenzt flaches an tiefes Wasser, steiniger an sandigen Grund. Solche Ecken lieben die Schluchsee-Zander. Erster Wurf, erster Biss leider kommt der Fisch ab. Zweiter Wurf, zweiter Biss wieder befördert Rudi Faller einen Barsch ins Boot. Es ist der Auftakt eines Fangreigens. Am Nachmittag, als uns das Gewitter endgültig vom See peitscht, schwimmen 20 Barsche in seinem Fischkasten. Die Zander wollten nicht. „Wir haben viele Zander im See“, sagt Rudi Faller, „aber die Fische springen einem nicht in den Kescher.“
Auch von Ralf Huber, dem Fänger des Rekordzanders, hatte ich schon gehört: „An anderen Gewässern funktioniert jedes Jahr dieselbe Angelei. Am Schluchsee fängst du immer wieder von vorne an.“ Die Zander hier erfordern Ausdauer, Hartnäckigkeit und Experimentierfreude. Aber diese Mühe kann sich lohnen: Im Schnitt sind die Fische rund 70 Zentimeter lang. Jede Saison beißen etliche Zweistellige.
Erfolg beim Schleppen
Die beste Methode ab Juni ist das Schleppen mit schlanken Wobblern von 12 bis 18 Zentimetern. Harald Ganter aus Titisee-Neustadt, einer der erfolgreichsten Schluchsee-Angler, empfiehlt Modelle wie den „Husky Jerk“ von Rapala oder die Flachläufer des „Shimura“ von Cormoran. Andere Spezialisten schwören auf den DD Squirrel 79 von Illex und den Depth Plus 15+ von Manns . Am fängigsten sind Naturfarben wie Braun, Silber, Grün und Transparent. Ein Abstand von 40 bis 50 Metern zum Ufer ist beim Schleppen im Sommer das Minimum, meist rappelt es im Freiwasser über größten Tiefen.
Wem es gelingt, seinen Köder durch einen Laubenschwarm zu lotsen, der hat allerbeste Chancen. Interessante Schlepprouten gibt es rund um den See. Viele große Zander werden zwischen Staumauer, Freibad und Pumpstation gefangen. Aber auch die Kaiserbucht und der Seeanfang in Aha, wo das alte Flussbett in der Seemitte verläuft, laden zum Zanderangeln ein.
Viele Fische beißen beim Angeln im Schluchsee im Juni und Juli erstaunlich flach, oft zwischen ein und zwei Metern dabei ist der See teils über 60 Meter tief. Das Uferangeln ist vor allem bei Nacht erfolgreich. Gute Plätze finden sich rund um die Steganlagen der Segelschule in Aha, beim Einlauf des Hangkanals, in der Nähe der beiden Freibäder in Schluchsee und Seebruck, entlang der Bundesstraße vor der Staumauer sowie in der Nähe der Pumpstation und in der Kaiserbucht.
Diese Bucht liegt exakt in der Mitte zwischen Aha und Schluchsee, gegenüber der B 500, und ist nur über einen einstündigen Fußmarsch oder per Boot zu erreichen. In der Kaiserbucht gibt es zahlreiche Barschberge und Kanten, Übergänge von flachem zu tiefem Wasser. Außerdem ist die Kaiserbucht ein Sperrgebiet der besonderen Art: Angler dürfen rein, andere Wassersportler müssen draußen bleiben. Eine Bojenkette markiert die Grenze.
Angeln im Schluchsee Vom Ufer aus
Das Angeln im Schluchsee vom Ufer funktioniert mit Spinnrute und Gummifisch, aber noch fängiger ist ein toter Köderfisch, direkt am Grund oder auftreibend. In der warmen Jahreszeit bringen Lauben den besten Erfolg. Später im Jahr kann ein Versuch mit Kaulbarsch lohnen. Die Erfolge stellen sich vor allem in der Dämmerung und den ersten Nachtstunden ein. Je später der Sommer, je später das Jahr, desto tiefer stehen die Zander.
Im Herbst verlagert sich das Angeln im Schluchsee ins Tiefe zwischen 8 und 15 Metern. Nun treiben sich die Zander an steil abfallenden Kanten herum, so in der Kaiserbucht, bei der Staumauer und bei der Pumpstation. Mit Twistern, Gummifischen, in den letzten Jahren auch immer mehr mit der Dropshot-Technik, lassen sich gute Fische aus der Tiefe kitzeln vor allem dort, wo das Echolot beim Bootsangeln Kleinfischschwärme anzeigt. Dass es sich lohnt, bis zum letzten Tag der Saison zu angeln, hat der Rekordzander bewiesen. Wer die Kälte nicht scheut und einen eisfreien See vorfindet, den erwartet in der klaren Schwarzwaldluft ein Wintermärchen. Auch ohne Zanderfang. Doch viel besser mit!