Das Echolot zeigt eine unregelmäßige Struktur in etwa 20 Meter Tiefe an. Guide Sven bemerkt meinen fragenden Blick: „Das ist Preßwitz.“ Wie, Preßwitz? Das ist aber ein komischer Name für ein Plateau. Er lacht – nein, Preßwitz war ein Dorf. Es wurde durch das Anstauen der Saale überschwemmt und liegt nun in der schwarzen Tiefe des Hohenwartestausees. Noch vor etwa 80 Jahren haben hier Menschen gelebt, jetzt stehen vor allem große Waller und Zander in den Trümmern der Häuser und Kirchen. Die Hohenwarte hat mich schon immer fasziniert. Ich bin in der Nähe aufgewachsen und habe hier in den Sommerferien viele Wochen verbracht und natürlich durfte das Angeln in der Hohenwartetalsperre dabei auch nicht fehlen.
Die viertgrößte Talsperre Deutschlands ist Teil der Saalekaskade und liegt mitten im Herzen Thüringens. Es ist noch keine 100 Jahre her, da mäanderte nur ein kleines Flüsschen durch das tiefe Tal – die Saale. Im Jahr 1936 wurde dann unweit des Dorfes Hohenwarte eine 70 Meter hohe Betonmauer in die Landschaft gebaut und alle umliegenden Dörfer evakuiert. Wie ein Norwegischer Fjord schlängelt sich der Stausee jetzt durch die Region am Fuße des Thüringer Waldes, immer dem Flusslauf folgend.
Auffallend sind vor allem das glasklare Wasser und die steilen Schieferwände, die sich am Rand des ehemaligen Saalelaufs entlangziehen. In den großen Kurven befinden sich einige Landzungen, die sich flach bis in die Seemitte erstrecken. An ihren Enden fallen sie abprupt und steil in die dunkle Tiefe ab. Der Grund des bis zu 70 Meter tiefen Gewässers ist überwiegend fest, er besteht entweder aus Schiefer oder Sand mit einzelnen Steinfeldern und Totholz.
Urige Großzander beim Angeln in der Hohenwartetalsperre
Zu DDR-Zeiten war der Stausee mit Nährstoffen überfrachtet und daher stark eingetrübt. Deshalb wurden damals tonnenweise Marmorkarpfen besetzt. Die Algenfresser sollten die Wasserqualität verbessern. Die Marmorkarpfen wurden in den vergangenen 30 Jahren sehr selten gefangen. Lediglich als gelegentlicher Beifang beim Karpfenangeln kam ab und an mal einer der Riesen, die oft über 20 Kilogramm wiegen, zum Vorschein. Trotz ihres fortgeschrittenen Alters erledigen sie ihren Job zuverlässig und filtern schwebende Organismen aus dem, auch dank ihnen, wunderbar klaren Seewasser.
Vor allem die Verringerung der eingeschwämmten Nährstoffe durch Kläranlagen und weniger Industrie-Abwässer ist für die heute gute Wasserqualität verantwortlich. Für den Fischbestand hatte das klarer gewordene Wasser Folgen: Der ehemals immense Zanderbestand hat beträchtlich abgenommen, andere Arten sind hingegen auf dem Vormarsch.
Dennoch: Wer weiß, wo die Zander jagen, hat beim Angeln in der Hohenwartetalsperre regelmäßig Erfolg – und der hat es in sich! Wo es früher um Stückzahlen ging, ist es heute die Größe der Fische, die das Gewässer für Zanderangler interessant macht. Effektiv ist es, die flacheren Bereiche der Landzungen in der Dämmerung und nachts mit Gummifischen oder Wobblern abzuwerfen. Auch tagsüber sind gute Zanderfänge drin, nur eine Etage tiefer, gern im Bereich der steilen Kantenfüße.
Gute Zander-Stellen, sind das Plateau in der Nähe des Campingplatzes Portenschmiede oder das stillgelegte Conrod-Kraftwerk bei Ziegenrück. Viele der urigen, fast schwarzen Großzander halten sich allerdings mitten im Freiwasser vor den Steilwänden auf. Mit Beharrlichkeit und großen Gummifischen von über 20 Zentimeter könnt ihr hier sogar 90er Fische erwischen.
Top für Hecht
Das klare Wasser mag dem Zander missfallen, der Hecht hingegen fühlt sich immer wohler. Seine Bestände sind in jüngerer Vergangenheit förmlich explodiert. Nach der Schneeschmelze im Frühjahr steht das Wasser der Talsperre hoch und überspült die Wiesen der Landzungen und flachen Buchten. Dadurch finden Hechte ideale Möglichkeiten, sich zu vermehren. Sie ernähren sich von Brassen, Barschen und Rotaugen.
Vor einiger Zeit wurde zudem die kleine Maräne besetzt, sie stellt eine ideale Futterquelle für Hechte im Freiwasser dar. Top Frühjahrs-Stellen bei hohem Wasserstand sind zum Beispiel die vielen überhängenden Bäume rund um den Drachenschwanz und die flache Landzunge vor dem Campingplatz Droschkau. In den wärmeren Monaten ist das Freiwasserangeln im tiefen Wasser vor der Staumauer vor allem für große Fische überraschend erfolgreich. Auch lohnt es sich, die steilen Uferkanten anzuwerfen. Vor dem Anstauen gab es hier ganze Wälder, heute regieren in ihren Überresten die Hechte.
Die Hohenwartestausee ist ein Barschparadies
Ähnlich wie der Hecht, fühlt sich auch der Barsch im klaren Hohenwarte-Wasser sehr wohl. Sie finden ideale Lebensbedingungen – viele Steinfelder, Plateaus und Futterfisch in rauen Mengen. Besonders im Sommer sieht man die Barsche den gesamten Tag vor der Uferkante rauben. Sie drücken kleine Rotaugen die Steilwände hinauf und attackieren diese dann oberflächennah. So kommt es vor, dass man die Barsche über 40 Meter Wassertiefe direkt an der Oberfläche fangen kann.
Super funktionieren auch kleine Köderfische, die an einer leichten Posenmontage einfach neben dem Boot auf vier, fünf Meter Tiefe anbietet. Einheimische Angler fischen auch gezielt mit der Fliegenrute und großen Streamern auf Dickbarsch. Die Räuber wachsen durch das gute Nahrungsaufkommen in Form von Kleinfischen und Krebsen, super ab. Gute Stellen für Barsch sind unter anderem das Plateau vor der Portenschmiede, die Landspitze vor dem Wasserskizentrum Neidenberga und der Unterwasserberg gegenüber der Schäferwiese. Wenn die Fische richtig aktiv jagen, können sie aber fast überall im See ganz plötzlich auftauchen, ein paar Minuten die Rotaugen terrorisieren und genauso schnell wieder verschwinden – jetzt solltet auch ihr flexibel und mobil sein.
Vielfältige Möglichkeiten im Hohenwartestausee
Natürlich kommen auch Friedfischangler auf ihre Kosten. Beim Nachtangeln in der Hohenwartetalsperre werden von Mai bis August wirklich dicke Aale gefangen, meist auf Grund in den flachen Bereichen, gern bei Bacheinmündungen, oder bei hohem Wasserstand direkt an Büschen. An denselben Stellen fängt man auch dicke Karpfen, Schleien und Brassen auf Frolic, Wurm, Boilie oder Mais. Durch die Steilwände haben es Uferangler nicht leicht am Stausee. Die besten Möglichkeiten findet ihr in den Bereichen um den Fähranleger Linkenmühle, die Lothrabucht, die Otterbucht, den Drachenschwanz und natürlich bei den Zeltplätzen Portenschmiede und Droschkau.
Seit kurzem taucht eine weitere Fischart immer wieder auf: der Wels. Der erste Waller wurde direkt vor der Felswand gegenüber des Zeltplatzes Droschkau von Tauchern entdeckt. Aus dem Einzelfund wurde schnell Normalität. Ich habe beim Nachtangeln schon kleine Waller in direkter Ufernähe beobachten können. Die Beifänge beim Ansitzen sowie Spinnfischen nehmen beständig zu. Bei gleichbleibender Entwicklung könnte die Angelei an dem wunderschönen See binnen der nächsten zwei, drei Jahre so noch interessanter werden.
Bestimmungen und Angelkarten für das Angeln in der Hohenwartetalsperre
- Erlaubnisscheine sind im Internet unter www.lavt.de erhältlich.
Außerdem bei: - Posselts Angelhütte
Preßwitzer Str. 18
07338 Hohenwarte
Tel.: 036733 22304
www.angelhuette.de - Ruby’s Anglertreff
Friedrich-Engels-Straße 62
99086 Erfurt
Tel.:0361-6431323
www.rubys-anglertreff.de - Der Sportfischer – Fa. Pietrock
Friedhofstraße 12
07985 Elsterberg
036621-24402
www.elsterberger-sportfischer.de - Campingplatz Portenschmiede
Ortsstraße 21a
07389 Wilhelmsdorf
www.elsterberger-sportfischer.de - Angelspezi Erfurt
Weimarische Str. 22a
99099 Erfurt
0361 51884881
www.spezi-erfurt.com - Preise
Für DAFV-Mitglieder kostet eine Tageskarte 14, die Zweitageskarte 24, die Wochenkarte 44 und die Jahreskarte 160 Euro. Seid ihr nicht organisiert, kostet die Tageskarte 18, die Zweitageskarte 32, die Wochenkarte 58 und die Jahreskarte 260 Euro. - Mindestmaße/ Schonzeiten
Aal 50 cm / 01.11–28.02.
Bach- und Regenbogenforelle 30 cm / 01.10.–31.03.
Hecht 55 cm / 15.02.–30.04.
Karpfen 45 cm
Schleie 30 cm
Zander 55 cm / 15.02.–31.05.Bootsangeln
Ihr dürft ausschließlich vom verankerten Boot angeln. Ein GPS-Anker ist auch erlaubt. Das Echolot darf nur zur Stellensuche verwendet werden und ist beim Angeln in der Hohenwartetalsperre Angelns auszuschalten. Das Befahren des Stausees mit Verbrennermotoren ist nur vom 01.03.–30.11. gestattet (Mo. bis Fr. 09–20 Uhr, Sa. bis So. 09–12.30 Uhr und 14.30–20 Uhr). Die Benutzung von Elektromotoren ist ganzjährig gestattet.
- Guide & Boot
Sven Nicklas angelt seit seiner frühesten Kindheit an den Talsperren der Saalekaskade. Der sympathische Thüringer gibt seine Erfahrung und Gewässerkenntnisse gern an seine Guidinggäste weiter. Er vermietet außerdem top ausgerüstete Boote Tages- oder Wochenweise für einen fairen Preis. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter folgender Adresse: www.nicklas-fishing-adventure.de - Weitere Regelungen für das Angeln in der Hohenwartetalsperre findet Ihr auf dem Erlaubnisschein.