Es riecht nach Fisch. Und wie es nach Fisch riecht an der Plauer Straßenbrücke! Fast könnte man meinen, dass die Elde den fängigen Geruch des Plauer Sees noch ein paar hundert Meter weiter trägt, bis zum Ortseingang von Plau. Doch ein Blick flussab, in Richtung der himmelblauen Hubbrücke, liefert eine andere Erklärung: Dem Schornstein eines Bootshauses entflattert eine Rauchfahne, die vom Westwind rabiat zerpflückt und hinaus auf den See gepeitscht wird. Räuchergeruch! Hier sitzt der Fischer, hier gibts Angelkarten, hier beginnt so manche Angeltour am Plauer See.
Der Plauer See!
Spricht man mit Gastanglern, klickt man sich durch Internet-Foren, dann gibt es ihn dreifach: Es gibt den fischleeren Plauer See, die Wasserwüste, auf der man sich die Arme müde angelt vergeblich. Höchstens ein paar kleine Barsche erbarmen sich. Dieser Plauer See gilt als leergefischt, als Enttäuschung, als blasses Abbild besserer Tage. Dann gibt es einen Plauer See, der als Traumgewässer beschrieben wird, als ein Füllhorn voller Barsche und Hechte. Ein See, an dem man nach einer Stunde die Angelart umstellt, weil die erlaubten 25 Barsche gefangen sind. Ein See, an dem zwei Angler in einem Boot bald in der Unter- und die zweistelligen Hechte in der Überzahl sind.
Von diesen beiden Seen ja, es gibt sie beide! wird noch die Rede sein. Der einzige Plauer See, über den man nicht zu diskutieren braucht, ist der statistisch erfasste:
- Er ist bis zu 28 Meter tief
- bis zu 5 Kilometer breit
- stolze 16 Kilometer lang.
Kennen Sie einen typischen Vereinsteich von drei Hektar? Dann stellen Sie sich die 1.267-fache Fläche vor, etwa 3.800 Hektar. Rechnerisch ist das derselbe Unterschied, ob vor Ihnen 789 Euro oder eine Million liegen. Die Größe des Plauer Sees bedeutet Fischreichtum. Sie bedeutet aber auch, dass die Chancen ungleich verteilt sind: Zu jeder Jahreszeit ballen sich die Fische in bestimmten Tiefen und an bestimmten Plätzen, oft kleiner als ein Fußball-Strafraum.
Und jetzt sind wir wieder bei der leeren Wasserwüste: Viele Gastangler wollen so wie an ihren Vereinsgewässern angeln. Sie erobern einen der wenigen Uferplätze, die der breite Schilfgürtel ausspart, etwa bei der Plötzenhöhe am Westufer, legen ihre Köder aus und hoffen auf ein Stelldichein der Barsche, Hechte und Zander. Andere steigen in ein Boot und fischen sich an den Schilfgürteln entlang, so am Flachufer vor Quetzin. Diese Taktik kann im April und Anfang Mai funktionieren. Nach dem Ablaichen stehen die Hechte, bislang ohne Schonzeit, im ein bis drei Meter tiefen Flachwasser und stürzen sich mit Vorliebe auf Gummifische und grelle Wobbler. Doch übers Jahr gesehen gilt: Je dichter man sich am Ufer hält, desto weiter angelt man an den Räubern vorbei. Die Wasserwüste lebt, allerdings nicht überall. Sie lebt mitten im See, bei den zahllosen Bergen und Kanten, den Löchern und den Unterwasser-Strömungen.
Uferloses Angeln bringt Erfolg
Uwe Schmidt, Seekenner und Inhaber des Anglerecks in Plau, legt seinen Kunden die Anglerkarte vom Plauer See ans Herz. Diese Tiefenkarte ist ein echter Wegweiser zum Fangerfolg, wie schon die Namen etlicher Plätze andeuten: Fischeräuwer, Brassentag, Hechtbarg, Hacht, Swaten-Aal …
Barsche am Breiten Berg
Ein Tag im Juni, die zarte Röte des Morgenhimmels wiegt sich in den ersten Wellen. Heiser kreischt eine Möwe. Meine Fischchen-Hegene tanzt in sechs Metern Tiefe. Das verankerte Boot schaukelt vor einer gelb-schwarzen, durch Möwenkot weiß gesprenkelten Riesenboje, auf der in dicken Lettern steht: Breiter Berg. Wie praktisch, dass sich rund zwei Dutzend Bojen über den See verteilen, um Berge und Fahrrinnen zu markieren. Sogar ein Angler, der ohne Echolot antritt, kann so die besten Fangplätze ansteuern. Ein Leihboot mit (führerscheinfreiem) Motor sorgt für die nötige Mobilität, gerade an typischen Fangtagen, wenn Wind der Stärken 3 bis 5 übers Wasser pfeift. Übrigens sollten Sie auf Unwetter achten. Bei Sturm wird das Boot auf dem großen See zur lebensgefährlichen Nussschale. Sogar Einheimische steuern im Zweifel das nächste Ufer an.
Mit zahllosen Höckern hebt sich der Breite Berg aus dem über zehn Meter tiefen Wasser, mal auf vier Meter, mal auf drei Meter, mal bis knapp unter die Oberfläche. Und das auf einer Fläche von fast einem Quadratkilometer. Der zweite Paradeberg des Sees, der Rehberg, liegt nur eine Bootsminute weiter im Westen. Diese beiden Reviere im Südteil sind immer für Barsche gut, manchmal auch für einen schönen Hecht. Zack, meine Rutenspitze wippt nach unten, ich schlage an. Spüre ein kräftiges Rütteln und warte noch ein paar Sekunden mit dem Einkurbeln. Ein weiterer Schlag, der Hegenen-Lift fährt aufwärts, zwei stramme Barsche von 28 Zentimetern zappeln mir entgegen.
Die Nummer 1 am Plauer See
Der Barsch ist die Nummer 1 am Plauer See, fast alle Einheimischen ziehen ihn dem Hecht vor. Weil er besser schmeckt. Weil er öfter beißt. Und weil er leichter zu finden ist. Die Möwen weisen den Weg. Im Frühsommer sind es einzelne Vögel, die aufgeregt über dem Wasser kreisen, im Spätsommer ganze Schwärme. Angelockt von einer Jagd unter Wasser. Die Barsche treiben Kleinfische an die Oberfläche, silberne Funken spritzen aus dem Wasser. Die Möwen stoßen von oben dazwischen. Mit einem Fernglas, das hier zur Angelausrüstung gehört, können Sie dieses Möwenspiel über Kilometer ausmachen. Eine geworfene Fischchen-Hegene bringt die meisten Barsche, das Limit von 25 kann schnell erreicht sein. Ein Spinner verlockt die größeren Einzelfische. Black Fury und Vibrax (mit Barschdekor), Nr. 2 bis 3, gelten als Top-Köder. Beim tiefen Angeln hat der silberne 18-Gramm-Mörrum die Nase, besser gesagt: den Bleikopf vorn.
Je später der Herbst, desto tiefer wandern die Barsche ab: von 4 bis 6 auf 10 bis 12 Meter. Jetzt beginnt die hohe Zeit der Pilker. Kleinfingerlange Köder in Silber, von 15 bis 20 Gramm, öffnen beim ruckartigen Fischen über Grund die Barschmäuler. Fangplätze sind tiefe Rinnen wie zwischen dem Breiten Berg und dem Rehberg. Oder steil abfallende Kanten wie vor der Plötzenhöhe. Oder die Leistener Lanke, jener über zehn Meter tiefe Nordausläufer des Sees, wo sich mit zunehmender Kälte die Raubfische sammeln. Viele ältere Barschangler lassen Naturköder mit der Laufpose in die Tiefe gleiten. Auf Köderfisch werden die größten Barsche gefangen. Ein guter Barsch beginnt bei 25 Zentimetern, 30er und 35er gelten als groß, 40er als Ausnahme. Doch jedes Jahr werden auch Fische von über 50 Zentimetern aufs Stachelkreuz gelegt.
Heiße Hecht-Zeit
Ein früher Oktobermorgen, der Nebel kocht Suppe über dem See, nach 30 Metern verliert sich der Blick in weißer Watte. Mein Boot liegt südlich der Bucht zum Kellersee. So viele Kleinfische haben sich hier auf einem Barschberg geballt, dass der Bildschirm des Echolots eine schwarze Fläche ist, vom Grund in acht Metern bis knapp unter die Oberfläche. Ich werfe ein 15-Zentimeter-Rotauge am Spinnsystem aus, lasse es absinken, nach oben schießen, wieder absinken. Das Hecht-Barometer steht zweimal im Jahr auf Hochdruck: erst von Mitte Mai bis Ende Juni, dann von Oktober bis Mitte Dezember. Dagegen herrscht im Sommer oft Flaute. Die Durchschnittsgröße hängt von der Methode ab: Beim Schleppfischen, erst seit 2005 mit Zusatzkarte erlaubt, sind Hechte von 75 bis 80 Zentimeter die Regel. Beim stationären Angeln liegt der Schnitt bei 55 bis 70 Zentimeter.
Raubfisch statt Wasserski
Wer einen Hecht von 10 Pfund fängt, darf stolz sein. Wer einen Hecht von 20 Pfund fängt, kann vielen Seekennern das Wasser reichen. Die größten Fische der Saison wiegen meist zwischen 25 und 28 Pfund. 30-Pfünder sind verbürgt, 40-Pfünder werden in der Gerüchteküche gedünstet. Als Schleppköder haben sich vor allem große Rapala-Wobbler bewährt, so der CD Magnum und der Super Shad Rap. Meist bringen sie Freiwasser-Räuber, die den übrigens kaum beangelten Maränenschwärmen folgen.
Erst wenn es kälter wird, ab Mitte November, empfehlen sich Tiefläufer wie der bananenförmige Deep Tail Dancer. Zu den besten Hechtrevieren des Sees gehört die Gegend um die Halbinsel Werder, vor allem die Wasserski-Zone. Hier erhebt sich unter Wasser eine Gebirgslandschaft, hier grenzt sehr flaches an sehr tiefes Wasser, hier sorgt die Unterströmung oft dafür, dass der Wind in die eine Richtung weht, die Pose aber in die andere Richtung treibt. Auch vor Lenz, wo der Petersdorfer See einmündet, vor Zislow gegenüber der Seeverengung Zuruf und in der Leistener Lanke werden immer wieder schöne Hechte gefangen.
Beim Angeln vom verankerten Boot gibt es zwei Möglichkeiten:
- Sie bieten einen Köderfisch an der Segelpose an, etwa ein bis zwei Meter über Grund. Rotaugen und Barsche von 20 bis 25 Zentimetern sind die richtige Portion. Diese Köderfische lassen sich stippen, wo es so lecker nach Fisch duftet: in der Elde, unter der Straßenbrücke in Plau. Die Müritz-Elde-Wasserstraße, die den See durchläuft, ist ein (köder)fisch-, allerdings auch schiffreiches Angelrevier: Sie verbindet die Elbe mit der Mecklenburger Seenplatte.
- Sie greifen beim Hechtangeln zur Spinnrute, servieren einen Gummifisch, einen Effzett-Blinker oder einen toten Köderfisch am System. Achten Sie bei tiefem Wasser darauf, dass sich Ihr Köder nicht zu weit vom Gewässergrund entfernt. Der Bleikopf oder die Beschwerung darf ruhig 15 bis 20 Gramm wiegen. Als Beifang sind Zander bis knapp über 10 Pfund möglich, vor allem im frühen Herbst.
Allerdings lohnt das gezielte Angeln für Gastangler kaum, denn sogar viele Einheimische bleiben die ganze Saison Schneider. Etwas besser sind die Aussichten beim Aalangeln. Zwar hat die Menge der Fische abgenommen, dafür sind kapitale Einzelfänge von zwei bis fünf Pfund möglich. Ein hervorragender Platz findet sich direkt in der Ortschaft Plau, neben dem Sitz der Wasserschutzpolizei, wo sich der See zur Elde verjüngt. Die Profis bieten Tauwurm oder kleine Fischchen an, wenn der Ostwind aufs Plauer Ufer bläst. Das scheint für Nahrung und für Aale zu sorgen.
Fausthieb aus dem Nebel
Der Biss kommt urplötzlich, wie ein Fausthieb aus dem Nebel. Meine Rute verneigt sich, der Anhieb sitzt. Der Fisch stößt in die Tiefe, die Bremse surrt, ich gebe Schnur. Nur langsam lässt er sich nach oben pumpen. Die 18er Fireline läuft zick-zack, mal nach rechts, mal nach links. Ich starre ins klare Wasser. Kurz vorm Boot schießt ein Hechttorpedo an die Luft, klatscht zurück, will noch einmal nach unten stoßen. Die Rute hält ihn auf. Dann umfangen ihn die Maschen des Keschers. 94 Zentimeter. Ein prächtiger Fisch. Weinrot leuchten seine Flossen, eine Eigenart vieler Plauer Hechte. Hinterm Schleier des Oktober-Nebels zeigt der See, was in ihm steckt: In den nächsten 90 Minuten fange ich auf Köderfisch am System zwei mittlere Zander, einen 80er Hecht und versiebe einen fulminanten Biss kurz vorm Boot. Dann lichtet sich der Nebel. Die Tür zum Fangparadies fällt ins Schloss. Und vor mir liegt wieder der andere Plauer See. Angeblich eine Wasserwüste aber die kann mich jetzt nicht mehr schrecken.
Regeln auf dem Plauer See
- Das Angeln ist mit drei Ruten erlaubt, davon eine mit (totem) Köderfisch. Nachtangeln und Seitenarme sind gestattet. Der Hecht darf ganzjährig gefangen werden, der Zander ist vom 1. Mai bis Ende Juni geschont. Von den Fischerreusen ist ein Abstand von 100 Metern zu halten. Fangbegrenzung: drei Edelfische und 25 Barsche. Mindestmaß: für Hecht und Zander 50, für Barsche 20 Zentimeter.
- Angelkarte: Tag 10, Woche 30, zwei Wochen 45, Monat 55 Euro. Dieser Karten gelten außer für Plauer See und Elde für mehr als 50 weitere Gewässer, darunter Perlen wie Müritz, Kölpinsee und Fleesensee. Die Jahreskarte für den Plauer See (inklusive Elde bis zur Schleuse in Plau) kostet 135 Euro.
- Schleppkarte: Das Schleppen lässt sich der geschäftstüchtige Fischer mit einer zusätzlichen Karte vergüten: Tag 10, Woche 15, zwei Wochen 20, Monat 30 Euro, Jahr 150 Euro (vom 1.5. bis 31.12.). Ansonsten ist das Angeln nur vom verankerten Boot gestattet.
- Infos und Gerät: Uwe Schmidt betreibt mitten in Plau (Am Markt 12) das gut sortierte Geschäft Anglereck. Als Seekenner weiß er immer, welche Köder, Fische und Plätze gerade laufen. Ein Besuch oder Anruf bei ihm (038735-46832) erhöht die Chancen. Hier gibt es auch Angelkarten (ebenso bei der Tourist Info und beim Fischer).
- Angelboote: Verleih u.a. durch: Thomas Meister, August-Bebel-Straße 36,19395 Plau, Tel. 038735-44411, Mail: [email protected]
- Unterkünfte: Die Tourist Info vermittelt Unterkünfte (Tel. 038735-45678, Mail [email protected], Homepage www.info-plau.de) und bietet ein attraktives Rahmenprogramm. Anfahrt: Von Hamburg über die A 24 Richtung Berlin bis Ausfahrt Meyenburg, von dort die B 103 nach Plau. Von Berlin die A 19 Richtung Rostock bis Ausfahrt Röbel, dann die B 198 und B 103 nach Plau. Beim Angelgerätehändler in Plau erhalten Sie für 2,95 Euro die Anglerkarte vom Plauer See, eine Tiefenkarte mit sage und schreibe 103 nummerierten Fangplätzen und Barschbergen. Eine lohnende Investition, die Ihnen eine lange Suche ersparen kann.