Kurbeln, Stopp… Kurbeln, Stopp… Kurbeln, Stopp… über die Rolle setze ich meinen recht flach laufenden Jerkbait langsam über dem 10 m tiefen Wasser in Bewegung und gebe ihm immer wieder etwas Zeit, im Freiwasser zu ruhen: Eine Köderpräsentation, die ich in der Vergangenheit selten in Betracht gezogen habe. Zum einen, weil viele Jerkbaits eher durch Schläge aus der Rute ihren verführerischen Zick-Zack-Kurs bekommen und zum anderen, weil ich Hechte oft ausschließlich an Strukturen gesucht habe und dem großen Freiwasserkörper beim Angeln in Talsperren immer etwas skeptisch gegenüberstand. Beides hat sich aber bei mir im Laufe der Jahre geändert.
Keine Angst vor tiefem Wasser!
Gerade die Ansicht über den großen, fast fischleeren Freiwasserbereich ist bei vielen Anglern ein Trugschluss. Es ist zwar unbestreitbar, dass Raubfische Strukturen und Deckung lieben und man dort immer gute Chancen auf einen Biss hat, allerdings vernachlässigen viele Angler gerade in großen Gewässern das offene Wasser. Vor allem Talsperren haben oft eine enorme Fläche sowie Tiefe, und weite Teile des Wasserkörpers sind strukturlose Freiwasserzonen. Aber gerade dort werden die Fische zum einen wenig beangelt und zum anderen auch einfach kaum vermutet.
Wenn man sich einmal vorstellt, dass in solchen Gewässern oft Beutefische unterwegs sind, die sich insbesondere im Winter zu größeren Schwärmen zusammenschließen, wird deutlich, dass diese Schwärme unmöglich nur an Hindernissen, Kanten oder anderen Besonderheiten zu finden sein können. Wer mal einen Blick auf ein Echolot auf großen Gewässern geworfen hat, konnte sicherlich feststellen, dass sich große Fischschwärme oft auch mitten in der großen Freiwassersäule tummeln – egal ob Barsche, Rotaugen, Lauben oder Renken. Und wo Beutefische sind, da sind bekanntlich die Räuber nicht weit.
Hecht-Attacken aus der Tiefe beim Angeln in Talsperren
Eine weitere Besonderheit der Talsperren ist, dass sie gerade im Winter oft sehr klares Wasser haben. Das ist für uns ein großer Vorteil, denn während wir beim Hechtangeln an Strukturen oder in flachem Wasser die richtige Tiefe leicht herausfinden können, lässt sich das im Freiwasser oder über größeren Tiefen nicht ohne weiteres abschätzen (außer man greift zu Hilfsmitteln wie einer Gewässerkarte oder einem Echolot). Somit spielt uns das klare Wasser in die Karten, denn die Hechte können auch über größere Distanzen unseren angebotenen Köder erkennen.
Nach oben schießende Räuber
Selbst wenn die Fische in mehreren Metern Tiefe stehen, kann man durchaus Jerkbaits anbieten, die vergleichsweise flach laufen. Ich fische selbst über 10 m Wassertiefe Köder, die gerade einmal in 1 m Tiefe arbeiten, denn man darf nicht vergessen: Ein Hecht, der zum Angriff durchstartet, kann ohne weiteres eine Geschwindigkeit von 6m/s (ca. 22 km/h) erreichen. Also tendenziell schnell genug, um auch Beute zu attackieren, die deutlich entfernt über dem lauernden Räuber seine Bahnen zieht. Aber nicht nur das klare Wasser spielt eine Rolle, sondern auch die Tatsache, dass die Räuber gern nach oben jagen und zudem ihre Beute gegen den helleren Himmel gut wahrnehmen können.
Jerkbaits mobilisieren träge Winter-Hechte
Als vielleicht schon recht erfahrener Hechtangler denken Sie sich jetzt wahrscheinlich: „Alles schön und gut, aber im Winter sind die Hechte auch oft faul und durch das kalte Wasser träger als zu anderen Jahreszeiten. Also weshalb sollten sie einem weit entfernten Köder nachjagen!?“
Der Gedankengang ist natürlich absolut berechtigt, aber an dieser Stelle kommt der große Pluspunkt unserer Jerkbaits ins Spiel. Während viele Köder oft recht geradlinig eingeholt werden, verbleiben Jerkbaits durch ihren Zick-Zack- Kurs deutlich länger im Sichtfeld eines Raubfisches. Die Pausen bis zum erneuten Beschleunigen des Köders können wir besonders lang herauszögern. Zum Beispiel indem wir Suspender oder langsam sinkende Varianten anbieten. Für einen hungrigen Hecht auf jeden Fall eine lohnende Beute, die er in aller Ruhe anvisieren kann und für die es sich auch bei kaltem Wasser lohnt, einen kurzen Sprint hinzulegen – jedenfalls, bis er die vermeintliche Beute im Maul hat…
Erfolgreich Angeln in Talsperren: Eine Frage des Köders
Wie ich zu Beginn bereits erwähnt hatte, gibt es auf dem Markt einige Jerkbait-Modelle, die hauptsächlich über das Schlagen mit einer kräftigen Rute ihr typisches Laufverhalten bekommen. Ich halte diese Modelle für die Winterangelei für weniger geeignet. Das hat verschiedene Gründe: Zum einen ist es über die Rutenspitze schwieriger, einen gleichmäßigen und ruhigen Zick-Zack-Kurs zu erzeugen. Zum anderen neigen diese Köder dazu, schneller und ungleichmäßiger auszubrechen. Oft passiert es auch, dass die Köder bei einzelnen Schlägen abtauchen oder aufsteigen. Der Savage Gear Jerkster ist für mich ein typischer Köder, der ein solch unruhiges Laufverhalten an den Tag legt. Im Sommer kann das super funktionieren, im Winter meide ich aber diese weniger berechenbaren Jerkbaits.
Ich bevorzuge dann Modelle, die einen sehr gleichmäßigen Kurs einschlagen, wenn ich sie über die Rolle in Bewegung setze. Dazu zählen zum Beispiel der Salmo Sweeper, der Westin Swim und der Svartzonker McMy Tail. Bei letzterem hängt es aber auch davon ab, wie der Twisterschwanz montiert ist. Meist reicht für die Animation des Jerkbaits eine halbe bis eine ganze Kurbelumdrehung (in meinem Fall bei einer Shimano Tranx 301), um schön gleichmäßig Ausbrüche des Köders nach links und rechts zu erzeugen. Ich bin der festen Überzeugung, dass ein sehr „berechenbares“ Laufverhalten im Winter von Vorteil sein kann. Denn es fällt dem Hecht leichter, eine sichere Attacke zu starten. Zudem ist die Animation der Jerkbaits gerade bei kalten Temperaturen über die Rolle auf Dauer angenehmer als das Schlagen über die Rute. Man ermüdet nicht so schnell im Arm bzw. Handgelenk.
Gerne eine Nummer gröber
Bei dieser Art der Angelei kommt recht derbes Material zum Einsatz, das liegt letztendlich nicht nur daran, dass man in Talsperren grundsätzlich mit größeren Hechten rechnen sollte, sondern auch daran, dass wir schwere Köder fischen. Diese verlangen dem Gerät einiges ab, denn sowohl beim Auswerfen als auch beim Anhieb treten starke Kräfte auf. Ein großer Jerkbait muss erst einmal in Bewegung versetzt werden, wenn ein Hecht ihn gepackt hat, sodass schlussendlich die Drillinge auch greifen.
Eine 50-g-Rute würde dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit versagen. Darüber hinaus gibt es noch weitere Faktoren, die dem Material einiges abverlangen. So haben Talsperren oft scharfkantige Steine, die teils noch mit Muscheln besetzt sind. Dadurch können dünne Schnüre schnell beschädigt werden und im entscheidenden Moment unter Umständen nachgeben. Manchmal reicht es sogar schon, wenn man die Rute am Ufer ablegt, denn das Talsperren-Terrain ist oft alles andere als gerätefreundlich. Schieferplatten beispielsweise können fiese Kanten aufweisen.
Angeln in Talsperren: Besser mit Multi
Verhältnismäßig dicke Schnüre und eine kräftige Multirolle geben im Übrigen auch Sicherheit, wenn man doch mal einen „Backlash“ (Verwicklung der Schnur auf der Spule beim Wurf) bekommt. Gerade bei Wind kann es passieren, dass sich die Spule überschlägt. Ein 100 g-Köder, der in die Schnur knallt, macht ebenfalls robustes Material notwendig. Dies ist im Übrigen auch einer der Gründe, weshalb ich lieber auf Multirollen zurückgreife – die querverlaufende Spulenachse kann solchen Kräften mehr entgegenhalten.
Noch einen Vorteil gefällig? Auch bei Hängern kann man mit grobem Material oft den Köder noch retten. Manchmal biegt sicher der Haken eher auf, als dass die Schnur reißt. Aber bitte niemals direkt über die Rolle ziehen, sondern lieber einen Stock zur Hilfe nehmen. Denn weder ist der direkte Zug gut für die Rolle noch für die Schnur, da diese dann gerne in die unteren Lagen einschneidet, dabei eventuell beschädigt wird und beim nächsten Auswurf oder Drill dann nicht sauber ablaufen kann.
Wenn man also ein paar grundlegende Sachen berücksichtigt, kann das Angeln auf Hechte in den winterlichen Talsperren ungemein produktiv sein. Vor allem, wenn man auch die unscheinbaren offenen Freiwasserbereiche befischt, die von den Vereinskollegen wahrscheinlich ignoriert werden. Ich wünsche auf alle Fälle viel Erfolg dabei!
Geräteempfehlung fürs Angeln in Talsperren
- Kräftige Baitcaster-Rute (Es gibt passende Modelle z.B. von Westin und Svartzonker)
- Stabile Baitcaster-Rolle, die mit den Kräften lange klar kommen (z.B. Shimano Tranx, Abu Garcia Revo Beast)
- Kräftige, möglichst glatte und runde Geflechtschnur in ca. 0,25mm Stärke (z.B. Daiwa J-Braid)
- Dickes Fluocarbonvorfach, mindestens 0,90mm Stabile Karabiner (am besten Twist Lock Swivel, z.B. aus dem Welsbereich von Zeck)
- Großer, stabiler Kescher mit gummiertem Netz
- Eine Wathose und/oder eine zusammenrollbare Abhakmatte erleichtert die Handhabung großer Fische und etwaiges Zurücksetzen (Fangfenster)
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