Das Frühjahrsangeln auf Hecht im Vänern bietet alles, was sich ein ambitionierter Angler nur wünschen kann. Das Revier ist vielfältig, es ist gekennzeichnet von wunderschönen Flachwasserbereichen mit den verschiedensten Pflanzenarten, interessanten Ufern und Kanten in einem abwechslungsreichen Schärengarten mit Buchten in allen Himmelsrichtungen. Es gibt viel Platz für alle. Darüber hinaus bietet jeder Wurf die Chance auf einen neuen persönlichen Rekord. Der eigentliche Plan sah vor, zum perfekten Zeitpunkt nach der Eisschmelze an den See zu kommen. Der Wind würde genau richtig sein und wir würden milde und angenehme Frühlingstemperaturen genießen können. Daraus wurde aber nichts.
Kälteeinbruch am Vänern
Vor uns breitet sich Schwedens größtes Binnengewässer aus und verschwindet erst am Horizont, wo der graue, wolkenverhangene Himmel auf den turbulenten See trifft. Aus der Nähe mögen die Boote groß aussehen, aber in der heutigen Fischerei sind sie ein Nichts. An Tagen wie diesen fragt man sich, was zum Teufel man eigentlich tut. Aber wenn man sich zum Angeln an einem der interessantesten Hechtgewässer Schwedens versammelt hat, sollten zumindest ein paar Dezimeter Schnee dem Angeln kein Ende setzen. Wir haben den ganzen Vormittag damit verbracht, darauf zu warten, dass die Straßen geräumt und die Bootsanlage freigeschaufelt werden, bevor wir den Schlüssel für den Bootsmotor umdrehen konnten.
Angeln in schwedischer Schneelandschaft
Knackiger Wind beißt uns in Gesicht und Hände. Es ist, gelinde gesagt, kalt. Lasse steuert das Boot mit ruhiger Hand durch die Bucht und hält Ausschau nach einem geeigneten Angelplatz. Die Küsten und Inseln sind weiß vom nächtlichen Schneefall, ebenso der Strand und die angrenzende Waldlandschaft – ein surrealer Anblick. Das einzige, was die schwarz-weiße Farbskala durchbricht, ist der gut gefüllte Eimer mit Hechtködern, der am Heck steht. Mein Blick wandert über Haken, Gummischwänze und allerlei bunte Kreationen, harte und weiche Köder in allen Größen und Formen.
Lasse zieht seinen Buff unter das Kinn und nimmt das Gas weg: „Leider ist der Wind etwas zu stark, sodass wir nicht in den Untiefen fischen können“, sagt er. „Plan B fällt also flach. Wir werden stattdessen in geschützten Buchten mit viel Grünzeug nach den Fischen suchen müssen. Stellen mit dunklem Grund, der mit altem Pflanzenwuchs bedeckt ist, sind am besten geeignet. Die Fische können sich in den Pflanzen gut tarnen. Außerdem erwärmt die Sonne diese Plätze etwas schneller, was die Fische aktiver macht. Das heißt, wenn die Sonne überhaupt rauskommt.“
Verändertes Jagdverhalten der Vänern-Hechte
Extreme Wetterumschwünge, wie wir sie jetzt erleben, lähmen die Fische. Die Hechte sind zwar noch da, aber ihr Jagdverhalten hat sich verändert. Das ganze Ökosystem macht eine Pause. Als Hechtangler muss man sich in Geduld üben und noch etwas härter für jeden Biss arbeiten. Harte Arbeit zahlt sich aus, wenn man einen großen Fisch will, aber bislang haben wir keinen gesehen. Normalerweise hat man die Wahl zwischen den flachen, windgeschützten Buchten und den Untiefen, aber heute können wir nur in den Buchten angeln.
Nachdem wir uns einige Zeit mit den Windböen herumgeschlagen haben, finden wir eine Bucht, die sich wie ein verengter Schlauch in die Landschaft geschnitten hat. Die Ufer der Bucht sind von alten Fichtenwäldern gesäumt, die am anderen Ende in ein kleines Becken übergehen. Es sieht tatsächlich ziemlich heiß aus, und im Schutz des Waldes lässt der Wind abrupt nach. Mein Blick kehrt zum bunten Eimer zurück und ich beginne, einen Köder mit einem höheren Körper, der in einem kürzeren Schwanz endet, zu betasten. Ich habe natürlich schon viele Hechte geangelt, aber noch nicht so oft mit Lasses Ködern. Und ich weiß, wie genau er darauf achtet, wie der Köder gefischt werden muss, damit er seine Wirkung entfaltet. Ich bitte ihn um einen Crashkurs.
Extrem langsames Köderspiel empfiehlt der Profi
„Wenn ich bei diesen plötzlichen Kälteeinbrüchen in flachen Gewässern angle, verwende ich normalerweise langsame Köder mit viel Spiel“, sagt Lasse und macht einen Wurf entlang einer Kante. „Gut sind Jerkbaits, langsam sinkende Tailbaits oder solche, die beim Spinnstopp komplett auftreiben. Ein ,Pig Jr.‘ zum Beispiel, den man extrem langsam führt, kann der Schlüssel zum Erfolg sein. Idealerweise sollte es nicht zu windig sein, da man sonst leicht den Kontakt zum Köder verlieren kann. Wenn es zu windig fürs ,Piggen‘ ist, verwende ich stattdessen meist einen Köder, den ich langsam einholen kann und über den ich trotz des Windes die volle Kontrolle behalte. Teste gerne mal den Köder, den du in der Hand hältst.“
Der erste Fisch aus dem Vänern knackt schon die Metermarke
Ich hänge einen Melhem an den Haken, einen 15 cm langen und 130 g schweren Tailbait in „Lake“, einem gesprenkelten Farbmuster. Der Köder funktioniert jetzt gut, wenn wir im Becken am anderen Ende der Bucht angeln. Man kann ihn langsam einkurbeln und dabei ein ruhiges Bewegungsmuster erzeugen, oder man kann beim Einholen ein bisschen experimentieren und somit seine eigene Note in den Köderlauf bringen.
Mein Freund Nicka hat einen „Golddigger“ ans Vorfach gebunden, einen Gummiköder mit einer ruhigen Aktion. Mit diesem Köder angelt er bedächtig an den Rändern des tiefen Lochs, in das Lasse und ich werfen. Unsere Freunde im anderen Boot angeln auf der gegenüberliegenden Seite. Lasse sagt, dass das Fliegenfischen an Tagen wie diesen eine weitere Fangoption ist, denn eine pulsierende Fliege kann extrem langsam gefischt werden, ohne ihre Attraktivität zu verlieren. Er fügt hinzu: „Wenn wir die Möglichkeit hätten, etwas tiefer zu fischen, wäre meine erste Wahl ein Gummiköder, ein ,Fluffer‘ oder ,Golddigger‘, den ich nach unten absinken lasse und langsam einhole. Meiner Erfahrung nach ist es in der Regel besser, während dieser Phasen etwas tiefer zu angeln, da die Wassertemperatur in flachen Buchten schneller sinkt.“
Kurz bevor wir aufgeben, biegt sich Nickas Rutenspitze. Der Anhieb sitzt! An der langen Schnur ist man immer ein wenig nervös – es dauert eben eine Weile, bis die Größe des Fisches zu erkennen ist. Das bestätigt ein kurzer Blick auf Nickas fragenden Gesichtsausdruck. Schließlich bekommt er den Fisch unter Kontrolle und kann ihn zum Boot dirigieren. Wenige Augenblicke später keschert Lasse einen kräftigen Frühjahrshecht und Nickas grimmiger Gesichtsausdruck verwandelt sich in ein breites Grinsen. Es ist geschafft, wir haben den ersten Fisch gelandet. Der 103 cm lange Hecht gibt der ganzen Truppe Zuversicht – einfach unbezahlbar.
Alles ist möglich beim Hechtangeln am Vänern
Das Hechtangeln am Vänern kann ebenso einfach wie auch schwierig sein. Man muss geduldig und hartnäckig bleiben. Glauben Sie an das, was Sie tun. An Europas drittgrößtem See braucht man Zeit zum Lernen, und wenn man Pech hat, geht man ohne einen einzigen Biss nach Hause. Wenn Sie es richtig machen, könnten Sie hier den Angeltag Ihres Lebens haben – sowohl in Bezug auf die Menge als auch auf die Größe der Fische. Der Tipp, der das ganze Angelerlebnis retten kann, ist, nach geschützten Buchten zu suchen, da diese oft von Pflanzenwuchs bedeckt sind.
Gut geeignet sind Buchten mit einer schützenden Insel davor. Vermeiden Sie Buchten, die direkt am offenen Wasser liegen. Im zeitigen Frühjahr halten sich die Hechte oft in der Nähe der Laichplätze auf. Die Wassertemperatur bestimmt, ob die Hechte vor Ort sind. Wenn es einen Kälteeinbruch gibt, nachdem es ein wenig wärmer war, bleiben die Fische in der Regel da. Wenn Sie einen gefunden haben, sind es meist noch mehr. Angeln Sie also in den „wärmeren“ Gebieten mit Sorgfalt und Genauigkeit. Geben Sie nicht auf!
Die Köderfarbe ist nebensächlich
„Ich mache mir selten Gedanken über Farben, die sind nicht fangentscheidend“, sagt Lasse und wirft einen Golddigger aus. „Ich glaube nicht, dass die Hechte sich für sie interessieren. Ich angle einfach mit Dekoren, die mir selbst gefallen. Aber wenn Du einen anderen Angler fragst, bin ich sicher, dass die Farben eine große Rolle bei seiner Köderwahl spielen. Natürlich haben die vorherrschenden Lichtverhältnisse einen Einfluss. Bei grauem und trübem Wetter wie heute verwende ich dunklere Farben, die sich vom Himmel abheben. Ansonsten mische ich sie aber durch.“
Perfekte Bedingungen in der Traumbucht
Gestern haben wir noch vor Einbruch der Dunkelheit einen schönen Fisch gefangen. Dann gab es keinen mehr. Wir beschließen, nach anderen Möglichkeiten Ausschau zu halten und ein größeres flaches Gebiet etwas weiter nördlich zu erkunden. Die Bucht ist groß und bietet die Bedingungen, die wir um diese Jahreszeit suchen: einen dunklen Grund mit einem Teppich aus alter Vegetation. Die Stelle ist im Sommer völlig zugewachsen und dann mehr oder weniger unantastbar.
Die Tiefe variiert, man fischt zwischen 0,5 und 3 m. Mehrere große tiefe Löcher sind hier und da verstreut. Es ist ein Traumplatz für Angler. Lasse wirft einen Blick auf das Echolot und bestätigt unsere Vermutungen: „Hier ist es genau 2 m tief, auf dem Grund befindet sich viel altes Gras. Jetzt hoffe ich nur noch, dass wir genau die Fresszeit abpassen, denn die wird wohl nur kurz sein!“
Erfolg beim Hechtangeln am Vänern
Quadratmeter um Quadratmeter der Bucht wird mit Ködern aller Art abgeworfen. Wir sind zwei Boote und haben die ganze Bucht für uns allein. Der Tag bietet milderes Wetter und nicht so viel Wind. Wir hatten bereits Zeit, uns über die meisten Dinge zu unterhalten, sodass nur noch pfeifende Ruten, das Schnappen der Auslöseknöpfe und das Aufschlagen der Köder an der Oberfläche zu hören ist. Die Zeit vergeht, wir bewegen uns langsam in Richtung Heimat. Wir wissen, dass wir bald Fische finden werden, die anbeißen wollen – oder auch nicht. Bei jedem Wurf schwanken wir zwischen Hoffnung und Zweifel.
Kräftige Kopfschläge = Kapitaler Hecht!
Doch als der Köder zum tausendsten Mal an der Oberfläche aufschlägt, schnappt etwas dort unten nach ihm. Es ist wie ein Schock. Erst nach ein paar Sekunden wird mir klar, dass es tatsächlich ein Fisch ist und keine Halluzination. Die kräftigen Schläge in der Rute deuten darauf hin, dass etwas Großes den Köder genommen haben muss. Ich halte mich an der Rute fest und spüre das Gewicht des Fisches. Es ist der Kapitale, den ich herbeigesehnt habe! Er gibt mir die Gewissheit, dass es richtig war, hier wie ein Idiot zu frieren, während andere zu Hause unter der warmen Decke liegen und fernsehen. Auf dem Weg in den Kescher macht der Fisch keine großen Sperenzchen, außer einem gelegentlichen nervenaufreibenden Zappeln.
Lasse hakt ihn ab. Die Zeit steht still. Na endlich. Dieser schöne Hecht hat typische Vänern-Merkmale: eine intensiv grüne Färbung mit gelben Sprenkeln und einem weißen Bauch. Schlank, kräftig und ein halbes Kilo über der magischen Gewichtsgrenze. Wir lassen den Fisch frei und sehen ihm nach, als er langsam zum schwarzen Grund hinunter schwimmt. Bald ist er bereit, um Hunderten von neuen Hechten das Leben zu schenken. In meiner Hand halte ich einen von Lasses Ködern, genau den, den der Hecht genommen hat. Es ist ein blau-silberner „Wolrath“. Ich nehme den Köder genau unter die Lupe, suche nach Bissspuren und Kratzern in der Farbe, um ihn dauerhaft in meinen Erinnerungen festzuhalten.
Nachläufer-Bonus-Hecht aus dem Vänern
Bevor wir zum Bootsanleger zurückkehren, um anschließend nach Hause zu fahren, fängt unser Angelkollege Max noch einen kleineren Fisch, der knapp 8 kg wiegt. Als Nachläufer hat der Hecht den Köder gut genommen – zuerst ein sanfter Stoß, im zweiten Anlauf dann ein kräftiger Biss. Die Fische sind da! Die Luft fühlt sich zeitweise angenehm an. Ein Blick auf den Horizont verrät das herannahende milde Wetter. „Genau jetzt hätten wir herkommen sollen“, lacht Lasse und beschleunigt das Boot zum Steg. „Aber das ist immer so. Den perfekten Ausflug macht man eben selten. Aber wenn man völlig daneben liegt, so wie wir heute, kann man trotzdem noch raus aufs Wasser fahren und Hechte fangen.“
Lasses Köder für Kapitale
Lasse Sjöblom hat schon immer gerne kreativ gearbeitet. So ist es vielleicht auch nicht überraschend, dass der Bau von Ködern Lasses kreative Nische wurde, wenn man sein Interesse am Angeln bedenkt. Das Hechtangeln bekam Lasse schon mit in die Wiege gelegt, und seither ist er ein bekennender Hecht-Fan. Schon als Jugendlicher bestellte er in einem Angelladen ungefärbte Köder, die er als Rohlinge verwendete. Diese hat er in allen möglichen fantastischen und weniger fantastischen Kreationen eingefärbt – das war der Beginn dessen, was heute als „MG Tackle“ bekannt ist.
Auf dem Weg zur eigenen Produktion ließ sich Lasse von Kjelle Lundberg, Mangeboy, Wolfcreek, Svartzonker und anderen, weniger bekannten Köderbauern inspirieren. Die genannten Profis haben ihm hilfreiche Tipps zu Bemalung, Gewicht, Farbe und Design gegeben. Mit der Zeit kamen immer mehr Wissen, Geduld und Talent zusammen, sodass heute jeder Lasses Köder namens Melhem, Wolrath, Decoy, Royal und Golddigger kaufen kann. Vier Hardbaits und ein Gummiköder bilden das Sortiment aus Handarbeit, jeder mit seinem eigenen Stil und in seiner eigenen Nische für die Liebhaber des modernen Hechtangelns.
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