Chebu Fliege: In Zeitlupe zum Winterräuber

Großer Hecht, gefangen im Winter vom Bellyboot. Der Fänger freut sich über seinen Erfolg

Bild: F. Pippardt

Chebu-Fliege liefert: Ein Kälteeinbruch, die Fische waren schlecht drauf. Doch so eine keine Fussel kann man sich immer genehmigen.

In jedem Hecht steckt ein Beutetrieb. Und besonders, wenn der Esox eigentlich gar keine Lust zu beißen hat, muss man diesen Reflex auslösen. Redakteur Florian Pippardt tut das mit Fliegen am Chebu-Kopf.

Der Hecht gilt als zähnestarrendes Monster mit extrem hohen Aggressionspotenzial. Ein cooles Image, dass er auch immer wieder bestätigt! Sie kennen es sicher auch: Besonders im Frühjahr und im Herbst randalieren die Räuber in den Futterfischschwärmen und im Flachwasser, sie prügeln sich große Köder in die Mäuler und geben im Drill auch noch richtig Gas. Diese Vorstellung hat sicher jeder Hechtangler vor Augen, wenn er ans Wasser geht. Leider wird unser Esox seinem Image manchmal auch nicht gerecht. Und das meist in zwei Situationen: Zum ersten nach einem Kälteeinbruch und zum zweiten in einem viel beangelten Gewässer. Beide Situationen können den Angler in die Verzweiflung treiben. Er weiß zwar, dass die Fische da sind – aber sie sind vermeintlich unfangbar.

Hecht mit Fliege am Chebu-Kopf im Maul, fast ausgedrillt

Bild: F. Pippardt

Lässt keinen Hecht im Winter kalt: Die Fliege am Chebu-Kopf lässt sich in Zeitlupe über dem Kraut präsentieren.

Die Fliege am Chebu: Läuft immer, wenn nichts läuft!

Auch ich erlebte solche Situationen und dachte genau dasselbe. Bis ich eine interessante Erfahrung machte: Im zeitigen Frühjahr war ich mit meinem Kumpel German gemeinsam in Mecklenburg. Eine Woche zuvor hatte es geschneit, die Luft- und Wassertemperatur fiel extrem. Und damit auch die Beißfreudigkeit der Hechte. Wir drifteten etliche Stunden erfolglos über diverse Tiefen. Bis German irgendwann aus Frust anfing zu experimentieren. Er montierte eine Fliege, die wir am Abend zuvor gebunden hatten, an seiner leichtesten Rute. Davor hatte er ein kleines Bleischrot aufs Stahl geklemmt, um die Fliege besser werfen zu können (wir hatten keine Chebu-Köpfe dabei). Und plötzlich fing er einen Hecht! Zufall? Nö, German fing gleich noch einen. Irgendwann legte auch ich meine geliebte Jerkbaitrute zur Seite und tat es ihm gleich. Fliege funktionierte wunderbar – und auch als einziger Köder! Erstaunlich. Das behielt ich im Hinterkopf, mit der Zeit mauserte sich die kleine Fliege zu einem extrem verlässlichen Köder. Mittlerweile packe ich die „Fusseln“ immer in meine Box, wenn ich an einem schwierigen Tag oder viel beangelten Gewässer los ziehe.

Ein schwarzer Streamer mit Glitzerfäden

Bild: F. Pippardt

10 bis 15 cm darf der Streamer schon haben. Modelle aus Naturhaar saugen Wasser auf und werfen sich dadurch weiter als Streamer aus Kunstfasern.

Die quälende Langsamkeit reizt den Hecht

Ich habe etwas gelernt: Der unfangbare Hecht ist fangbar. Sein Beutetrieb steckt schließlich immer noch in ihm. Ich muss ihn nur etwas mehr reizen als üblicherweise. Versetzen wir uns in den kritischen oder trägen Hecht: Während der große Gummi unbehelligt weiterschwimmt, sieht er im Augenwinkel ein fingerlanges Opfertierchen, das glitzernd zu Boden trudelt. Und zwar quälend langsam! Dieses Opfertierchen ist unsere Fliege am Chebu – und die nimmt der Hecht irgendwann. Wenn nicht aus Hunger oder Aggression, dann weil er sein Revier verteidigen will oder seine Ruhe möchte.

Chebu-Köpfe aus Blei in Naturfarben und in pink

Chebu-Köpfe in 1 bis 5 Gramm sind ideal für Wassertiefen von 1-3 m.

Chebu-Kopf aus Tungsten, eingehängt ins Öhr eines Hechtstreamers

Bild: F. Pippardt

Chebu-Köpfe aus Tungsten sind noch etwas kleiner und dezenter als Modelle aus Blei.

Die Fliege ist ein Köder, den viele Spinnangler nicht auf dem Zettel haben. Bestimmt, weil sie denken, dass sie sich nur mit der Fliegenrute werfen und präsentieren lassen. Und darin liegt auch schon ein Vorteil der „Fussel“ – sie wird wenig benutzt, deshalb fängt sie auch so gut in stark frequentierten Gewässern. Außerdem ist die Hakquote exzellent, denn der Köder ist nahezu schwerelos und wird dementsprechend weit eingeatmet.  Mit der Zeit optimierte ich die Fliege etwas. Ich tauschte das Bleischrot gegen einen Chebu-Kopf. Dieser hat den Vorteil, dass ich ihn super schnell wechseln kann und mein Stahlvorfach nicht mehr beschädige. Schließlich musste ich das Bleischrot ja festklemmen.

Wie sieht die perfekte Fliege fürs Chebu-Rig aus?

Außerdem lege ich großes Augenmerk auf die Fliege selbst. Sie muss sich möglichst weit werfen lassen und langsam absinken. Das widerspricht sich auf den ersten Blick, schließlich erfordert eine hohe Wurfweite sehr viel Gewicht und eine langsame Absinkphase möglichst wenig Gewicht. Ich löse das Problem über Material und Volumen der Fliege. Meine Fliegen bestehen zu einem Großteil aus Naturfasern und einem kleinen Teil Synthetik, wie Flash oder Lametta. Denn Naturfaser nimmt  Wasser auf. Das Eigengewicht der Fliege steigt und sie lässt sich weit werfen, auch ganz ohne schweres Chebu-Blei. Gleichzeitig sinkt sie durch ihr hohes Volumen auch extrem langsam, da sie viel Wasserwiderstand bietet. Je voluminöser die Fliege, desto schwerer kann auch das Chebu-Blei davor sein. Experimentieren Sie einfach mit unterschiedlichen Fliegen und Gewichten, Sie werden einen großen Unterschied bezüglich der Absinkphase merken!

Hecht im Winter, gefangen vom Bellyboot. Dieser Fisch hat eine Fliege am Chebu-Kopf gefressen

Bild: J. Radtke

An der leichten Spinnrute, mit der man die Chebu-Fliege wirft, machen solche Hechte extremen Spaß.

Rutenaktion: Nicht zu weich, wir angeln im Gemüse

Im Optimalfall werfe ich die Fliege an einer Rute mit zehn Gramm Wurfgewicht etwa 30 Meter weit. Ich habe anfangs parabolische Modelle benutzt, weil ich dachte, dass der Blank die leichte Fliege am besten beschleunigt. Leider ist der weiche Stock vor Seerosen und Kraut machtlos und auf weite Distanzen kommt der Anhieb auch nicht immer durch. Deshalb wechselte ich auf eine Semiparabolik: Sie wirft die Fliege genauso weit und besitzt mehr Rückgrat. Und ein wenig Power im Blank ist wichtig, schließlich muss ich im Falle eines Bisses bei voller Wurfdistanz ganz schön durchziehen, um den Fisch zu haken. Scharfe und möglichst dünne Haken sind deshalb auch wichtig! Zusätzlich habe ich mit der Chebu-Fliege oft einen Schnurbogen, denn der extrem leichte Köder kann selbst wenig Wind nicht viel entgegensetzen. Deshalb ist es auch entscheidend, dass ich die Schnur immer leicht aufkurbele, wenn die Fliege gerade absinkt. So halte ich sie so stramm wie möglich.

Ein Angler drillt einen Hecht im Winter vom Bellyboot

Bild: F. Pippardt

Ein Ruten-Wurfgewicht von 5 bis 20 g ist perfekt für flaches Angeln mit der Chebu-Fliege. Zu weich darf die Rute aber nicht sein, denn wir angeln mitten im Kraut!

Die Köderführung zwischen den Stopps erfolgt nur über die Rolle: eine oder zwei Kurbelumdrehungen, eine lange Pause (dabei die Schnur stramm kurbeln), wieder ein oder zwei Kurbelumdrehungen. Eine wirklich entspannte Angelei und die Bisse kommen als entschlossenes Tock, wie beim Jiggen. Und sie kommen garantiert, auch wenn die Hechte nicht gut drauf sind!

Vorteile der Chebu-Fliege:

• für erfahrene und träge Fische

• gute Hakquote

• extrem langsame Präsentation

• hoher Spaßfaktor dank leichtem Gerät

Nachteile der Chebu-Fliege:

• begrenzte Wurfweite, vor allem bei Gegenwind

• Schnurbogen ensteht schnell

• große Fische und Hindernisse sind zu viel für UL-Rute und dünnes Geflecht

• kleine Fliegen fangen auch viele untermaßige Fische


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