Die richtigen Köderfarben: Vier für alle Fälle!

Kaum eine Kleinigkeit sorgt unter Spinnfischern für mehr Ge­sprächsstoff als die Köderfarbe. Matze Brauch hat für uns lange und akribisch herumexperimentiert.

Reizpunkte – wie hier am Kopf des Shads – können den Räuber zum Biss reizen. Nicht immer aus Hunger, sondern oft aus Aggression.

Bild: W. Krause

Reizpunkte – wie hier am Kopf des Shads – können den Räuber zum Biss reizen. Nicht immer aus Hunger, sondern oft aus Aggression.

Menschen sind bestrebt, alles zu erklären und bis ins kleinste Detail nachzuforschen. Das trifft in besonderem Maße auch auf uns Angler zu. Wir wollen wissen, warum der braune besser als der grüne Gummifisch gefangen hat. In der Folge tauchten in der Vergangenheit Menschen mit Farbtafeln ins tiefe Wasser ab um zu gucken, wie sich unsere bekannte Farbwelt unter Wasser verändert und was das im Umkehrschluss für unsere Auswahl an Farbdekoren über Wasser bedeutet. Aber was sind die besten Köderfarben zum Angeln?

Um die besten Köderfarben zu finden, brauchen wir andere Augen

Das Problem: Die Erkenntnisse entstan­den alle aus der Sicht eines Menschen­auges. Das farbliche Sehvermögen eines Fisches unterscheidet sich jedoch von dem eines Menschen. Bekanntlich finden wir den Menschen in einem anderen Medi­um (Luft) als Fische (Wasser). Die Augen haben sich folglich unterschiedlich ent­wickelt und jeweils auf ihre Bedingungen spezialisiert. Viel wissen wir noch nicht über das Fischauge. Doch ein paar Dinge stellten sich im Laufe der Zeit heraus:

  • Fische haben die Fähigkeit, Farben zu sehen und zu unterscheiden.
  • Fische nehmen wahrscheinlich ein anderes Farbspektrum wahr als Menschen. In einer Welt, in der es nur um „fressen und gefressen werden“ geht, ist ein Fisch bestrebt, seine Nahrung und seine Fress­feinde frühzeitig zu erkennen, ohne selbst dabei erkannt zu werden.
  • Fische können in verschiedenen Alters­stadien unterschiedliche Farbspektren wahrnehmen. Das bedeutet, dass Jungfi­sche, die eine andere Nahrung als Alttiere zu sich nehmen, Farben in einem be­stimmten Farbspektren ­Bereich erkennen können und diese Fähigkeit verlieren, wenn sich die bevor­zugte Nahrung umstellt.
  • Farben können über Wasser sehr auffällig sein, aber unter Wasser völlig unscheinbar werden– und andersher­um.
  • Fische kom­munizieren über Farbmuster auf ihrem Körper.
  • Fische kennen keine Mode­erscheinungen bei Dekoren.
Ein UV-aktiver Köder leuchtet im Dunkeln neben zwei nicht-UV-aktiven Ködern.

Bild: F. Schlichting

Ein UV-aktiver Köder „tarnt“ sich selbst gegen hellen Himmel im Flachwasser.

Fängt die Farbe eher den Angler als den Fisch?

Auch ein paar Farb-Regeln im Bezug aufs Angeln haben sich herauskristallisiert:

  • Die Industrie bringt Farben für uns Angler heraus.
  • Die Köderfarbe ist dem Angler oft wichtiger als dem Fisch.
  • Es gibt nicht „die“ eine Farbe für alle Bedingungen.
  • Fische sind nicht immer in einer Aktivitätsphase, deshalb sind unterschiedliche Farben in unterschiedlichen Momenten manchmal der Schlüssel.

Ich habe anfangs nahezu jeden Hype mitgemacht. So füllten sich meine Boxen, und irgendwann drohten sie, aus allen Nähten zu platzen. Das änderte sich, als ich mich mehr mit den Fischen und weniger mit Kaufempfehlungen beschäftigte. Einige Farben, so merkte ich schnell, werden einfach viel benutzt und fangen deshalb überdurchschnittlich viel („Die Köderfarbe ist dem Angler wichtiger als dem Fisch“). Wir müssen uns vielmehr fragen, warum ein Fisch überhaupt beißt. Das hat, aufs We­sentliche heruntergebrochen, vier Gründe. Und bei allen steht die Köderfarbe keinesfalls an erster Stelle!

Matzes beste Köderfarben: 1. UV-passive Farbe (z.B. Weiß, Blau-Weiß, Grün-Weiß) 2. UV-passive Farbe (z.B. Motoroli, Green-Pumpkin-Chartreuse) 3. Natürliche Farbe (z.B. Rotauge, Brauntöne, Schwarz) 4. Reizfarbe (z.B. Chartreuse, Firetiger, Natural Perch)

Bild: Svendsen Sport

Matzes beste Köderfarben:
1. UV-passive Farbe (z.B. Weiß, Blau-Weiß, Grün-Weiß)
2. UV-passive Farbe (z.B. Motoroli, Green-Pumpkin-Chartreuse)
3. Natürliche Farbe (z.B. Rotauge, Brauntöne, Schwarz)
4. Reizfarbe (z.B. Chartreuse, Firetiger, Natural Perch)

Wie wichtig sind Köderfarben bei jagenden Fischen?

Befindet sich der Fisch in einer aktiven Phase und ist auf der Jagd, ist es wichtig, dass die Ködergröße der Größe der Beute entspricht. Ein jagender Räuber macht kaum Unterschiede in kleinen Farbnuancen, sondern konzentriert sich lieber auf das schnelle Aufsammeln einer ausreichend vorhandenen Nahrung. Sticht die Köderfarbe zu sehr aus der natürlichen Nahrung hervor, wird er nicht genommen – der Räuber ist ja nicht darauf angewiesen.

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Die besten Köderfarben für das Angeln nach Laichzeit

Ist dagegen wenig Nahrung im Wasser, än­dert sich die Situation wieder etwas. Das ist zum Beispiel nach der Laichzeit oder nach dem Winter der Fall. Zum Auffüllen seiner Ressourcen nimmt der Räuber gern alles auf, was ins Maul passt. Hunger und Kon­kurrenzdruck sorgen dafür, dass er den Kö­der nicht so kritisch beäugt oder gar prüft. Jetzt geht es mehr um Geschwindigkeit. Was ins Maul passt, das wird auch vehement atta­ckiert. Zudem haben viele Räuber während ihrer Laichzeit eine gesetzliche Schonzeit genossen und so sind negative Erfahrungen mit scharfen Haken vielleicht auch schon in Vergessenheit geraten. Ein Köder, der jetzt auffällt, der wird auch fangen. Meine persönlichen Favoriten für Köderfarben sind sehr auffällig: Firetiger oder Weiß.

Hecht wird am Maul aus dem Wasser gezogen. Der Hecht hat einen Köder im Maul, der aussieht wie ein Junghecht.

Bild: M. Brauch

Wenn die Hechte mal nicht wollen, sollten Sie ihnen einen Artgenossen servieren.

Was löst den Beißreflex aus?

Im Falle der völligen Inaktivität ergibt es keinen Sinn, sich an ein natürliches Beute­tierchen zu halten. In dieser Phase wird auch das hundertste Rotauge vor dem Maul eines Räubers vorbeischwimmen dürfen. Er wird nicht aus Hunger beißen, wir müssen ihn also „triggern“. In Gewässern mit wenigen Einständen sind meist die besten Ecken auch von den größten Fischen besetzt und diese dulden kaum andere Artgenossen. Natürliche Köder, die die kannibalische Seite des Zielfisches durch Silhouette und Farbe ansprechen, sind jetzt erste Wahl. Nicht selten attackieren größere Räuber jetzt Artgenossen, die sie vielleicht gar nicht fressen können. Funktioniert der Kannibalismus­ Trick nicht, hänge ich mir einen laut schrei­ enden Störenfried in den Karabiner – zum Beispiel in Firetiger­-Optik! Der Räuber wird das nervige Ding irgendwann verbeißen. Die Silhouette und das Bewegungsmuster des Köders machen den Räuber aufmerk­sam, die Farbe trägt dann dazu bei, dass er genervt zuschnappt.

Neben dem Reflex, der durch Art­ genossen oder Aggression ausgelöst wird, gibt es noch einen dritten – der Biss als Resultat eines Schreckmoments. Dazu müssen Sie sich folgende Situation unter Wasser vorstellen: Zwei etwa gleich große Räuber stehen scheinbar friedlich hintereinander. Der hintere Räuber, der sich zwar außerhalb des visuellen Bereichs, aber doch im Bereich des Seitenlinienorgans befindet, bewegt sich auf einmal abrupt. Dann kann es beim vor­ deren Räuber zu einer Kurzschlusshandlung kommen – er dreht sich blitzschnell um und beißt den hinteren Räuber. Ein typisches Verhalten, wenn zwei etwa gleich große Hechte ein Winterrevier teilen oder wenn Rapfen beim Patrouillieren hintereinander her schwimmen. In diesem Fall spielt die Köderfarbe natürlich keine Rolle.

UV – Was ist das eigentlich?

Mann in Laborkittel und Gesichtschutz steht vor einem Labortisch.

Bild: M. Brauch

Matze testete im Labor, wie sich Gummiköder und auch echte Fische unter UV-Licht verhalten.

Das Sonnenlicht besteht aus Strahlen verschiedener Wellenlängen. Menschen können nur etwa die Hälfte der Strahlung, die die Erde erreicht, sehen. Das ultraviolette Licht beispielsweise bleibt für uns unsichtbar, da unser Auge nicht in der Lage ist, es wahrzunehmen. Dennoch ist UV-Strahlung ständig vorhanden, selbst nachts in deutlich geschwächter Form. Auch ist der Anteil des UV-Lichts in klarem Wasser deutlich größer als in trübem. Und sehen Fische UV-Licht? Das ist leider nicht klar zu beantworten, bis jetzt konnte sich noch niemand mit einem Fisch unterhalten.

Es gibt aber Hinweise darauf, dass Fische (je nach Art) Farben im UV-Bereich im Gegensatz zum Menschen wahrnehmen können. Ich selbst wollte wissen, wie Räuber ihre Beute sehen und betrachtete deshalb einige Fischarten mit einer UV-Kamera unter Wasser. Ich nahm an, dass alle optisch „verschwinden“ würden – sie müssen sich ja tarnen. Doch ich wurde überrascht! Stinte beispielsweise sind UV- aktiv. Und Rotaugen-, Hecht-, Zander- und Barschflossen leuchten im UV-Licht.

Köderfarben – Eine Frage der Neugier

Fische wissen mit Sicherheit, dass es keine Firetiger­-Rotaugen gibt. Schwimmt nun aber ein vermeintliches Lebewesen, passend in Größe, Form und Bewegung in das Sicht­feld eines Räubers, so wird auch das Dekor erst einmal zur Nebensache. Fische können diese vermeintliche Nahrung nicht in die eigene Hand nehmen und dann entscheiden, ob das „Ding“ fressbar ist oder nicht. Jeder von uns hat schon mal Tränen vergossen weil die Chili viel zu scharf war. Eben aus einem Grund: Neugier – klar ist sie scharf, aber wie scharf ist sie wohl wirklich? Fischen geht es ähnlich. Sie erkennen bestimmt, dass unsere knallig­bunten Kunstköder keine gewohnte Beute darstellt, aber es konnte irgendwas essbares sein.

Deshalb nehmen sie das Stück Plastik, Gummi oder Holz ins Maul. Auch in diesem Fall spielt die letztendliche Farbe keine übergeordnete Rolle. Wichtig ist wieder nur, dass sich unser Köder wie eine vermeintliche Beute verhält und visuell aus der Rolle fällt. Dies kann auch ein natürliches Barschdesign sein – in einem See, in dem sonst keine Barsche vorkommen.

Jagen Barsche eine konkrete Beute, sollte man diese in Form und Köderfarben imitieren. Foto: M. Brauch

Bild: M. Brauch

Jagen Barsche eine konkrete Beute, sollte man diese in Form und Köderfarben imitieren.

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Wichtige Köderfarben für Raubfischangler

Auch wenn wir aus den drei Beweggründen schließen können, dass die Lauftiefe des Köders, sein Laufverhalten und seine Silhouette entscheidend für den Fangerfolg sind, müssen wir uns über die Farbwahl Gedan­ken machen. Sie kann die Fängigkeit eines Köders in vielen Situationen entscheidend verbessern, oder verschlechtern. In Fall eins (Fisch im Jagdmodus) setze ich zum Beispiel auf natürliche Dekore, möglichst ähnlich zur Beute. Um in Fall zwei die meisten Fische zu fangen, verwende ich sehr auffällige Muster. Damit errege ich die Aufmerksamkeit der hungrigen Hechte schneller. Um den Reflex eines beißunwilligen Fisches (Fall drei) aus­ zulösen, hänge ich mir ein sehr natürliches Muster in den Karabiner, zum Beispiel die Imitation eines Artgenossen. Und Fall vier erfordert zum Beispiel, wie auch nach der Schonzeit, eine sehr auffällige Farbe.

Auch die UV­-Aktivität des Köders spielt eine Rolle. In klares (Flach­-)Wasser dringt zum Beispiel viel Sonnenlicht ein, ein UV­ aktiver Köder „tarnt“ sich dadurch gegen den grellen Himmel und wird schlechter erkannt. Dann setze ich auf UV­-passive Köder. Das bedeutet aber nicht, dass ich auf UV-­aktive Köder total verzichte. Ich hatte mal eine interessante Beobachtung in einem Aquarium. Zwei Barsche stritten sich um einen Unterstand. Dabei stupsten sie sich gegenseitig mit offenen Mäulern in die Seite oder nahmen die Brustflosse direkt ins Maul. In einem Labortest fand ich heraus, dass besonders die Flossen mancher Fische unter UV­-Licht stark leuchten. Mehr dazu finden Sie im Infokasten „UV“ oben. Gummis mit UV­-aktiven Bestandteilen im Dekor sollte man deshalb immer dabei haben.

Dieser Artikel erschien zuerst in Blinker 12/2019. Hier geht es zur aktuellen Ausgabe!


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