Um das Grundprinzip des Jerkbaits zu verstehen, hilft ein Blick ins Englisch-Deutsch-Wörterbuch. Der Begriff „jerk“ stammt nämlich aus dem Englischen und bedeutet so viel wie „rucken“, während „Bait“ mit „Köder“ übersetzt werden kann. Bei Jerkbaits handelt es sich also sozusagen um „Ruckköder“. Natürlich können auch einige andere Kunstköder „gejerkt“, also ruckartig geführt werden. Jerkbaits müssen jedoch auf diese Weise geführt werden, damit sie für Raubfische interessant werden. Wenn man diese Köder einfach nur gleichmäßig einholt, werden sich die Fangerfolge meist in Grenzen halten.
Drei Gründe, warum ich jerke:
- Weil ein Jerkbait bei richtiger Führung ein vielseitiger und fängiger Köder ist, mit dem sich nicht nur Hechte betören lassen.
- Weil ich einen Jerkbait auch in sehr flachem Wasser und nahe der Wasseroberfläche anbieten kann.
- Weil ich großen Einfluss auf die Bewegungen und Laufeigenschaften des Köders habe.
Jerkbaits – Ohne Tauchschaufel
Jerkbaits haben nach konventioneller deutscher Definition keine Tauchschaufel, die ihr Bewegungsmuster bestimmt. Wie sich ein Jerkbait bewegt, soll schließlich auch der Angler mit den Schlägen und Zupfern seiner Rute selber bestimmen. In Amerika werden aber auch Wobbler mit Tauchschaufel als Jerkbaits bezeichnet, die man schließlich auch ruckartig bewegen kann. Obwohl sie ein gewisses Formenspektrum zeigen, sind sehr viele von ihnen seitlich abgeflacht und im Profil leicht bauchig und hochrückig. Das ist geradezu die typische Jerkbait-Form, auch wenn es daneben schlankere Modelle gibt.
Die Rucke oder Schläge werden normalerweise mit der Rute ausgeführt – und zwar nach unten (von der Drei-Uhr-Position in die Sechs-Uhr-Position). Zwischendurch wird mit der Rolle die lose Schnur aufgenommen. Beides funktioniert natürlich nur dann wirklich gut, wenn man am Ufer oder im Boot in erhöhter Position steht.
Mit welchem Rhythmus die Bewegungen mit der Rute ausgeführt werden sollten, lässt sich pauschal nicht sagen. Manchmal sind gleichmäßige Bewegungsabläufe die richtige Wahl, in anderen Situationen hingegen muss variiert werden, um die Räuber zum Biss zu verleiten. Besonders wichtig sind meiner Erfahrung nach Stopps, denn genau in solchen Momenten schnappen die Räuber gerne zu. Wichtig ist jedoch im jedem Fall, dass man stets einen direkten Kontakt zum Köder hat, sich also nie zu viel lockere Schnur zwischen Rute und Köder befinden sollte. Nur dann ist es nämlich möglich, den Anhieb schnell und effektiv durchzubringen.
Jerkbaits sind simple Kunstköder
Im Gegensatz zu vielen anderen Kunstködertypen verfügen die meisten Modelle nur über eine geringe Eigenaktion. Das mag erst mal etwas langweilig klingen, bedeutet aber auch, dass der Angler bestimmen kann, ob und wie sich der Köder im Wasser bewegt – und genau das macht Jerkbaits so interessant. Ich habe somit nämlich die Möglichkeit, sowohl auf die Köderbewegungen als auch auf die Lauftiefe Einfluss zu nehmen, was mir unheimlich viele Variationsmöglichkeiten eröffnet. Was ich an Jerkbaits jedoch besonders liebe, ist die Tatsache, dass sie verdammt fängig sind!
An den Drill mit den relativ harten Jerk-Ruten muss man sich am Anfang erst mal gewöhnen.
Gerätekiste
- Rute: 1,80 bis 2,10 Meter, Wurfgewicht zirka 50 bis 150 Gramm (je nach Ködergewicht)
- Rolle: Multirolle bzw. Baitcaster, die unbedingt über ein robustes Getriebe verfügen sollte
- Schnur: geflochtene Schnur der Stärke 0,17 bis 0,25 Millimeter
- Vorfach: Vorfach aus Fluorocarbon (0,80 bis 1,00 Millimeter) oder steifem Stahldraht, zirka 40 Zentimeter lang
Was ist ein Glider?
Der englische Name ist dem deutschen ganz ähnlich: ein Glider ist ein Gleiter. Gemeint ist damit, dass dieser Jerkbait-Typ sich gleitend zu den Seiten bewegt. Er bleibt also in einem Tiefenbereich und schlägt horizontal nach links und rechts aus. Dabei gleitet er regelrecht durchs Wasser, wenn er mit einem Ruck bewegt wurde. Wenn wir von Jerkbaits sprechen, dann meinen wir damit massive Wobbler ohne Tauchschaufel, die sich so gut wie gar nicht bewegen, wenn man sie gleichmäßig einkurbelt.
Holt man sie dagegen ein, indem man mit gespannter Schnur die Rute nach unten schlägt, zieht es den Jerkbait ruckartig zur Seite oder nach unten. Genau das ist beabsichtigt und kennzeichnet Jerkbaits. Deshalb heißen sie schließlich auch Jerkbaits (engl. jerk = rucken). Sie sind so konstruiert, dass der Angler sie gezielt und nach eigenem Ermessen über die Rute bewegt. Der Angler bekommt also nicht durch die Konstruktion des Köders vorgegeben, wie dieser läuft, sondern er entscheidet selbst, wie schnell und wie intensiv sich der Köder bewegen soll. Grob können wir die Jerkbaits in zwei Gruppen unterteilen:
- Glider: Das sind Modelle, die sich in einer Wassertiefe im Zickzack zu den Seiten bewegen. Sie gleiten gewissermaßen zu den Seiten und daher haben sie auch ihren Namen.
- Diver: Diese Modelle bewegen sich vertikal im Zickzack-Muster, also auf und ab. Wir wollen uns hier erst einmal nur die erste Gruppe, die Glider, vornehmen.
Klassische Formen
Der Glidin Rap von Rapala ist mit seinem gerundeten Körper nahe am Vorbild. Dicke Metallkugeln lassen den Colonel Jerk von Balzer im Karpfendesign lautstarke Geräusche erzeugen. Der Buster Jerk von Strike Pro liegt zwischen vereinfachter und realistischer Fischform. Den Slider von Salmo gibt es im Kleinformat auch für halbstarke Räuber. Zu einem wahren Klassiker unter den Glidern hat sich der schwedische Buster Jerk von Strike Pro entwickelt. Er zeichnet sich auch durch die klassische Gestalt eines Gliders aus. Er ist im Profil schmal wie aus einem Brett geschnitten, von der Seite gleicht er einem leicht bauchigen Fischchen. Der Buster Jerk vollführt bei ruckartiger Bewegung den charakteristischen Zickzacklauf einen Gliders. Der Jerkbait wurde so sensibel austariert, dass er sehr empfindlich auf Zug reagiert. Das heißt, er kann schon mit sanften Rucken zu seinem Lauf animiert werden. Mit entsprechend stärkeren Schlägen lässt er sich auch aggressiver präsentieren. Ein sehr populärer und extrem fängiger Glider ist auch der Slider von Salmo. Er stellt zugleich ein gutes Anfängermodell dar, mit dem man nichts falsch machen kann. Er verträgt unterschiedliche Schlagstärken und Geschwindigkeiten und behält doch sein Bewegungsmuster bei. Der Slider war auch einer der ersten Jerkbaits, die in Kleinformaten von 5 bis 6 Zentimeter hergestellt wurden. Damit lassen sich auch andere Fische als Großhechte mit diesem Ködertyp erfolgreich beangeln. Der Glidin Rap von Rapala zeichnet sich gegenüber vielen anderen Glidern durch einen stärker gerundeten Körper aus. Das macht ihn insgesamt etwas realistischer. Dieser Jerkbait kann klassisch ruckartig geführt werden und zeigt dann seinen Zickzacklauf. Er lässt sich aber auch gleichmäßiger einholen und bewegt sich dann unauffälliger. Vor allem mit realistischeren Farbgebungen ist er dann auch ein sehr guter Köder in klarem Wasser. Ob der Glider in einem realistischen oder fantastischen Design angeboten wird, hängt von der Trübung des Wasser und vom Beißverhalten der Fische ab. Bei schlechter Sicht helfen grelle Farben oftmals, dem Räuber die richtige Richtung zu zeigen. Im klaren Wasser werden häufig natürlichere Farben besser angenommen. Aber manchmal hilft auch dann eine optische Provokation.
In allen Tiefen
Glider gibt es mit unterschiedlichem Schwimm- bzw. Sinkverhalten. Neben schwimmenden werden sinkende Modelle angeboten, die sehr langsam aber auch sehr schnell absinken können. Dementsprechend können mit diesem Ködertyp unterschiedliche Wassertiefen beangelt werden. Die Oberflächen-Modelle bleiben direkt an der Wasseroberfläche. Sinkende Modelle lässt man auf die gewünschte Lauftiefe absinken, um sie dann im Rhythmus der Rutenschläge in der Tiefe laufen zu lassen. Durch längere Absinkphasen kann man sie zwischendurch aber auch tiefer, und durch schnellere, starke Schläge auch höher laufen lassen.
Wer seinen Glider beherrscht, kann ihn zu allen Jahreszeiten und an vielen unterschiedlichen Gewässern erfolgreich einsetzen. Die Paradedisziplin für den Glider ist natürlich das sommerliche Jerken in Oberflächennähe. Dabei kann man ihn auch sehr schön über Krautfelder und andere Hindernisse hinweg gleiten lassen und so die lauernder Räuber provozieren. Schwimmende Glider eignen sich überhaupt ausgezeichnet für hindernisreiche Stellen, die sich mit anderen Ködern nur schlecht oder gar nicht beangeln lassen.
Viele Raubfischangler schätzen an den schwimmenden Glidern besonders, dass man ihren Lauf beobachten kann. Der Höhepunkt ist dann der Biss, bei dem sich der Hecht manchmal in voller Länge aus dem Wasser katapultiert. Glider, die tiefer laufen, sind manchem Angler nicht geheuer, weil sie unsicher sind, in welcher Tiefe sie laufen. Mit etwas Übung und Vertrauen bekommt man aber heraus, in welcher Tiefe man den sinkenden Glider mit welcher Geschwindigkeit laufen lassen kann. Und damit erschließt man sich ganz neue Möglichkeiten. Denn gerade weil man langsam sinkende Glider auch sehr langsam führen kann, hat man mit ihnen auch ausgezeichnete Winter-Köder. Schön langsam und provozierend angeboten, verführt ein gleitender Jerkbait nämlich auch träge Winterhechte.
Deutsch Amerikanisch
Kommen wir noch einmal auf das deutsch-amerikanische Definitionsproblem zurück. Wir verstehen nicht unbedingt dasselbe unter einem Jerkbait wie amerikanische Angler. Für uns ist ein formaler Aspekt bedeutend bei der Definition, nämlich das Fehlen eine Tauchschaufel. Für den Amerikaner zählt die Jerk-Bewegung, also die ruckartige Köderführung. Und die kann er auch mit einem Wobbler ausführen, der eine Tauchschaufel hat. Deshalb betrachten amerikanische Angler auch einige Wobbler vom Typ Minnow als Jerkbaits. Dagegen würden wir sie niemals als Jerkbaits bezeichnen. Wer sich also auf amerikanischen Internetseiten umschaut, sollte nicht verwundert sein, wenn er dort Jerkbaits findet, die nicht unseren Vorstellungen solch eines Modells entsprechen.
Das Vorfach
Glider neigen dazu, nach ruckartiger Bewegung ins Vorfach zu gleiten. Mit steifem Vorfachmaterial vermeidet man, dass sich der Jerkbait verheddert. von Henning Stilke