Aus dem Land der Samurai: Japanköder in der Praxis

„Ich fange lieber vier Fische mit ebenso vielen verschiedenen neuen Ködern als fünf mit einem Standard-Shad.“ Ashwin Souhoka (32) und sein Angelkumpel Tobias Laman (38) sind ständig auf der Suche nach neuen und innovativen Materialien für ihre Spinnfischerei.  Während eines Winter-Raubfischangelns in Holland nehmen wir einige dieser Japanköder und andere innovativer Gerätschaften genauer unter die Lupe.

Bild: S. Boer

Aus Japan kommen immer wieder sehr interessante – und fängige – Köderkreationen zu uns nach Deutschland. Ashwin Souhoka ist ein besonderer Liebhaber von Japanködern.

 

Bild: S. Boer

Die Köderboxen von Ashwin Souhoka und Angelkumpel Tobias Laman sind prall gefüllt mit Köder-Kunstwerken aus Fernost. Japanköder stehen bei den beiden hoch im Kurs!

Japanköder in der Praxis

Als Ashwin und Tobias durch den frischen Schnee – der unter den Sohlen ihrer Watschuhe knirscht – zum Ufer eines Flusssees laufen, fällt sofort die schicke Ausrüstung der Amersfoorter ins Auge. Auffällige Ruten, die fast nichts wiegen, sind mit luxuriösen Baitcastern und schnellen Rollen ausgestattet. In dem Moment, in dem Ashwin seinen Angelkasten öffnet, strahlt uns eine beeindruckende Auswahl an exotisch aussehenden Japanködern entgegen. „Einen Fisch mit etwas Neuem zu fangen, gibt einen zusätzlichen Kick. Ich fange lieber vier Fische auf ebenso viele verschiedene neue Köder als fünf auf einen Standard-Shad. Erinnerst du dich, Tobias? An den Tag, an dem ich sechs Fische mit sechs verschiedenen Ködern gefangen habe?“ An den Tag erinnert Tobias sich – leider – immer noch. „Ich fing an dem Tag mit viel Mühe und Not einen Minibarsch“, sagt Tobias mit mürrischem Gesicht. Ashwin sucht derweil nach einem bunten Köder, der besonders viel Lärm macht. Nach einer langen Hochwasserperiode ist der Wasserstand zwar deutlich gesunken, das Wasser aber immer noch besonders trüb. Es wird bei seiner großen Auswahl an Japanködern schnell fündig: Die Wahl fällt auf einen chartreusen japanischen Rasselköder mit Wolframnase.

Bild: S. Boer

Etwas Fachsimpelei und die Freude über neue Köderkreationen macht sicherlich auch einen der Teil der Faszination Japanköder aus.

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Dieser laute Rasselköder mit Wolframnase ist ein echter Krawallmacher: Eine gute Wahl bei schlechten Sichtverhältnissen.

Japanköder: Große Handwerkskunst

Japan ist auch die Antwort auf die Frage, wo sie all diese besonderen Köder kaufen. „Fast alles, was wirklich innovativ ist, kommt aus Japan. Dort ist der Druck beim Angeln sehr hoch und die Fische sind sehr schwer zu fangen. Also müssen die Jungs dort innovativ sein“, erklärt Tobias. Ein gutes Beispiel ist der Biwa-See: der größte und berühmteste Schwarzbarschsee im Land der aufgehenden Sonne. Dort sind Hunderte von Booten mit besonders geschickten Anglern am selben Ort, während der Fischbestand immer weiter schrumpft.“Den Schwarzbarschen, die es dort noch gibt, braucht man nicht mehr mit einem Oneten – einem Topper unter den Crankbaits – zu kommen. Man muss wirklich etwas Geniales an die Angel hängen, das sie noch nicht kennen, wenn man an diesem Gewässer erfolgreich sein will“, sagt Tobias.

In Japan ist es nicht ungewöhnlich, dass ein Hersteller sieben Jahre Entwicklungszeit investiert, bevor er einen neuen Köder auf den Markt bringt. „Echte Handwerkskunst ist dort hoch angesehen. Man kauft also sozusagen ein Kunstwerk aus Japan, für das wir gerne etwas mehr bezahlen. Japanköder sind also oft echte technische Raffinessen und sehr aufwendig in der Herstellung und Entwicklung. Dass viele dieser Köder für Schwarzbarsche entwickelt werden, spielt keine Rolle. Diese Spezies unterscheidet sich nicht so sehr von unseren Barschen, also funktioniert das Zeug auch hier super.“, fügt Ashwin hinzu, während er seinen ersten Wurf macht.

Technikverliebt: Verbindendes Material

Die Vorliebe für Japanköder ist der Grund, warum sich Tobias und Ashwin vor zwei Jahren kennengelernt haben. Bis vor kurzem hatte Tobias einen Angelladen in Leusden, in dem die Regale voll mit schönen Qualitätssachen hingen – und Ashwin kam automatisch dazu. „Es war Liebe auf den ersten Blick“, scherzt der ehemalige Ladenbesitzer. Bald sprachen sie über alle möglichen speziellen Angelgeräte und gaben sich gegenseitig Tipps, wenn wieder eine japanische Neuheit auf den Markt kam. Dann setzten sie alles daran, dieses Zeug in die Niederlande zu bringen. „Wir haben dann fast sabbernd am Briefkasten auf das Paket gewartet“, sagt Ashwin. Übrigens suchen die Angelfreunde nicht nur bei Ködern nach Innovationen, sondern bei einer breiten Palette von Angelgeräten.

Bild: S. Boer

Japan-Tackle hört nicht bei den Ködern auf – diese Rute hat beispielsweise innovative Carbon-Rutenringe, die für eine noch sensiblere Bisserkennung sorgen sollen.

„Ein neuer Wirbel zum Beispiel, der dem Köder mehr Bewegungsfreiheit – und damit mehr Aktion – gibt, kann mich unheimlich glücklich machen. Oder diese Ringe: Sie sind wie meine Rute aus Carbon und übertragen daher besser, was mit dem Köder unter Wasser passiert“, erklärt Ashwin. Seine Erzählung wird jäh unterbrochen, als Tobias auf dem Schlick ausrutscht, den das Hochwasser hinterlassen hat. Er landet im Wasser, aber zum Glück halten ihn seine Wathose und seine Jacke trocken und er kann bald wieder angeln. „Wenn ich einen Moment nicht auf ihn aufpasse, landet er im Wasser“, ruft sein Angelkumpel scherzhaft. Tobias brummt, dass er eigentlich eher ein „Schönwetterangler“ sei und fragt sich, warum er bei diesem Winterwetter überhaupt angelt.

Bild: S. Boer

Die soziale Komponente spielt auch bei Ashwin und Tobias eine große Rolle. Die beiden sind regelmäßig gemeinsam am Wasser unterwegs und testen ihre neuen technischen Spielereien

Langer Weg zum Erfolg

Die Antwort ist einfach: Ashwin hat überhaupt kein Problem mit diesen kalten Bedingungen. Er ist derjenige, der in den kalten Monaten mit seinem Angelkumpel ans Wasser geht. Dort werden die feinsten Japanköder an die Angel gehängt, aber die Raubfische scheinen heute keinen Appetit zu haben. „Hast du schon einen Biss?“, neckt Ashwin seinen Angelkumpel. „Nur eine Frostbeule“, antwortet Tobias – eher ein Mann der kurzen Sommersitzungen nach dem Abendessen – witzig.

Bild: S. Boer

Im Herbst, bei kalten Bedingungen, fällt es nicht immer leicht dranzubleiben.

Trotzdem angelt er hartnäckig weiter. „Es ist schon ein bisschen anstrengend, aber die Geselligkeit und die Gespräche machen vieles wieder wett. Wir können wirklich über alles reden, ohne dass wir auf unsere Worte achten müssen. Schließlich können wir als Angelkameraden viel voneinander haben. Das ist unbezahlbar und ziemlich einzigartig in einer Gesellschaft, in der jeder immer mehr Ellenbogen hat“, unterstreicht Tobias. Neben ihrer Liebe zu schöner und innovativer Angelausrüstung haben sie noch mehr gemeinsam. Tobias‘ Partnerin hat, wie Ashwin, molukkische Wurzeln. „Das Angeln ist ein fester Bestandteil der molukkischen Kultur. Man verbringt viel Zeit im Freien und isst dann bei einem ausgiebigen Abendessen gemeinsam den Fang“. Nach unzähligen Würfen ist Tobias an dieser Stelle für eine Weile fertig. Zeit für eine kurze Pause. Eine Tasse heiße Suppe macht die beiden Männer bereit für die letzte Etappe.

Der letzte Wurf

An der letzten Stelle, an der sie angelangt sind, fischt Ashwin mit einem kleinen Creaturebait an einem Carolina-Rig aus seinem Japanköder-Sortiment und konzentriert sich auf diese Stelle. Obwohl er hier schon einige Würfe gemacht hat, gibt er nicht auf. „Wenn etwas nicht auf Anhieb klappt, lasse ich mich nicht aus der Ruhe bringen. In meiner Einstellung zum Angeln bin ich vielleicht ein bisschen stur. Als ich zwei Jahre vor der Corona-Pandemie wieder mit dem Angeln anfing – nachdem es eine Zeit lang pausierte – fiel mir auf, dass Angler sehr viel Nachahmungsverhalten an den Tag legen. Dem Mainstream und der Herde zu folgen, das mag ich nicht so sehr. Deshalb probiere ich immer wieder neue Dinge aus. Manche sind ein Flop, andere ein Hit. Letzteres gibt mir viel Befriedigung. Er genießt sowieso jede Session, denn durch seinen stressigen Job bei IKEA weiß Ashwin nie, wann er wieder Zeit hat, ans Wasser zu gehen.

Wieder fällt es ihm schwer, aufzuhören. „Nur noch ein Wurf“, verspricht er seinem Angelkumpel, der inzwischen fertig ist. Ashwin zieht den Creature Bait extrem langsam über den Grund, lässt ihn manchmal eine Weile ruhen. Dann sieht er, wie sich die Rutenspitze leicht bewegt, aber der Biss bleibt zunächst aus. Als einige Sekunden später ein weiteres Antippen und ein Ruck folgen, nimmt er sofort Kontakt auf, spannt die Schnur und setzt den Anhieb. Wenig später kann Tobias einen schönen Barsch für ihn keschern und Freude und Erleichterung überwiegen bei beiden Männern. „Am Ende des Tages kann der Wechsel zu einem kleineren Köder immer noch einen Bonusfisch bringen“, schließt Ashwin mit einem letzten Tipp.

Bild: S. Boer

Nach dem berühmten letzten Wurf, kam doch noch der ersehnte Biss und bald darauf der Griff zum Kescher.

Bild: S. Boer

Dieser schöne Barsch hatte sich den Köder geschnappt. Den Creaturebait langsam und direkt am Grund zu präsentieren war allem Anschein nach die richtige Herangehensweise. Und auch der Wechsel zu kleineren Ködern kann den entscheidenden Unterschied machen.

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