Im Zeitalter der Plastikköder ist Blech ins Hintertreffen geraten. Auch Spinner gelten bei manchen nun als Anfänger-Köder. Stefan Berger hat aber erlebt, dass es besser ist, immer einen Spinner in der Box zu haben.
An einem schönen Spätsommertag Ende Juli war ich unterwegs, um ein paar Barsche auf die Schuppen zu legen. Im See blühte das volle Leben, überall waren Brutfischschwärme im flachen Wasser zu sehen. Ein reich gedeckter Tisch für die Raubfische. Die Barsche nahmen das Angebot dankend an und stießen im Minutentakt in die Kleinfischschwärme.
Dennoch war es zum Verrücktwerden! Meine ganze Köderbox hatte ich den Fischen schon präsentiert, aber sie wollten einfach auf nichts beißen. Selbst die sonst so erfolgreichen japanischen Hightech-Wobbler versagten vollständig. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie ein Jungangler ein Stück entfernt seine Angel zusammensteckte. Während ich verzweifelt meine Ködersammlung durchwühlte, um irgendetwas zu finden, was den Tag noch retten könnte, hörte ich plötzlich wildes Geplätscher. Ich schaute mich um und sah den Jungangler einen schönen Barsch landen. Um mein Ego zu beruhigen, redete ich mir ein, dass es sich um einen absoluten Zufallsfang handelte. Dieser dumme Barsch hätte bei jedem anderen Angler natürlich genauso gebissen. Drei Minuten später drillte der Jungangler schon wieder und landete noch einen stattlichen Barsch. Das gibt es doch nicht, dachte ich mir und führte meinen Wobbler noch konzentrierter. Aber ich bekam keinen einzigen Zupfer. Nachdem der Junge kurz darauf abermals drillte, hielt mich nichts mehr an meinem Platz! Ich musste einfach mal spionieren gehen.Winzling an der Rute
Aber da gab es nicht viel zu spionieren: An seiner Rute baumelte ein winziger Spinner. Genau der Köder, den Wobbler und Gummiköder aus meiner Ködertasche verdrängt haben. Im Gespräch mit dem Jungen erfuhr ich dann, dass er schon die letzten Tage sehr gut auf Spinner gefangen hatte. Allerdings nur auf die kleinste handelsübliche Größe 00. Auf größere Modelle gab es deutlich weniger Bisse. Natürlich verfügte auch ich über ein umfangreiches Blinker- und Spinner-Arsenal, aber das lag gut verstaut im heimischen Angelkeller. Damit war der Tag für mich gelaufen, aber diese Nullnummer wollte ich nicht auf mir sitzen lassen.
Am nächsten Morgen stand ich voll bewaffnet wieder am Wasser. Die Barsche vollführten die gleiche Raub-Orgie wie am Vortag. Jetzt sollte mir ein silberner Spinner in der Größe 00 die dicken Fische bringen. Schon beim fünften Wurf spürte ich einen sachten Anfasser auf den Köder. Ich beschleunigte den Spinner und konnte den Räuber zu einer zweiten Attacke verleiten. Ein Anhieb erübrigte sich, da die Rute im selben Moment krumm war. Nach kurzem, aber heftigem Drill lag ein schöner 39er Barsch im Gras. Ich wechselte an diesem Morgen häufig den Köder, um zu testen, was fing und was nicht fing. Aber nur auf Spinner und Blinker gab es weitere Bisse. Um der Sache noch weiter auf den Grund zu gehen, fing ich mit einem Aquariumkescher ein paar Brutfische. Wie ich es schon vermutet hatte, waren sie genauso groß wie der Minispinner. Weiter war auffällig, dass der Brutfischjahrgang besonders stark ausgefallen war. Die Raubfische hatten sich vollkommen auf die Fischbrut eingestellt. Größere Köder wurden knallhart ignoriert. Einen weiteren Grund für die Fängigkeit kleiner Metallköder liefert meiner Meinung nach die Beobachtung eines Brutfischschwarms. Die kleinen Fische sind ständig in Bewegung, wenn sie die Abwesenheit der Räuber spüren. Der Raubfisch steht vor einem Meer aus glitzernden, das Licht reflektierenden Fischflanken. Winzige Spinner und Blinker imitieren diese Lichtreflexe perfekt und senden zusätzlich Druckwellen aus. Dadurch heben sie sich aus der gleichförmigen Masse ab, und die Räuber haben einen Fixpunkt, um zuzustoßen. Mit genau diesen Eigenschaften sind die kleinen Metallköder allen anderen Kunstködern überlegen.Test in der warmen Jahreszeit
Nach diesem Schlüsselerlebnis testete ich die Köder zur warmen Jahreszeit in vielen Gewässern. Und zu meinem Erstaunen fing ich vorzüglich: Barsche, Forellen, Hechte, Döbel, Rapfen, Zander und selbst Barben bissen auf die kleinen Spinner und Blinker. Seit dieser Erfahrung haben winzige Blechköder zur Sommerzeit einen festen Platz in meiner Köderbox. Für den Anfang reicht ein kleines Sortiment an Blinkern und Spinnern vollkommen aus. Mit Ködern in den Farben Silber, Gold, Kupfer, Schwarz und Rot ist man für alle Situationen am Wasser gerüstet. Noch wichtiger ist es aber, verschiedene Ködergrößen in seiner Box zu haben. Man sollte die ganze Palette von 00 bis zur Größe 3 dabei haben. Schließlich ist es unerlässlich, die kleinen Brutfische so genau wie möglich zu kopieren. Oft habe ich erlebt, dass die Raubfische super auf einen 0er Spinner bissen. Eine Woche später lief dagegen der 1er Spinner am besten. Mit dem Wachstum der Brutfische muss also auch die Ködergröße steigen.
Um das leichte Metall richtig führen zu können, braucht man leichte Ruten und dünne Schnur. Spinnruten fürs Forellen- oder Barschangeln sind perfekt dafür geeignet. Ideal ist eine Länge von 2,10 bis 2,40 Meter und ein Wurfgewicht von 5 bis 15 g. Komplettiert wird das Ganze mit einer kleinen Stationärrolle. Damit der Köder die Fische auch erreicht, sollte man eine 0,16er – 0,18er Monoschnur verwenden. Denn nur mit diesen dünnen Durchmessern lassen sich die Leichtgewichte gut werfen. Ich fische aber am liebsten mit einer 0,10er Geflochtenen. Mit ihr habe ich einfach ein besseres Ködergefühl, außerdem spürt man die Bisse noch intensiver. Dieser harte Schlag in der Rute, der beim Biss durch die Rute geht, macht einfach süchtig. Für welchen Schnur-Typ Sie sich letztlich entscheiden, ist Geschmackssache, denn mit beiden Typen werden Sie Ihre Fische fangen. Die Liebhaber von geflochtenen Schnüren sollten stets ein Fluorocarbon-Vorfach benutzen. Es schützt die dünne Hauptschnur vor scharfkantigen Hindernissen wie muschelbesetzten Ästen und Steinen. Mit einem 0.25 Millimeter dünnen Fluorocarbon bin ich dabei bisher immer gut gefahren. Entschließt man sich, dickeres Material zu verwenden, kann der Lauf der Kleinstköder darunter leiden. Man sollte immer versuchen, die Köder so unauffällig wie möglich zu fischen. Sind jedoch viele Hechte im Gewässer, führt kein Weg an einem dünnen Stahlvorfach vorbei. Besonders die Mini-Hechte haben eine Vorliebe für kleine Metallköder. Nur Stahl bietet hundertprozentigen Schutz vor ihren spitzen Zähnen.Lebhafte Führung
Mit dem beschriebenen, leichten Gerät lassen sich Blinker und Spinner hervorragend fischen. Doch welcher der beiden bringt mehr Bisse? Das hängt ganz klar von der Situation am Wasser ab! Spinner und Blinker haben unterschiedliche Stärken, aber auch Schwächen. Nur wer beide Ködersorten aus dem Effeff kennt und richtig einsetzt, kann sich über tolle Fänge freuen.
Der Mini-Spinner trumpft vor allem in sehr flachem Wasser auf. Aufreizend langsam lässt er sich in den seichten Uferzonen präsentieren, genau dort wo sich die Brutfische bevorzugt aufhalten. Dank seiner starken Druckwellen bemerken ihn die Raubfische besonders schnell. Das ist vor allem in trüben Gewässern ein riesiger Vorteil. Und schließlich ist im Sommer fast jedes Gewässer durch die Algenblüte mehr oder weniger stark angetrübt. An seine Grenzen stößt der Mini-Spinner, wenn weit geworfen werden muss oder in starker Strömung gefischt werden soll. Hier trumpfen die kleinen Blinker auf. Dank ihrer kompakten Form fliegen sie deutlich weiter als Spinner. Sie sinken auch schneller zum Grund und lassen sich leichter in der Tiefe halten vor allem, wenn man Modelle benutzt, die aufgrund der eingesetzten Materialdicke schon im Grenzbereich zum Mini-Pilker anzusiedeln sind. Das größere Gewicht der Mini-Blinker ist ein Vorteil, wenn sich Räuber oder Beute einmal in die unteren Gewässerzonen verkrümeln. In starker Strömung machen sie ebenfalls eine gute Figur und verführen Döbel wie Rapfen reihenweise. Die kleinen Blinker lassen sich auch wesentlich lebhafter führen als Spinner. Man kann sie durchs Wasser jiggen wie einen Gummifisch, wie einen Jerkbait ruckend führen oder einfach nur mit gelegentlichen Spinnstopps einholen. Mit diesen Variationsmöglichkeiten lässt sich auch an schwierigen Tagen das eine oder andere Räubermaul öffnen. Ein Spinner ist da deutlich weniger flexibel. Man kann ihn eigentlich nur mehr oder weniger gleichmäßig einholen.Strategische Zeiten
Sie kennen jetzt die Stärken der beiden Ködertypen und werden am Wasser sicher die richtige Wahl treffen. Daneben entscheidet aber auch die Angelstrategie über den Fang. Im Sommer spielen sich die meisten Raubfischaktivitäten zu bestimmten Zeiten ab. Meistens sind diese aktiven Phasen morgens oder abends, und in diesen Zeiten sollte man auch fischen.
Befischt man häufig dasselbe Gewässer, wird man feststellen, dass sich die Brutfische nur an bestimmten Punkten zahlreich aufhalten. Das wissen natürlich auch die Raubfische und statten diesen Plätzen immer wieder einen Besuch ab. Es ist also durchaus sinnvoll, sich an diese erkannten Hot Spots zu stellen und dort auf die Fische zu warten, anstatt sie zu suchen. Für das Befischen solcher Plätze wähle ich den Spinner. Ihn kann ich langsam führen und lange im Sichtfeld der Räuber präsentieren. Natürlich verlangt es Durchhaltevermögen, die gleiche Stelle über längere Zeiträume ohne Biss zu befischen. Aber irgendwann kommen die Raubfische doch vorbei und belohnen unsere Ausdauer mit spritzigen Drills.Strecke machen
An unbekannten Gewässern wende ich eine andere Vorgehensweise an. Hier gilt es, Strecke zu machen um aktive Fische zu finden. Kleine Blinker sind bestens dafür geeignet. Sie fliegen weit und lassen sich schnell führen. Ideal, um in kurzer Zeit große Flächen abzusuchen. Sind die Fische gefunden, kann man auf einen Spinner wechseln, um den Platz gründlich abzufischen. Schließlich finden sich an einem reich gedeckten Tisch oft mehrere Raubfische ein. Passiert nach den ersten Bissen eine Viertelstunde lang nichts mehr, montiere ich wieder einen Blinker und suche den nächsten Hot Spot. In großen Flüssen ist es immer auch ein bisschen Glückssache, mit welcher Strategie man erfolgreicher ist. Fakt ist, dass die Brutfische im Fluss viel mehr in Bewegung sind als im Stillwasser. Dementsprechend verhalten sich auch die Raubfische auch sie können überall und nirgends sein. Trotzdem gibt es in der weiten Wasserfläche natürlich einige markante Stellen, die sie immer wieder aufsuchen, um Beute zu machen. An monotonen, sehr gleichförmig aussehenden Flussabschnitten wird man mit Streckemachen sicherlich am besten beraten sein. An Buhnen, Brückenpfeilern oder Altarmen kann es sich dagegen durchaus lohnen, ein bis zwei Stunden ohne großartige Platzwechsel durchzufischen. Schon oft war ich kurz davor, die Stelle nach langer Zeit ohne Biss zu wechseln, als plötzlich doch noch der Fangreigen begann. Daraus habe ich gelernt, erkennbar gute Plätze nicht nach wenigen Würfen zu verlassen, sondern mit Ausdauer längere Zeit zu befischen.
Bevor Sie nun ans Wasser stürmen, sei noch gesagt, dass die Überlegenheit von Spinnern und Blinkern leider zeitlich begrenzt ist. Mit dem Wachstum der kleinen Fische nimmt die Fängigkeit des Spinners ab. So ist jedenfalls meine Erfahrung. Zum einen lichten sich die dichten Brutfischschwärme mit der Zeit sehr, zum anderen imitieren Wobbler oder Gummiköder die kleinen Fische ab einer gewissen Größe doch besser. Der Fangvorteil der Blechköder endet für mich, sobald die kleinen Fische eine Länge von vier Zentimeter erreicht haben. Das entspricht ungefähr der Spinnergröße 3. Bis es soweit ist, kann man mit den Blechködern jedoch richtig abräumen. Und es beißen bei weitem nicht nur kleine Fische! Am leichten Gerät können die Fische ihre volle Kraft zeigen und sorgen für unvergessliche Drills. Wer einmal eine 65er Barbe in der Strömung ans Band bekommt, wird wissen wovon ich rede. Auch diese Strömungsfische stehen auf kleines Blech. Bericht von Stefan Berger