Mormyschka: Bewährter Köder in modernen Zeiten

Jeder Angler weiß, was eine Mormyschka ist. Aber kaum einer weiß, dass sie zu den besten Ködern fürs moderne Spinnfischen gehört. Gerade beim Barschangeln sind mit der kleinen Russin exzellente Fänge drin.

Welche Mormyschka darf es sein? In der kalten Jahreszeit haben sich schwerere Modelle bewährt, weil sie die Fangtiefe schneller erreichen.

Bild: BLINKER/M.Wehrle

Welche Mormyschka darf es sein? In der kalten Jahreszeit haben sich schwerere Modelle bewährt, weil sie die Fangtiefe schneller erreichen.

Mein Arm mit der kurzen Rute vibriert, als hielte ich einen Schlagbohrer. Die Rutenspitze habe ich knapp übers Wasser gestreckt, die Kurbel meiner Rolle bewegt sich langsam vorwärts. Immer wieder lege ich Pausen ein. Im klaren Wasser schwänzelt mir der Köder entgegen. Nein, er schwänzelt nicht nur, er zittert, eiert, schwimmt Zickzack. Lebendig wie ein kleines Fischchen bewegt er sich und ist deutlich kürzer als ein kleiner Finger: die Mormyschka, ein Haken mit Bleitropfen, auf den ein natürlicher Wurm gezogen ist.

Mormyschka: Ist das nicht ein uralter Köder, den man nur vertikal durchs Eisloch anbieten kann? Ein Köder, der lediglich dann funktioniert, wenn die Kälte die Hand des Anglers zittern lässt? Ein Köder, der in die Mitte des letzten Jahrhunderts gehört?

Nein, die Mormyschka ist ein exzellenter Köder fürs moderne Spinnfischen, nur ist das kaum bekannt. Es sei denn, man ist wie ich am Schluchsee aufgewachsen. Dort ist die Mormyschka der Barschköder Nummer 1. Auswertige Spinnfischer reiben sich bis heute Augen: Wie kann es sein, dass die Einheimischen Barsch auf Barsch fangen, während ihre modernen Wobbler ins Leere läuft? Die Antwort lautet: Mormyschka.

Wenn die Barsche vorsichtig beißen, fängt ein halber Wurm am besten. Der natürliche Bestandteil des Köders lässt sich nach Belieben kürzen.

Bild: BLINKER/M.Wehrle

Wenn die Barsche vorsichtig beißen, fängt ein halber Wurm am besten. Der natürliche Bestandteil des Köders lässt sich nach Belieben kürzen.

Dieser winzige Köder aus Russland vereint alle Vorzüge, die ein moderner Barschköder braucht: Man kann ihn in allen Wasserschichten anbieten, am Grund genauso wie direkt unter der Oberfläche. Man kann ihn sehr variantenreich führen, beim Wurfangeln genauso wie vertikal. Er fängt nicht nur beim Einholen, sondern ebenso beim Absinken. Und man kann die Größe des Köders mit einem Handgriff verändern, je nachdem, ob man zu einem kleinen, mittleren oder großen Wurm greift. Den Wurm solltet Ihr immer so auf den Haken ziehen, dass er sich in voller Länge strecken kann, ähnlich wie einen Twister. Falls es Fehlbisse gibt, reduziert man die Länge des Wurms. Gerade auf vorsichtige Winterbarsche bin ich oft mit geteilten Würmern erfolgreich.

Was ist eigentlich eine Mormyschka?

Gestandene Eisangler, vor allem aus Ostdeutschland werden sich natürlich bei dieser Frage an den Kopf fassen, sind sie doch gleichsam mit Mormyschkas auf dem Eis groß geworden. Mormyschkas haben ihren Ursprung in den Ländern der GUS, also z. B. Russland oder Weißrußland. Von dort haben sie die Eisangelszene in Skandinavien aber auch in Amerika revolutioniert. Eine Mormyschka ist im einfachsten Fall ein winziger Haken, auf dessen langen Schenkel ein noch winzigeres Bleischrot geklemmt wurde. Aber bei einem einfachen Haken mit Bleischrot ist es natürlich nicht geblieben: Heutzutage kann man Mormyschkas in allen möglichen Formen, Farben und Variationen kaufen.

Mormyschken gibt es viele, aber das Prinzip ändert sich nicht: ein winziger Bleikopf auf einem ebenso winzigen Haken.

Bild: BLINKER/Archiv

Mormyschken gibt es viele, aber das Prinzip ändert sich nicht: ein winziger Bleikopf auf einem ebenso winzigen Haken.

Fingerspitzen beim Angeln mit Mormyschka gefragt

Das Barschangeln mit Mormyschka erfordert viel Fingerspitzengefühl: Erstens muss ein Köder mit minimalem Gewicht geworfen werden, so gleichmäßig, dass der Wurm nicht (zu schnell) abfällt. Und zweitens erfordern die Bisse eine für Spinnfischer untypische Reaktion: Man schlägt nicht an – man lässt sofort locker. Der Barsch braucht ein, zwei Sekunden, um die Mormyschka ins Maul zu saugen. Erst dann sitzt der Anhieb. Nichts ist spannender, als bei einem Biss Schnur zu geben, als zu wissen, dass jetzt ein Fisch am Köder ist und dass der Anhieb gleich folgt. Diese Art des Spinnfischens ist spannend und macht so richtig gute Laune.

Eisangeln mit Mormyschka

Die meisten Mormyschken haben in ihrem Bleitropfen am Hakenschenkel ein kleines Loch, durch das man die Schnur führt und am Hakenschenkel fest knotet. Geangelt wird mit speziellen Eisangeln. Die haben mit einer normalen Angelrute nur wenig gemein: Sie sind um die 20 cm lang, und an der Spitze wird die dünne Schnur (10er bis 14er) durch einen Ring geführt, der auf einer kleinen Spiralfeder bzw. einem weichen Plastikärmchen sitzt.

Die Mormyschka wird durch das Eisloch bis zum Grund abgelassen, und dann hält man die Eisangel ganz ruhig in der Hand. Idealerweise reicht schon das normale Zittern der Hand bzw. der Pulsschlag aus, die Mormyschka in ganz leichte Zuckungen zu versetzen, die wiederum die Fische anlocken. Die kleinen Rütchen sind natürlich in keiner Weise geeignet, einen Fisch zu drillen. Sie werden daher nach einem Biss zur Seite gelegt, der Fisch über Hand gedrillt.

Die Spitze einer Mormyschka-Rute kann gar nicht fein genug sein. Sie zeigen die vorsichtigen Bisse der Fische sehr deutlich an.

Bild: BLINKER/Archiv

Die Spitze einer Mormyschka-Rute kann gar nicht fein genug sein. Sie zeigen die vorsichtigen Bisse der Fische sehr deutlich an.

Warum fängt die Mormyschka, wenn andere Köder versagen?

Ich kenne keinen Köder, der so lebendig im Wasser läuft – gegen das Schwänzeln eines natürlichen Wurms wirkt der weichste Twister steif und der beste Wobbler hölzern. Außerdem steigt jedem Barsch, der den Köder aus der Nähe prüft, der Geruch des Naturköders in die Nase – ein Fresssignal. Und schließlich kann man die Mormyschka gerade bei kalten Temperaturen viel langsamer als andere Spinnköder führen. Oft bekomme ich noch Bisse, wenn ich den Köder bereits bis ans Boot geholt habe und noch ein wenig über dem Grund tanzen lasse. Ebenso erfolgen viele Bisse, wenn man den Köder an der straffen Schnur absinken lässt, während die zitternde Hand für lebendige Zuckungen sorgt.

Es muss nicht immer Wurm sein

Die Mormyschka fängt nicht nur mit Wurm, sondern auch mit anderen Köder-Zugaben:

  • Variante A: Barsch auf Barsch: Dieser Fisch nahm einen Fetzen Barschhaut.

    Barsch auf Barsch: Dieser Fisch nahm einen Fetzen Barschhaut.

    Bild: BLINKER/M. Wehrle

  • Variante B: Schwanz statt ganz: Ein kleiner Fischschwanz macht die Mormyschka attraktiv, auch für Zander

    Schwanz statt ganz: Ein kleiner Fischschwanz macht die Mormyschka attraktiv, auch für Zander

    Bild: BLINKER/M.Wehrle

  • Variante C: Ideal für kalte Tage und für Weißfische: Mormyschka mit Maden-Doppel.

    Ideal für kalte Tage und für Weißfische: Mormyschka mit Maden-Doppel.

    Bild: BLINKER/M.Wehrle

Führung mit Bugwelle

Doch wer nun den Eindruck gewinnt, die Mormyschka sei nur ein Fall fürs grundnahe Spinnfischen, sieht sich getäuscht. Wenn die Barsche im Sommer oder im Spätherbst unter der Oberfläche rauben, lässt sich die Mormyschka als Natur-Jerk präsentieren: Man wirft den Köder über die Barsche hinweg, streckt die Rute steil nach oben und holt den Köder rasant ein, sodass er mit einer kleinen Bugwelle direkt unter der Oberfläche entlang zischt. Winzige Pausen lassen ihn zwischendurch absinken. Raubende Barsche lieben diese Art der Präsentation. Oft heften sich vier, fünf Bugwellen an meinen Köder. Und der Fisch, den ich dann hake, meist beim Absinken des Köders, wird von einer Wolke aus Artgenossen bis zum Kescher eskortiert.

Besonders reizvoll am Angeln mit der Mormyschka ist das feine Gerät. Die Spinnrute sollte maximal zwei Meter lang sein, gerne einteilig. Je geringer ihr Wurfgewicht, desto besser. Viele Angler setzen auf dünne Monofilschnüre, 0,10 bis 0,12 Millimeter. Das hat den Vorteil, dass der Barsch beim Biss nicht so schnell Widerstand spürt – dem Angler bleibt etwas mehr Zeit, dem Fisch Schnur zu geben. Ich jedoch bevorzuge Geflochtene so dünn wie möglich. Mit der Geflochtenen habe ich einen noch direkteren Kontakt zum Köder, kann beim grundnahen Angeln jeden Kieselstein spüren und liebe es, auf schnelle Bisse auch schnell reagieren zu müssen.

Je kürzer die Rute, desto direkter der Kontakt zur Mormyschka. Am Schluchsee setzen die Einheimischen den Mini-Köder an Mini-Ruten ein.

Bild: BLINKER/M.Wehrle

Je kürzer die Rute, desto direkter der Kontakt zur Mormyschka. Am Schluchsee setzen die Einheimischen den Mini-Köder an Mini-Ruten ein.

Mormyschka-Vorfach mit Kraftreserve

Vor allem bietet die Geflochtene mehr Tragkraftreserve. Zwar fische ich mit einem Monovorfach von einem halben Meter, aber hier wähle ich die Schnur immer ein wenig dicker, bis 0,16 Millimeter. Zum einen behindert eine Schnur dieser Stärke den Lauf des Köders nicht. Zum anderen gibt mir diese Schnur eine realistische Fangchance, wenn ein größerer Raubfisch beißt. Schon öfter habe ich Hechte und Zander gehakt. Und auch die großen Barsche beißen oft in der Nähe von Hindernissen, vor allem an versunkenen Bäumen. Hier wird ein allzu dünnes Vorfach im Drill leicht durchgescheuert.

Gut gezittert im Herbst: Dieser kapitale Barsch nahm eine Mormyschka, die nicht mit Wurm, sondern mit Fischhaut montiert war.

Bild: BLINKER/M.Wehrle

Gut gezittert im Herbst: Dieser kapitale Barsch nahm eine Mormyschka, die nicht mit Wurm, sondern mit Fischhaut montiert war.

Tatsächlich ist die Mormyschka ein Köder, mit dem ich nahezu alle Fische des Süßwassers gefangen habe. Ob Kaulbarsch oder Rotfeder, Brassen oder Karpfen, Forelle oder Rotauge, Hecht oder Zander, Laube oder Güster: Wenn ihnen eine Mormyschka am Maul vorbei schwänzelt, werden sowohl Raub- als auch Friedfische schwach. Wobei die Friedfische vor allem bei einer sehr langsamen Führung beißen – und dann, wenn man anstelle des Wurms eine Made montiert. Und die Chancen auf Zander steigen, wenn Sie ein Stück flatternde Fischhaut auf den Haken ziehen.

Manche Händler bieten den Klassiker noch an. Auf jeden Fall werdet Ihr bei Versendern und Internet-Auktionshäusern fündig. Oder Ihr bastelt Euch den Köder selbst. Das dauert 15 Sekunden und erfordert keinerlei handwerkliches Geschick. Nehmt einfach einen dünndrahtigen Haken, zwischen Größe 10 und 14 – je nach Größe des Wurms oder Fetzens, den Ihr anbieten wollt. Knotet diesen Haken an Euer Vorfach und drückt jetzt über der Stelle des Öhrs, wo Ihr geknotet habt, ein Bleischrot auf. Wenn Ihr mögt, könnt Ihr das Bleischrot mit einem Messer abschaben, dann glitzert es silbern. Ich verzichte meist darauf, denn der Reiz zum Biss geht vom Wurm aus.

Diese einfache Mormyschka steht den raffiniertesten Modellen in Fängigkeit nicht nach. Vor allem kosten die Zutaten nur ein paar Cent. Mit einem solchen Köder können Sie risikoreich fischen, immer dicht am Hindernis und damit dicht am Barsch – womit die Chance steigt, dass Ihr Russisches Roulette mit einem Treffer ins Schwarze endet.


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