Es ist ein Donnerstagmittag im Oktober, als ich den Autoschlüssel umdrehe, um in meinem von Welsgerät überquellenden Auto an den Rio Ebro zu fahren. Ich besitze das seltene Privileg, diesen knapp 1000 Kilometer langen Fluss mehrmals im Jahr zu befischen. Daher liegen vor meiner Freundin und mir auch nur 470 Kilometer Wegstrecke, die wir zügig bewältigen. Schließlich durchqueren wir den bei Welsanglern weltweit bekannten Ort Caspe und erreichen in der Abenddämmerung unser Ziel. Vor uns liegt, in der Abendsonne goldgelb glänzend, der Ebro. Das Wasser des zweitlängsten Flusses der Iberischen Halbinsel fließt ruhig dahin, nur gestört vom Springen der Lauben nach Insekten, dem Rauben der Zander und dem Schmatzen der Waller.
Moment mal, Waller? Schnell ist meine Spinnrute montiert und der Gummifisch wiederholt in der Nähe der raubenden Welse platziert. Doch entweder ist das Angebot an Futterfischen zu groß, oder ich habe heute einfach kein Glück. Kein Waller beißt. Im letzten Licht des Tages bauen wir unser Zelt auf, essen zu Abend und genießen die letzten warmen Minuten, bevor die Kälte der Nacht uns in unsere Schlafsäcke zwingt, uns die Müdigkeit übermannt und wir friedlich einschlafen.
Routine Anfüttern beim Welsangeln mit Pellets
Am nächsten Morgen gegen 8 Uhr stehe ich auf. Was nun folgt, ist reine Routine: Schlauchboot aufblasen, Ruten montieren, Angelplatz ausloten, Markierungsboje setzen und anfüttern. Dazu verwende ich Pellets, die ich in Deutschland erstanden habe. Zum einen sind sie dort viel günstiger, und zweitens kann ich mir mein Produkt selbst aussuchen. Gegen 9 Uhr bringe ich schließlich meine Montagen aus.
Im Allgemeinen kann man sagen, dass das Welsangeln mit Pellts in etwa dem Karpfenangeln mit Boilies entspricht, wobei aber alles etwas größer, grober, stärker und einfacher gehalten ist.
- Auf die Hauptschnur fädle ich ein schweres Grundblei von 200 bis 500 Gramm, abhängig von der Strömung und Entfernung: Je stärker die Strömung und je weiter die Entfernung desto schwerer das Blei. Das Blei läuft nicht direkt auf der Hauptschnur, sondern auf einem Gummischlauch, damit die Metallöse des Bleis nicht die Hauptschnur aufraut und so schwächt, dass sie bei einem Drill reißt.
- Um die Montage so einfach wie möglich zu halten, knote ich nun lediglich einen einfachen Wirbel mit einer Tragkraft zwischen 100 bis 140 Kilo an die Hauptschnur, wobei ich den Knoten durch eine etwa 1 cm große Gummiperle vor Beschädigungen durch das Grundblei schütze.
- Zuletzt befestige ich das Vorfach an dem Wirbel. Dieses muss ebenfalls aus geflochtener Schnur bestehen. Ich bevorzuge hierbei das Mantikor Dominator Rigline in der Stärke bis 144 kg, da es ebenfalls sehr abriebfest ist und somit auch in einem harten Drill an den vielen kleinen, spitzen Zähnchen der Waller nicht aufgerieben wird.
- Als Haken verwende ich einen Gamakatsu Circle Hook in der Größe 4/0 bis 6/0. Der Vorteil des Circle Hooks, der eigentlich aus dem Big Game stammt und von Hochseefischern zum Thunfischfang verwendet wird, liegt darin, dass ich nicht immer direkt neben der Rute stehen muss, wenn der Waller beisst. Aufgrund der speziellen Form und Eigenschaften dieses Hakens wird jeder Fisch sicher im Maulwinkel gehakt, ohne dass ich beim Biss anschlagen muss. Zudem steigt die Biss-Ausbeute drastisch an, gleichzeitig greift der Haken so gut wie nie im Schlund des Fisches, wodurch das Verletzungsrisiko viel geringer ist und der Fisch später problemlos zurückgesetzt werden kann.Um das zu unterstützen, ist es von Vorteil, ein möglichst schweres Bleigewicht zu verwenden, sowie die Rute maximal zu spannen, da sonst der Selbsthakeffekt verpuffen würde.
- Zuletzt werden die Pellets am Haar an dem Haken befestigt. Die Pellets werden auf ein beliebiges Stück Schnur gefädelt und unterhalb des Wallerhakens hängend präsentiert. Der Haken selbst bleibt völlig köderfrei und kann den potentiellen Fisch sicher haken. Was die Anzahl der Pellets betrifft, so vertrete ich die Devise: weniger ist mehr! Drei, vier oder fünf Stück auf dem Haar sollten reichen.
Brachiales Frühstück
Pünktlich zum Frühstück am nächsten Morgen gegen 10 Uhr ertönt das ersehnte Signal meines Bissanzeigers. Bei einer meiner Ruten wird von der fast komplett geschlossenen Rolle brachial Schnur abgezogen. Ich hatte meiner Freundin versprochen, dass sie den ersten Fisch drillen darf, doch als ich in ihr Gesicht blicke, weiß ich nicht, ob sich da Erstaunen oder Angst breit macht. Auch ein paar ermutigende Worte helfen erstmal nichts, und somit iegt es bei mir, nach heftigem Drill den ersten Waller des Tages zu landen. Mit 2,14 Meter kein kleiner Fisch! Nach einigen Fotos gewähre ich dem Fisch wie gewohnt die Freiheit und bringe meine Montage erneut aus.
Es dauert keine halbe Stunde, da verneigt sich erneut eine meiner beiden Wallerruten und auch dieses Mal begnügt sich meine Freundin mit dem Fotografieren. Mir soll es recht sein. Der kleine, knapp 1,30 Meter lange Wels liefert am schweren Gerät ohnehin keinen richtigen Kampf. So geht es die nächsten 2,5 Stunden weiter und ich kann noch weitere vier Waller bis 1,96 Meter landen. Gegen 13 Uhr beginnt eine Beißpause, was wir zu einem gemeinsamen Mittagessen unter der warmen Frühherbstsonne Spaniens ausnutzen. Die Temperaturen sind zu Mittag auf knapp 22 °C geklettert, dazu weht ein leichter Wind. Der leckere spanische Schinken, der duftende Käse, das Baguette und die Trauben schmecken göttlich. Gegen 14 Uhr werden wir urplötzlich aus der gemütlichen Schlemmerstimmung gerissen. Einer meiner Bissanzeiger signalisiert den nächsten hammerharten Biss. Wilde, explosive Schläge an der bis an die Belastungsgrenze durchgebogenen Wallerrute deuten auf einen erneuten Riesenwels hin. Dieses Mal brauche ich einen festen Stand, um während des Drills nicht ins Wasser gerissen zu werden.
Nach 12 Minuten Kampf, in dem mir der Waller mehrere Male Schnur von der Rolle zieht, rinnt mir der Schweiß die Stirn herunter und die Arme fangen an zu schmerzen. Doch dann kann ich den Fisch mit Hilfe eines Nachbaranglers landen. Dieser Zweimeter-Waller ist zwar wenige Zentimeter kleiner als der erste, aber dafür war er umso kampfstärker. Bis etwa 16.30 Uhr lande ich noch weitere Fische, unter anderem einen dritten Zwei-Meter-Fisch sowie einen guten 1,90er und mehrere kleine bis 1,40 Meter. Daher entschließe ich mich, das Angeln für diesen Tag zu beenden.
Zehn Waller in sieben Stunden
Obwohl wir nur einen Tag gefischt haben, hat sich auch dieses Mal gezeigt, welches Potential der Ebro hat. Ich konnte in etwa sieben Stunden reiner Angelzeit zehn Waller fangen, von denen drei die magische Marke von zwei Meter durchbrachen. Das dies am Ebro kein Einzelfall ist, zeigen die unglaublichen Massenfänge, die jährlich vor Beginn der Laichzeit im April und Mai sowie nach der Laichzeit bis in den Herbst hinein möglich sind. Lediglich im Hochsommer, von Juli bis August, lässt die Beisslust der Welse aufgrund der extremen Temperaturen und des Sauerstoffmangels im annähernd 28°C warmen Oberflächenwasser nach. Anstelle von Massenfängen werden zu dieser Zeit aber oft sehr große Waller beim Pelletangeln gefangen.
Besonders gute Stellen hat man dann beispielsweise an der Pelletmeile direkt im Ort Mequinenza oder bis vor das Naturschutzgebiet am Zusammenfluss des Rio Cinca und Rio Segre außerhalb des Ortes Mequinenza. Im Allgemeinen kann man sagen, dass man hier am unteren Stausee in der Regel größere Waller fangen kann als das am oberen See der Fall ist. Dafür sind jedoch die Stückzahlen am oberen Stausee deutlich besser. Leider ist das klassische Köderfischangeln auf Welse in Spanien verboten worden, so dass einem außer dem Pelletangeln und dem Wallerspinnfischen kaum Möglichkeiten bleiben, gezielt auf Wels zu angeln. Man sollte sich an das Köderfischverbot halten, da einem anderenfalls außer der Konfiszierung des gesamten Angelgerätes auch erhebliche Geldstrafen drohen.
Große Abwechslung beim Welsangeln mit Pellets
Neben den unzähligen Wallern, die bereits über zweieinhalb Meter groß sind, beherbergt der Ebro auch riesige Zander, Schwarzbarsche, Flussbarsche und Karpfen.
Sollten die Waller nicht beißen oder ziehen Sie es vor, den Zandern oder Barschen mit Gummifischen, Twistern, Wobblern oder Köderfischen nachzustellen, können Sie dies an vielen Stellen ebenfalls vom Ufer aus tun. Ein Boot ist nicht unbedingt notwendig aber dennoch empfehlenswert. Damit können Sie die wundervolle Landschaft, die Weite der Stauseen und die unzähligen Buchten des Ebros vom Wasser aus beangeln und werden oft auch erfolgreicher sein als zu Fuß.