„Jetzt sieh´ Dir das an! Die schmeissen ja die Hälfte daneben…“ Zwischen ratternden Kränen plumpsen unsere Gummifische ins Wasser. Schmunzelnd erwidere ich: „Und das ist gut so. Die füttern…
…für uns an und deshalb sind die Fische hier!“ Robin und ich stehen im Hafen, mehrere Meter hoch an einer Futterverladung am Rhein. Nur unter Protest ist Robin mir hierhin gefolgt, weil er den Angelplatz einfach „unmöglich“ findet. „Wie soll man denn hier einen Fisch landen?“ und „Hier ist doch viel zu viel Lärm!“ lassen nicht die größte Zuversicht bei meinem Angelkollegen erkennen. Dabei schwöre ich auf diesen Platz! Ich erkläre ihm gerade, dass man hier doch etwas anders fischen müsse, als auf der „Strecke“, da bekomme ich einen kleinen „Anstosser“ auf meinen Köder. „Haste den gesehen?“ frage ich ihn, worauf Andys Kopfschütteln zurückkommt. „Die Bahn nehme ich noch mal – der hat noch nichts gemerkt“ mein Köder fliegt punktgenau auf die vorherige Einwurfstelle. Mein Gummifisch mit 33 Grammkopf sinkt relativ schnell in die Tiefe. Diesmal zupfe ich noch konzentrierter und langsamer, gerade hat „er“ mein angebotenes Häppchen ja verpasst! „Rums!“, „Sieste, das ist sogar ein Guter!“ Ein wirklich großer Hecht hat zu meiner Überraschung den Gummifisch gepackt. „Eigentlich ein Zanderplatz!“ Robin grinst: „Jetzt bin ich mal gespannt, wie Du den rausholst!“ Zugeben, das ist nicht so einfach, wenn man 3 oder 4 Meter über der Oberfläche steht. Allein wäre das wohl ein echtes Geduldsspiel mit oft schlechtem Ende für mich. Mit Robin ist das aber ein lösbares Problem mit besten Chancen für mich. Robin bekommt von mir die Rute mit dem ausgedrillten Fisch in die Hand und ich senke meinen „Spezialkescher“ in die Tiefe, den ich vorher mittels einer 3-Punkt-Aufhängung am Seil montiert hatte. Ruckzuck ist der Fisch im Kescher und Robin staunt über einen 1,02 Meter-Hecht der in den tiefen Netzsack plumpste. „Super! Daß der trotz Lärm und Schiffahrt hier gebissen hat…“ Mein Hafen hatte mir mal wieder den schwierigen Angeltag gerettet! Warum sind Häfen gut? Häfen sind in so ziemlich allen Gewässern, die mit Booten oder Schiffen befahren werden können. Ob es der riesige Hamburger Überseehafen, der Dortmunder Kanalhafen oder der Yachthafen am Brombachsee ist. Alle diese Häfen sind Bereiche des Gewässers, die große Unterschiede zur herkömmlichen Struktur im Wasser aufweisen und für den Fisch interessante Besonderheiten bieten. „Struktur“ heißt ja immer wieder das wichtige Schlüsselwort für die Fischsuche. Häfen sind voller Gegensätze! Gegensätze im Wasser ziehen Fische an. Dort, wo z.B. Klarwasser und Trübwasser eine sichtbare Kante bilden, ist sehr häufig auch der Fisch zu finden. Derartige „Mischwasser“ finden wir sehr häufig am Übergang vom Gewässer in den Hafen. Dort, wo die Strömung des Flusses mit dem stehenden Wasser des Hafens zusammentrifft, ist insbesondere bei gerade steigendem oder fallendem Wasser eine wunderbar sichtbare Trennlinie zwischen den beiden Gewässerabschnitten zu finden. So etwas kann man nicht nur im Fluß, sondern z.B. auch in den Bodden um Rügen oder großen Binnenseen im tiefen Bayern. Wenn das Wetter so richtig stürmisch wird und das ganze Gewässer so richtig aufwühlt, sind gute Häfen genau davon ausgenommen. Sie sind ja dazu gebaut, Deckung zu bieten und starke Wellen (und damit auch die Wasserzirkulation) zu unterbinden. Wenn die Zander es vorziehen, aus der trüben Deckung heraus zu jagen, so mag es der Hecht doch lieber, im klaren Wasser „auf Sicht“ zuzuschlagen. Häfen bieten optimale Möglichkeiten, solche gegensätzlichen Stellen zu finden! Diese „Hell-Dunkel-Unterschiede“ müssen aber nicht nur durch unterschiedliche Wassertrübung zustande kommen. Schiffe, Bauwerke und Schwimmstege sind immer auch willkommene Schattenplätze, die viele Fische besonders an sonnigen Tagen lieben. Ich habe schon echte Massenansammlungen von Barschen, Rotaugen und anderen Kleinfischen in diesen schattigen Bereichen beobachtet. Daß ein Räuber bei derartig gedeckten Tischen nicht weit ist, versteht sich von selbst. Zumal es dort sogar bei Nacht noch wunderbar möglich ist, Beute zu machen. Welcher Hafen ist nicht beleuchtet? Fast immer gibt es große Scheinwerfer oder zumindest Straßenlaternen, die bis ins Wasser scheinen. Kleinfische werden davon in der Dunkelheit magisch angezogen. Mit etwas Glück können wir dann sogar die Räuber sehen, die an diesem gedeckten Tisch speisen. Nirgendwo sonst in einem Gewässer gibt es mehr Licht und Schatten! Aber auch die Unterwasserlandschaft in Häfen ist für Fische hochinteressant. Dort, wo sich viele Schiffe bewegen bzw. an- und ablegen, sind häufig tiefe Löcher durch die Schiffsschrauben ausgewaschen. Wahre Zanderburgen sind das, denn gleichzeitig ist der Bodengrund dort in der Regel recht fest, denn schwerere Steine und stabiler Untergrund trotzen diesen Strömungen. Im sauerländischen Möhnesee wühlen überhaupt keine Motoren. Trotzdem sind auch dort durch Menschenhand hoch-interessante Strukturen geschaffen worden. Die Häfen dort bestehen aus einfachen Stegen, die auf dem Wasser schwimmen. Häufig gehen nebenher oder darunter her unter Wasser befestigte Wege. Das ist in Stauseen mit schwankendem Wasserstand für Slipstellen, Erreichbarkeit der Steganlagen usw. notwendig. Hier sind es die grossen schattigen Bereiche, die Stahltrossen und festen Untergründe, aber auch die Vielzahl von „verlorenen Gegenständen“, die diese Gewässerbereiche immer wieder lohnenswert machen. Bei uns im Möhnesee gibt es einen Yachtsteg im Vorbecken, an dem in der kälteren Jahreszeit wohl 80 % aller Fische gefangen werden. Wer zum ersten mal mit dem Echolot dorthin kommt, hält dies für defekt, weil sich die Fische dort regelrecht drängeln. Warum das so ist, kann ich nicht sagen, habe das Phänomen aber auch schon an der Ostsee in verschiedenen Häfen Deutschlands und auch in Schweden in den Schären festgestellt. In der Ostsee mag das mit einer leicht erhöhten Wassertemperatur durch Einleiter und besseren Windschutz zu begründen sein – am Möhnesee ist das aber definitiv nicht der Fall. Für uns Angler ist auch lediglich das Phänomen selbst wichtig, denn die Räuber sind dem Futter nie fern. Wann sind die Häfen gut? Häfen sind eigentlich ganzjährig als ausgezeichnete Fangplätze anzusehen. Geschützte, vom Hauptwasser relativ abgeschirmte Hafenbecken sind jedoch besonders in den Übergangszeiten Frühjahr und Herbst recht gut in den Übergangszonen vom Hauptgewässer in den Hafen hinein. Extrem häufig wird im Hafen selbst extrem gut im Winter gefangen, weil dann ruhige und erwärmte Wasserzonen besonders gern von allen Fischarten aufgesucht werden. Aber auch im Sommer lohnt immer ein Versuch, weil die Vielzahl unterschiedlicher Strukturen und besonders die Schattenplätze beliebte Unterstände für faule und kapitale Räuber bieten. Dort, wo es sogar Einläufe oder Schleusen mit stark bewegtem Wasser gibt, wird Sauerstoff ins Wasser eingebracht und zieht die Fische entsprechend an. In Häfen, wo es am Tage nicht gut läuft, sollten Sie unbedingt auch einen Versuch in der Dämmerung und bei Nacht mit Wobblern im Oberflächenwasser starten. Im Scheinwerferlicht jagen die Räuber dann häufig umso wilder. Sie können getrost davon ausgehen, dass in jedem Hafen ein recht guter Räuberbestand vorhanden ist! Welche Köder sind die Top-Favoriten? Je nachdem, wo wir gerade unser Glück versuchen, kann die Köderpalette vielfältig sein. So vielfältig die Häfen und deren Strukturen sind, so vielfältig sind auch die Ködermöglichkeiten. Beginnen Sie ruhig, wie Sie es von anderen Stellen gewöhnt sind. Trotzdem möchte ich einige wiederkehrende Top-Köder an dieser Stelle nennen: 1. Gummifische mit SCHWEREN Bleiköpfen. (Grundkontakt + hoch stehende Angler) Häufig liegen die Angelplätze in Häfen sehr hoch. Spundbohlen und recht tiefes Wasser sind die Regel. Dort macht es Sinn, ähnlich der Vertikalfischerei mit recht schweren Jig-Köpfen zu fischen. Kurze, „knackige“ Zupfer mit Absinkphasen an wirklich straffer Schnur halte ich für besonders fängig. Je stärker die Tiefenunterschiede, je tiefer das Wasser und je stärker Wind und Strömung auf die Angelschnur drücken, desto schwere sollten die Jig-Köpfe sein. Ich habe es sehr oft erlebt, dass die Räuber NUR auf superschwere Köpfe gebissen haben. 2. Vertikal-Zocker – auch „Quertreiber“ genannt. (senkrecht an der Spundwand und unter Stegen fischen!) Eine ganz wichtige „Struktur“ haben wir immer vertikal unter uns. Sowohl von der Spundbohle, als auch vom Steg im See bietet der Anlegeplatz eine gute Deckung für viele Fische, die durch vertikales Zocken recht leicht überlistet werden können. Einfach den Köder ablassen, bis er am Grund aufkommt und alle 2-3 Vertikalzupfer einen Schritt zur Seite gehen. So sucht man dann systematisch große Bereiche ab, die garantiert irgendwo Fische beherbergen. Häufig stehen Barsche auch im Freiwasser oder direkt unter Stegen im Schatten. Denken Sie bitte daran und „zocken“ Sie ruhig auch einmal flacher… 3. Wobbler für die Freiwasserangelei an Schiffen und bei Dunkelheit Wobbler sind die Wunderwaffe, die sich am Tage in unzugänglichen Ecken aufhalten und eher passiv sind. Sie können häufig direkt unter lange liegenden Schiffen, Stegen usw. angetroffen werden. Fischen Sie systematisch parallel zu diesen Schattenplätzen so dicht wie möglich entlang. Schon sehr oft wollte sich ein dösender Räuber solche leichte Beute nicht entgehen lassen. Falls sie auch dann nicht wollen, werden sie häufig nachts sehr aktiv. Natürlich sind nicht alle Hafenplätze „gleichberechtigt“ und es gilt, die Räuber aktiv zu suchen. Sehen Sie irgendwo Kleinfische im Oberflächenwasser, so ist das schon eine ausgezeichnete Voraussetzung für Fangerfolg. Irgendwo dort sind bestimmt auch Räuber. Je nach „Helligkeit“ durch Leuchten usw. müssen Sie aber auch die richtige Fangtiefe herausfinden, denn häufig jagen die Räuber dann auch im Freiwasser und bis zur Oberfläche. Schlanke Wobbler mit guten Wurfeigenschaften fische ich dann besonders gern! Bericht von Uli Beyer