Das Piepsen des elektronischen Bissanzeigers lässt mich aufschrecken, dabei habe ich die Rute erst vor zehn Minuten ausgeworfen. Der Swinger hängt direkt unter der Rute, und über den Freilauf wird Schnur von der Rolle gezogen. Sofort springe ich von der Liege und nehme die Rute auf. Noch zwei, drei Sekunden warten, dann kommt der Anhieb. Der Fisch hängt.
Unter der starken Gegenwehr am anderen Schnurende biegt sich die kräftige Karpfenrute. Immer wieder spüre ich, wie der Fisch versucht, zum Gewässergrund zu flüchten. Nach zehn Minuten Drill sehe ich meinen Gegner das erste Mal im klaren Uferwasser. Ein riesiger Aal, bestimmt einen Meter lang! Wenig später kann ich den Kapitalen mit Hilfe eines Angelkollegen landen. Aalangeln mit Fischfetzen ist nicht nur erfolgversprechend, sondern bietet auch jede Menge Adrenalin.
Aalangeln mit Fischfetzen bringt mehrere Fische
Schnell ist der Aal vom Haken befreit. Der Fetzen ist noch voll einsatzbereit und wird ein zweites Mal ausgeworfen. Und so fange ich in den nächsten zwei Stunden noch zwei Aale und einen Zander auf denselben Fetzenköder. Bei einem weiteren Angeltrip an das Gewässer geht mir sogar ein Hecht auf den Fischfetzen.
Welchen Vorteil hat das Aalangeln mit Fischfetzen gegenüber dem Köderfisch?
Erstens passt ein Fetzen besser ins Maul des Aals als ein Köderfisch, und man kann bei einem Biss den Anhieb deutlich früher setzen. Zweitens setzt ein Fischfetzen wesentlich mehr Aroma im Wasser frei als ein ganzer Fisch und sorgt so für eine intensive Geruchsspur. Das reizt die sensible Aalnase und lockt die Schlängler sehr gut an.
Am liebsten verwende ich Fischfetzen aus einem Rotauge. Dazu fange ich mit der Stipprute 15 bis 20 Zentimeter lange Rotaugen. Der Fisch wird zuerst filetiert, danach schneidet man die Filets in schmale Streifen. Angeködert werden die Fetzen auf einem Brandungshaken der Größe 1 oder 2.
Fischfetzen anködern: Haken im spitzen Ende
Im Gegensatz zu vielen anderen Anglern ködere ich den Fetzen immer im spitz zulaufenden Ende an. Ich ziehe den Haken von der beschuppten Fetzenseite durch das Fleisch, drehe ihn in Richtung breiteres Ende und führe ihn dann zurück. Dabei muss man darauf achten, dass beim Zurückführen keine Schuppe auf der Hakenspitze hängen bleibt. Dann kann der Haken nicht richtig im Aalmaul greifen. Weil die Fischfetzen relativ schnell auslaugen, sollte man den Fetzenköder alle zwei Stunden erneuern.
Aale halten sich dort auf, wo viele Hindernisse wie etwa versunkene Bäume oder Krautfelder am Grund zu finden sind. Um dort einen Fisch landen zu können, braucht man ein abriebfestes Vorfach aus Kevlar. Sehr gut geeignet sind auch robuste Karpfenvorfächer, etwa das Snaggy Water von Cormoran. Diese Materialien haben mich bisher nicht enttäuscht, vor allem in Gewässern, in denen als Beifang auch Hechte, Zander oder sogar Welse möglich sind. Wo ich nur mit Aalen rechnen muss, hat sich starkes Fluorocarbon in der Stärke 0,40 oder 0,45 Millimeter als Vorfachmaterial bewährt.
Meine Vorfächer haben eine Länge von 1 bis 1,5 Meter. Warum so lang? Ganz einfach, an einem langen Vorfach können die Aale den Fischfetzen aufnehmen, ohne Widerstand zu spüren. Beim Angeln im Fluss spielt der Fetzen am langen Vorfach noch verführerischer in der Strömung. Außerdem schneide ich nachts bei jedem gelandeten Aal den Haken ab, um nicht im Halbdunkeln mit der Löseschere hantieren zu mussen. Dann binde ich einfach einen neuen Haken ans Vorfachende. Bei einem langen Vorfach kann man mehrere Haken anknüpfen, bis das gesamte Vorfach ausgetauscht werden muss.
Arnes 10 Tipps zum Aalangeln mit Fischfetzen
- Aale im Fluss sollte man direkt in der harten Strömung mit der schweren Grundmontage beangeln. Diese Taktik wenden nämlich die wenigsten Angler an. Und was niemand macht, bringt oftmals die meisten Bisse.
- Angelt dort, wo Hänger drohen! Steinpackungen und versunkene Bäume bieten den Schlänglern perfekte Unterstände und Nahrung. Wer beim Aalangeln nicht häufiger einen Hänger bekommt, angelt falsch.
- Verwendet zum Aalangeln keine allzu ausgeklügelten Montagen. Nehmt eine einfache und starke Montage, denn die Fische sind weder vorfach- noch hakenscheu.
- Die besten Zeiten zum Aalangeln ist die Zeit von der Abenddämmerung bis etwa 1 Uhr nachts. Danach beißt es in vielen Gewässern oft noch einmal während der letzten Stunde vor Sonnenaufgang.
- Wer flexibel bleibt, fängt. Denn manchmal muss man die Fische suchen. Deshalb sollte das Gerät auf ein Minimum reduziert werden. So kann man notfalls häufiger den Platz wechseln.
- Wer das Aalangeln von langer Hand plant, ist klar im Vorteil: Solange der Tauwurmvorrat aufgestockt ist, Köderfische und Wollhandkrabben Gefrierschrank liegen, hat man die Köder jederzeit griffbereit. Sobald das Wetter stimmt, kann man ans Wasser und braucht nicht erst einzukaufen oder auf die Ködersuche zu gehen.
- Generell ziehe ich beim Angeln in tidenabhängigen Gewässern wie der Elbe, Weser oder Ems auflaufendes Wasser vor. Allerdings darf man daraus kein Gesetz machen. Manchmal ist es stellenabhängig ist, ob man bei auf- oder ablaufendem Wasser besser fängt.
- Immer wieder hört man, dass die Aale bei Gewitter gut beißen. Ich habe meine besten Fänge auch ohne Mithilfe eines Gewitter gemacht. Direkt während eines Gewitters sollten Sie sich keiner Gefahr am Wasser aussetzen und lieber – wie ich – zu Hause bleiben.
- Wenn möglich sollte man sich vor dem Aalangeln mit anderen Anglern austauschen, wie und wo gefangen wird. Auch der lokale Fachhändler ist eine gute Adresse. Vor allem, wenn man dort auch seine Tauwürmer kauft, sind die Händler recht auskunftfreudig.
- Wenn im Sommer nach einer gleichbleibenden, heißen Wetterphase ein Sturmtief naht, muss man ans Wasser. Durch den Wind wird das Wasser mit Sauerstoff angereichert und der Regen spült Nahrung ins Gewässer. Da sind die Aale und auch andere Fische auf Futtersuche.
Direkter Kontakt durch geflochtene Schnur
Für einen direkten Kontakt zum Fisch verwende ich geflochtene Hauptschnüre mit einem Durchmesser von 0,15 bis 0,30 Millimeter. Die Rolle sollte eine hohe Übersetzung haben. Damit kann man schnell Schnur einkurbeln und die Fische vom hängerträchtigen Grund lösen. Am liebsten angle ich mit einer einfachen Grundblei-Montage: Ein 80 Gramm schweres Tiroler-Hölzl wird in den Wirbel eines Anti-Tangle-Booms eingehängt und auf die Schnur gefädelt. Dann folgt eine Perle und ein Wirbel, in den das Vorfach eingehängt wird. Einfacher und fängiger gehts nicht.